· Fachbeitrag · Gewerbesteuer
Erweiterte Kürzung bei Sondervergütungen an nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschafter
Anstelle der „normalen“ Kürzung für Grundbesitz tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ‒ wie die Klägerin ‒ ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen i. S. d. Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). |
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die A-GmbH. Als Kommanditisten waren B und die C-GmbH beteiligt. Gesellschaftszweck der Klägerin war die Verwaltung von eigenen Grundstücken, Gebäuden und grundstücksgleichen Rechten.
Durch das Stehenlassen entnahmefähiger Gewinnanteile der Gesellschafter waren bis zum Streitjahr 2016 positiv zu verzinsende Konten entstanden. Entsprechend wies die Klägerin in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2016 ein Gesellschafter-Darlehen des B sowie ein Gesellschafter-Darlehen der C-GmbH aus. Die darauf entfallenden Zinsen i. H. v. ca. 66.000 EUR zugunsten des B und i. H. v. ca. 4.000 EUR zugunsten der C-GmbH waren in den in der GuV ausgewiesenen Zinsaufwendungen enthalten und i. R. d. Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2016 als Sonderbetriebseinnahmen erfasst. Das FA bezog abweichend von der eingereichten GewSt-Erklärung die Verzinsung der Gesellschafter-Darlehenskonten nicht in die erweiterte Kürzung ein, sondern behandelte diese als Vergütung i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die erweiterte Kürzung hinsichtlich der Zinsen nicht zu gewähren sei. Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG sei die erweiterte Kürzung nicht einschlägig, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG enthalte, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen habe.
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG sei eingefügt worden ‒ so der BFH ‒, um steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft zu verhindern. Es gehe dabei um Gestaltungen, nach denen Erträge, die die Gesellschaft gewerbesteuerpflichtigen Dritten für erbrachte Leistungen zahle, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte Gesellschafter der Gesellschaft sei.
Von diesem Grundsatz nehme das Gesetz lediglich Sondervergütungen für die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft aus, da sie „die Kerntätigkeit der Gesellschaft umfassen“. Hinsichtlich solcher Vergütungen bleibe es bei dem Grundsatz, dass sie in die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einbezogen werden und somit im Ergebnis nicht mit GewSt belastet werden.
Der BFH sah keine Möglichkeit zur einschränkenden Auslegung von § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG. Eine teleologische Reduktion setze eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf nicht der GewSt unterliegende Vergütungsempfänger i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht erfüllt. Zwar lagen der Einfügung der Norm durch das JStG 2009 nach Auffassung des BFH Gestaltungen zugrunde, in denen der Vergütungsempfänger der GewSt unterfiel und nur deshalb Gesellschafter der Personengesellschaft wurde, um die Gewerbesteuerbarkeit der Vergütungen umgehen zu können. Der Gesetzgeber habe nicht ausschließlich diese Gestaltung verhindern wollen. Dementsprechend habe der Gesetzgeber den Tatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht auf diesen Fall beschränkt, sondern Sondervergütungen der Gesellschafter ganz allgemein von der erweiterten Kürzung ausgenommen.
Erläuterungen
Nach der bisher wohl überwiegenden Literaturmeinung ist die Norm in diesem Fall aufgrund ihres überschießenden Charakters teleologisch zu reduzieren (vgl. z.B. Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz. 213 m. w. N.).
Der BFH entschied nunmehr, dass die erweiterte Kürzung nicht greift, soweit im Gewerbeertrag Sondervergütungen eines Gesellschafters enthalten sind. Es ist daher nicht zulässig, § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG im Wege einer teleologischen Reduktion (z. B.) auf solche Fälle zu beschränken, in denen eine Vermögensbeteiligung besteht, deren wirtschaftliches Gewicht in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Sondervergütung steht.
Evtl. kommt im Einzelfall in Betracht, dass Sondervergütungen vermieden werden, um die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung zu schaffen. Dies kommt z. B. bei Darlehensgewährung über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft oder durch nahestehende Personen in Betracht (eine entsprechende Liquidität vorausgesetzt), weil in beiden Fällen Sondervergütungen vermieden werden.
Fundstelle
- BFH 9.3.23, IV R 25/20, iww.de/astw, Abruf-Nr. 234964