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  • · Fachbeitrag · Steuern im Blickpunkt - Umsatzsteuer

    Neues „Merkblatt“ der Finanzverwaltung zum Umsatzsteuer-Missbrauch

    | Die Finanzverwaltung - insbesondere die Sonder- und Betriebsprüfung - setzt neuerdings ein „Merkblatt“ ein, das einem Unternehmer dann ausgehändigt wird, wenn der Verdacht besteht, dass er in irgendein Umsatzsteuerbetrugsgeschäft einbezogen sein könnte (siehe TOP-TIPP der Ausgabe). |

     

    1. Das Merkblatt im Volltext

    Das Papier ist (noch) nicht frei verfügbar und lautet wie folgt:

     

    Merkblatt zur Umsatzsteuer /  Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots

    1. Ausgangslage 

    In der Bundesrepublik Deutschland finden immer wieder Umsatzsteuerhinterziehungen in erheblichem Umfang statt, bei denen mehrere Unternehmen auch in grenzüberschreitende Lieferketten eingebunden werden. Die Finanzbehörden haben darauf hinzuwirken, dass Umsatzsteuern nicht verkürzt und Steuererstattungen nicht zu Unrecht gewährt werden. Hierbei werden die Finanzbehörden auch präventiv im Interesse der Sicherstellung des Umsatzsteueraufkommens, zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und zum Schutz steuerehrlicher Unternehmer tätig.

     

    2. Gemeinschaftsrechtliches Missbrauchsverbot

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofes ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser Umsatz in eine vom Lieferer bzw. Leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Steuerhinterziehung einbezogen war. Hat das Finanzamt diese objektiven Umstände rechtlich hinreichend nachgewiesen bzw. substanziiert vorgetragen, obliegt es im Rahmen der Feststellungslast dem Unternehmer, dies zu widerlegen. Hierzu muss er die Feststellungen des Finanzamts durch substanziierte Argumente und Beweise entkräften.

    Dies gilt in gleicher Weise für die Beanspruchung der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen und die Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Steuer gemäß § 25d UStG. …“

     

    3. Betroffene Geschäfte

    Das Finanzamt macht den Unternehmer hiermit darauf aufmerksam, dass er bei der Anbahnung und Abwicklung von Geschäften auf ungewöhnliche Geschäftsverhältnisse achten muss. Dem Unternehmer wird deshalb zur Kenntnis gebracht, dass folgende Umstände darauf deuten können, dass ein Unternehmen in einen Umsatzsteuerbetrug eingebunden sein kann.

     

    a) allgemein

    Der Unternehmer wird durch einen Dritten aufgefordert/gebeten, sich an Umsätzen zu beteiligen, bei denen der Dritte z.B.

     

    • Lieferanten und/oder Abnehmer vermittelt,
    • Einkaufs- und/oder Verkaufspreise vorgibt,
    • Zahlungsmodalitäten vorgibt oder
    • Lieferwege vorgibt.

     

    b) bei einem Kauf

    • Der Lieferant bietet Ware an, deren Preis unter dem Marktpreis liegt.
    • Der Lieferant ist ein neu gegründetes Unternehmen oder hat gerade seine Geschäftstätigkeit begonnen.
    • Der Lieferant ist in der Branche unbekannt.
    • Der Gesellschaftszweck des Lieferanten laut Handelsregister entspricht nicht dem tatsächlich ausgeübten oder ist sehr allgemein gehalten.
    • Der Lieferant bietet eine Warenmenge an, die für die Größe des Unternehmens und/oder seine fehlenden Erfahrungen in der Branche unüblich sind (z.B. ungewöhnlich hohe Stückzahlen trotz Neugründung).
    • Es bestehen Zweifel an der umsatzsteuerlichen Registrierung des Lieferanten.
    • Die Geschäftsadresse des Lieferanten ist ungewöhnlich, z.B. eine Büroservice- oder c/o-Adresse.
    • Der Lieferant verfügt über keine oder keine angemessenen Lagerräume oder lässt die Ware nur über eine Spedition lagern.
    • Die verantwortlichen Personen des Lieferanten haben keinen Wohnsitz in der Nähe des Unternehmens oder in Deutschland und/oder sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
    • Die schriftlichen Anfragen des Lieferanten wirken laienhaft, z.B. bezüglich Briefpapier, Schrift, Logo.
    • Der Lieferant hat keinen Internetauftritt.
    • Der Lieferant ist ausschließlich über eine Mobilfunknummer und/oder ausländische Telefonnummern erreichbar.
    • Die E-Mail-Adresse ist in einem anderen Staat vergeben.
    • Der Lieferant bietet Waren an, die der Unternehmer schon einmal eingekauft hat (z.B. identische Fahrzeug-Identifikationsnummer, IMEI-Nummer u.Ä. Seriennummern).
    • Es gibt keine oder unübliche Reklamationsbedingungen.
    • Die Lieferbedingungen sind für die Branche ungewöhnlich.
    • Die Waren werden von einem nicht an dem Umsatz beteiligten Unternehmen geliefert.
    • Zubehör oder Ausstattung der Ware sind für den Bestimmungsort ungewöhnlich (z.B. ausländische Bedienungsanleitungen, Software, Netzstecker).
    • Die vom Lieferanten vorgegebene Zahlungsart ist Barzahlung oder eine ungewöhnliche Zahlungsart.
    • Der vom Lieferanten vorgegebene Zahlungsweg ist ungewöhnlich, z.B. Zahlung nicht an den Lieferanten, sondern an einen Dritten.
    • Das vom Lieferanten angegebene Bankkonto befindet sich nicht in dem Land, in dem das Unternehmen betrieben wird.

     

    c) bei einem Verkauf

    • Der Abnehmer ist ein neu gegründetes Unternehmen oder hat gerade seine Geschäftstätigkeit begonnen.
    • Der Abnehmer ist in der Branche unbekannt.
    • Der Gesellschaftszweck des Abnehmers laut Handelsregister entspricht nicht dem tatsächlich ausgeübten oder ist sehr allgemein gehalten.
    • Es bestehen Zweifel an der umsatzsteuerlichen Registrierung des Abnehmers.
    • Die Geschäftsadresse des Abnehmers ist ungewöhnlich, z.B. eine Büroservice oder c/o-Adresse.
    • Der Abnehmer bestimmt, dass die Waren in ein anderes Land geliefert werden sollen, als das, in dem der Abnehmer sein Unternehmen betreibt oder steuerlich registriert ist.
    • Die schriftlichen Anfragen des Abnehmers wirken laienhaft, z.B. bezüglich Briefpapier, Schrift, Logo.
    • Der Abnehmer hat keinen lntenetauftritt.
    • Der Abnehmer ist ausschließlich über eine Mobilfunknummer erreichbar.
    • Die E-Mail-Adresse ist nicht in dem Staat vergeben, in dem der Abnehmer sein Unternehmen betreibt.
    • Der Abnehmer besteht auf ungewöhnliche Lieferbedingungen.
    • Der Abnehmer besteht auf Barzahlung oder einer ungewöhnlichen Zahlungsart.
    • Die Zahlung erfolgt nicht durch den Abnehmer selbst, sondern einen Dritten, der nicht am Umsatz beteiligt ist.
    • Die Zahlung erfolgt aus einem anderen Land, als dem, in dem der Abnehmer sein Unternehmen betreibt.
    • Das vom Abnehmer genutzte Bankkonto befindet sich nicht in dem Land, in dem das Unternehmen betrieben wird.

     

    HINWEIS | Liegen objektive Umstände vor, die darauf schließen lassen, dass der Unternehmer in einen Umsatzsteuerbetrug eingebunden war und hat der Unternehmer insbesondere oben genannte Anhaltspunkte dafür ignoriert oder übersehen, kann im Einzelfall

     

    • eine Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Steuer (§ 25d UStG)

     

    als mögliche Rechtsfolge infrage kommen. Der Unternehmer sollte deshalb in der Lage sein, im Einzelfall gegenüber dem Finanzamt dokumentieren zu können, dass aufgetretene Anhaltspunkte untersucht wurden.

     

    Der Unternehmer sollte auch alle ihm zur Verfügung stehenden Angaben über die beteiligten Unternehmer und Kontaktpersonen (Name, Adresse, Telefonnummer, Faxnummer, E-Mail-Adresse) aufbewahren. Treten Bevollmächtige (z.B. Angestellte, Vermittler) auf, sollten Handlungsvollmachten für diese Personen vorgelegt werden.

     

    Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Beachtung der Hinweise dieses Merkblatts nicht automatisch zur Gewährung des Vorsteuerabzugs oder der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen führt.

     

    Die o.g. Anhaltspunkte, die auf Umsatzsteuerbetrug hinweisen können, sind nicht abschließend. Der Unternehmer muss auch bei weiteren Auffälligkeiten seiner kaufmännischen Sorgfaltspflicht nachkommen. 

     

    Das Merkblatt wurde erläutert durch ………….....………...................……

     

    Das Merkblatt wurde ausgehändigt an …………................………………..

     

    Datum: …………………….. Empfang wird bestätigt: …………….....………..