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  • · Fachbeitrag · Gesetzgebung

    Bundeskabinett beschließt Entlastungen für Steuerzahler und Familien

    von OAR a. D. Alfred Kruhl, Sankt Augustin

    | Die Bundesregierung hat am 12.10.2016 eine Formulierungshilfe für den Bundestag beschlossen. Danach erhöhen sich in den Jahren 2017 und 2018 der steuerliche Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag, das Kindergeld und der Kinderzuschlag. Zusätzlich soll die sogenannte „kalte Progression“ ausgeglichen werden. Die Entlastungen für den Steuerzahler werden - wenn der Bundestag den Vorschlägen zustimmt - in der Summe 6,3 Mrd. EUR betragen. |

     

    Die Entlastungsvorschläge im Einzelnen

    Vom Bundeskabinett wurden folgende Entlastungen beschlossen:

     

    • Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer soll für Alleinstehende 2017 um 168 EUR auf 8.820 EUR und 2018 um weitere 180 EUR auf 9.000 EUR erhöht werden. Für Ehepaare gilt der doppelte Wert.

     

    • Der Kinderfreibetrag steigt 2017 um 108 EUR auf 4.716 EUR und 2018 um weitere 72 EUR auf dann 4.788 EUR. Dieser Betrag bleibt für Eltern steuerfrei.

     

    • Gleichzeitig soll das Kindergeld 2017 und 2018 jeweils um 2 EUR monatlich angehoben werden.

     

    • Der Kinderzuschlag beträgt ab 2017 nach einer Erhöhung um 10 EUR dann 170 EUR pro Kind.

     

    • Der Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a EStG wird entsprechend dem Grundfreibetrag auf 8.820 EUR für 2017 und auf 9.000 EUR für 2018 angehoben.

     

    • Im Vorgriff auf den im Herbst dieses Jahres erwarteten 2. Steuerprogressionsbericht soll die „kalte Progression“ ausgeglichen werden. Dazu werden die Tarifeckwerte in 2017 um die geschätzte Inflationsrate des Jahres 2016 mit 0,73 % und in 2018 mit 1,65 % verschoben. Nach Vorlage des 2. Steuerprogressionsberichts wird ggf. noch eine Anpassung vorgenommen.

     

    Die Erhöhung des Grund- und Kinderfreibetrags entspricht den sich abzeichnenden Ergebnissen des 11. Existenzminimumberichts der Bundesregierung. Dieser wird noch im Herbst dieses Jahres vorgelegt. Die Erhöhungen sind somit verfassungsrechtlich geboten.

     

    Auswirkungen für die Steuerzahler

    Das Deutsche Steuerzahlerinstitut hat die Entlastungswirkungen der vorgesehen Maßnahmen berechnet. Generell kommt es zu der Erkenntnis, dass die Ersparnis erwartungsgemäß mit der Höhe des Einkommens steigt. Bezogen auf die untersuchten Einkommensgruppen sehen die Ergebnisse folgendermaßen aus:

     

    • Ein Lediger (ohne Kinder) mit einem Jahreseinkommen von 40.000 EUR wird 2017 um 55 EUR und 2018 um zusätzlich 81 EUR entlastet. Bei einem Jahreseinkommen von 100.000 EUR ergibt sich bei diesem Personenkreis eine Entlastung von 85 EUR in 2017 und 154 EUR in 2018.

     

    • Ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 40.000 EUR erhält im Jahr 2017 126 EUR und im Jahr 2018 144 EUR mehr. Verdient dieser Arbeitnehmer 100.000 EUR jährlich, hat er im nächsten Jahr ein Plus von 200 EUR und im Jahr 2018 ein Plus von 241 EUR.

     

    Hinter den genannten Zahlen verbirgt sich eine gegenläufige Entwicklung: Je höher das Einkommen ist, umso geringer fällt die relative Entlastung aus. Bezogen auf die gesamte Steuerlast - bestehend aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag - sinkt die Bedeutung der geplanten Entlastungen: Danach kommt ein Lediger mit einem Jahresbrutto von 30.000 EUR im Jahr 2018 auf eine relative Gesamtersparnis von 2,7 %, bei 40.000 EUR Jahresbrutto ergeben sich 2 %, bei 50.000 EUR Jahresbrutto 1,7 % und bei einem Jahresbrutto von 100.000 EUR nur noch 0,8 %.

     

    Bei Ehepaaren mit zwei Kindern ist diese Entwicklung nach Berechnungen des Deutschen Steuerzahlerinstituts noch krasser. In diesen Fällen sinkt die auf die frühere Steuerlast bezogene Entlastung für die vorgenannten Einkommensgrößen von 19,9 % bei einem Jahresbrutto von 30.000 EUR auf 2,6 % bei einem Jahresbrutto von 100.000 EUR. Die Ursache ergibt sich aus der Tatsache, dass bei geringeren Einkommen der Grundfreibetrag stärker wirkt. Die in 2017 und 2018 geplanten Erhöhungen des Grundfreibetrags fallen bei niedrigen Einkommen stärker ins Gewicht als die geplanten Tarifkorrekturen zum Ausgleich der kalten Progression.

     

    FAZIT | Sollten die von der Bundesregierung geplanten Entlastungen im parlamentarischen Verfahren unverändert bleiben, wäre in etwa die Hälfte des Volumens der Rechtsprechung des BVerfG geschuldet. Das Existenzminimum darf nicht besteuert werden; dazu zählt mindestens das, was der Staat bei einem mittellosen Bürger im Rahmen seiner sozialstaatlichen Fürsorge an staatlichen Leistungen einsetzt. Nach dem neuen Existenzminimumbericht muss nicht nur der Freibetrag für Erwachsene entsprechend aufgestockt werden, sondern auch der für Kinder. Die gleichzeitig geplante Anpassung des Kindergelds, von der Familien mit nicht so hohem Einkommen profitieren, ist zwar nicht rechtlich zwingend, aber politisch durchaus geboten. Die Anhebung des Kinderzuschlags stellt ein sozialpolitisches Zeichen dar. Damit soll verhindert werden, dass Familien wegen der Ausgaben für ihre Kinder sich ans Jobcenter wenden, um Hartz IV zu beantragen.

     

    Die Bundesregierung hat aus Zeitersparnisgründen die Form der Formulierungshilfe für den Bundestag gewählt, damit die Änderungen noch rechtzeitig umgesetzt und beim Lohnsteuerabzug für Januar 2017 berücksichtigt werden können. Deshalb werden die Koalitionsfraktionen den Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Ein erster Durchlauf im Bundesrat entfällt damit.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2016 | Seite 927 | ID 44328245

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