· Nachricht · § 8 GewStG
Entgelte eines Reiseveranstalters an Plattformbetreiber
| Gem. § 8 Nr. 1 Buchst f GewStG sind ein Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten dem Gewerbeertrag ‒ nach Abzug von 100.000 EUR (Freibetrag) zu einem Viertel hinzuzurechnen. Dies betrifft insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Fraglich ist, ob eine Hinzurechnung vorzunehmen ist, wenn die Entgelte für „gemischte“ Leistungen gezahlt werden. Dies sind Leistungen, die mehrere Leistungskomponenten enthalten. Im vorliegenden Sachverhalt war streitig, ob 2 eigenständige Leistungen vorlagen oder ob die Rechteüberlassung als bloße Nebenleistung zur Dienstleistung anzusehen war. |
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die Reisen vermittelt und damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen übernimmt. Haupttätigkeit der Klägerin ist die Vermittlung von Reisen eines Reiseveranstalters unter der Marke R.
Der Vertrieb wurde über die Website der Klägerin, via Telefon oder E-Mail („Direktbuchung“) sowie über Computerreservierungssysteme (CRS) verschiedener Systemanbieter vorgenommen. Dabei handelt es sich um eine elektronische Handelsplattform mit beschränktem Nutzerkreis. Der Betreiber des CRS, die B-GmbH (B), schließt Verträge mit Anbietern (Reiseveranstalter und -vermittler, Hotelbetreiber usw.) sowie mit Nutzern, vornehmlich mit Reisebüros. Bei erfolgreicher Buchung sendet die Klägerin eine von B vorbereitete Buchungsbestätigung nebst Rechnung an das Reisebüro. Sie vereinnahmt das Reiseentgelt des Reisenden und leitet dieses an den Reiseveranstalter weiter. Die Klägerin erhält vom Reiseveranstalter für die Vermittlungsleistung eine Provision und zahlt ihrerseits Provisionen an die vermittelnden Reisebüros. Je Buchung musste die Klägerin an B ein bestimmtes Entgelt entrichten.
Die Klägerin stellt als Anbieterin konkrete Reiseprodukte des Reiseveranstalters in das System ein. Die Reisebüros können hierauf zugreifen und Buchungen vornehmen. Bei erfolgreicher Buchung sendet die Klägerin eine von B vorbereitete Buchungsbestätigung nebst Rechnung an das Reisebüro. Sie vereinnahmt das Reiseentgelt des Reisenden und leitet dieses an den Reiseveranstalter weiter. Die Klägerin erhält vom Reiseveranstalter für die Vermittlungsleistung eine Provision und zahlt ihrerseits Provisionen an die vermittelnden Reisebüros.
Da die Klägerin im Einzelfall Möglichkeiten zur Abfrage oder zur Buchung von Reiseleistungen benötigt, hat B ihr eine Lizenz einer mobilen Software und 13 Lizenzen einer arbeitsplatzbezogenen Software überlassen. Die Klägerin greift insoweit nicht als Anbieter, sondern als „Nutzer“, also wie ein Reisebüro, auf das System zu. Die jeweiligen Kunden können über das B-System die erforderlichen Dokumente erstellen. B schuldet der Klägerin vertraglich lediglich die Übertragung der jeweiligen Daten sowie die Nutzungsmöglichkeit der zur Verfügung gestellten Software, damit es der Klägerin möglich war, ihre Leistungen über das CRS-System anzubieten.
Das FA beurteilte den Aufwand an B und andere CRS-Anbieter als solchen für eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten und nahm eine Hinzurechnung i. S. v. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vor. Das FG Köln gab der Klage statt und entschied, bei den Zahlungen handele sich um Entgelte für technische Vermittlungsleistungen, da sie nur bei einer konkreten Buchung anfielen und nur an den CRS-Betreiber entrichtet würden, über den die Buchung erfolgt sei.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das erstinstanzliche Urteil und entschied, die an die CRS-Portalbetreiber geleisteten transaktionsabhängigen Entgelte seien keine Aufwendungen für eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG.
Zwar entfällt eine Bindungswirkung der Würdigung der ersten Instanz nur dann, wenn die Vorinstanz gesetzliche Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschreitet. Der BFH kam hier allerdings zu dem Schluss, dass die Würdigung des FG (sogar) „naheliegend“ gewesen sei.
Werde eine Zahlung nur für einen bestimmten Vermittlungserfolg geschuldet, liege es nahe, dies ähnlich wie die Provision eines Handelsvertreters (§ 84 Abs. 1 HGB) oder eines Handelsmaklers (§ 93 Abs. 1 HGB) als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen. Zwar leisteten die CRS-Betreiber nicht nur Vermittlungen, sondern eine „technische Vernetzung von zwei Unternehmen“; sie schuldeten die Datenübertragung und die Nutzungsmöglichkeit der zur Verfügung gestellten Software. Dies stehe der Würdigung des FG nicht entgegen. Denn das mit den Portalbetreibern vereinbarte Vergütungsmodell zeige, dass die Datenübertragung ein bloßes Mittel zur Erreichung des Zwecks der Vermittlung von Reiseleistungen darstelle. Eine etwaige Überlassung von Rechten zur Ermöglichung der Vernetzung bzw. Datenverarbeitung könne daher ohne Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze als Nebenleistung der Vermittlung angesehen werden. Auf diese Nebenleistung entfalle kein Anteil des Entgelts.
Der BFH wies zudem darauf hin, dass dies auch dann gelte, wenn der Vertragswortlaut die Begriffe „Rechteübertragung an den Anbieter“ oder „Softwarenutzung“ enthalte.
Erläuterungen
Dienstleistungen sind von Rechten i. S. von § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG zu unterscheiden. Denn durch sie wird keine Nutzungs- und Abwehrbefugnis an einem unkörperlichen Gut mit selbstständigem Vermögenswert überlassen. Werden im Rahmen vertraglicher Beziehungen sowohl Dienstleistungen erbracht als auch Rechte übertragen, ist eine Hinzurechnung der Entgelte nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG nur hinsichtlich der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten vorzunehmen. Ggf. sind die Entgelte aufzuteilen. In derartigen Fällen ist insbesondere anhand des Vertrages und seines wirtschaftlichen Gehaltes zunächst festzustellen, ob die Dienstleistung eine nicht ins Gewicht fallende Nebenleistung der Rechteüberlassung oder umgekehrt die Rechteüberlassung eine bloße Nebenleistung der Dienstleistung ist (gleichlautender Ländererlass in BStBl I 2012, 654, Tz. 7). Entgelte für Dienstleistungen führen nicht zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Besteht kein Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung, ist festzustellen, welcher Teil des Entgelts auf die Dienstleistung und welcher auf die Rechteüberlassung entfällt. Der auf die „zeitlich befristete Überlassung von Rechten“ entfallende Teil der Aufwendungen ist hinzuzurechnen. Die Aufteilung ist, soweit kein anderer geeigneter Aufteilungsmaßstab zur Verfügung steht, im Schätzungswege vorzunehmen.
Der Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Leistung beruhte daher auf einem Dienst- bzw. Werkvertrag, wonach bestimmte Dienstleistungen zu einer erfolgsabhängigen Vergütung führen sollten. Allein ein CRS, das technisch perfekt funktioniert, aber z. B. nicht die passenden Reiseveranstalter und Reisebüros zusammenführt, wird keine Einnahmen generieren und wirtschaftlich erfolglos bleiben. Damit reicht es nicht aus, wenn insoweit eine Rechteüberlassung vorliegt, wenn insoweit keine eigenständige Leistung geschuldet wird. Zudem erfolgte im Urteilsfall eine erfolgsabhängige Vergütung. Dies könnte der ausschlaggebende Faktor gewesen sein. Eine etwaige Überlassung von Rechten zur Ermöglichung der „Vernetzung“ war vorliegend daher als Nebenleistung der Vermittlung (Dienstleistung) anzusehen, auf die kein Anteil des Entgelts entfällt. Der Schwerpunkt der Leistung lag mithin in der erfolgsabhängigen Leistung des CRS-Betreibers. Die steuerliche Beurteilung könnte vor diesem Hintergrund daher ‒ abhängig von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ‒ anders ausfallen, wenn Zahlungen erfolgsunabhängig allein für die (bloße) Bereitstellung der Plattform Zahlungen geschuldet werden.
FAZIT | Wird eine Zahlung an einen Plattformbetreiber nur für einen Vermittlungserfolg geschuldet, so kann diese wie die Provision eines Handelsvertreters oder eines Handelsmaklers als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen sein und fällt in diesem Falle nicht unter § 8 Nr. 1 GewStG. Dies gilt auch wenn der Vertrag die Begriffe „Rechteübertragung“ und „Softwarenutzung“ enthält. |
Fundstelle
- BFH 26.4.18, III R 25/16, astw.iww.de, Abruf-Nr. 204243