· Fachbeitrag · Gewerbesteuer
Übergang eines Gewerbeverlustes von Kapitalgesellschaft auf Personengesellschaft
| Überträgt eine Kapitalgesellschaft ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine Personengesellschaft, ist fraglich, ob ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag auf diese übergeht. Aufgrund der bis einschließlich 2008 geltenden GewStR 1998 war bei einer Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Übergang eines Gewerbeverlustes möglich. Die GewStR 2009 enthalten keine hierzu vergleichbare Regelung. Zunächst bestanden nach Ansicht des Finanzministeriums NRW keine Bedenken, die früheren Grundsätze vorerst fortzuführen. Erst im Verwaltungserlass vom 27.1.2012 (FR 2012, 238) änderte das Finanzministerium NRW für Erhebungszeiträume ab 2009 seine Rechtsauffassung und vertrat die Auffassung, dass ein Übergang des Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft nicht in Betracht komme. Der BFH erzielte nunmehr Gelegenheit dazu, über diese Frage zu entscheiden. |
Sachverhalt und Entscheidung
Klägerin ist eine GmbH, die aus der im Jahr 2000 gegründeten A-AG im Rahmen eines Formwechsels hervorgegangen ist. Die AG hatte sich insbesondere mit der Entwicklung von Hard- und Software im Bereich der Netzwerksicherheit befasst. Durch Vertrag vom Dezember 2009 wurde die A GmbH & Co. KG (KG) gegründet, deren alleinige Kommanditistin die AG war. Diese war auch Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH, die am Vermögen der KG nicht beteiligt war. Der Geschäftsbetrieb der AG wurde mit Wirkung zum 29. Dezember 2009 (24:00 Uhr) gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auf die KG ausgegliedert. Die Ausgliederung, die bis auf die von der AG gehaltenen Beteiligungen alle Aktiva und Passiva umfasste, wurde gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG zu Buchwerten vorgenommen. Der Kapitalanteil der AG wurde erhöht. Im Betriebsvermögen der AG verblieben die Anteile an drei ausländischen (Tochter-)Kapitalgesellschaften, an der KG sowie an der Komplementär-GmbH. Unternehmensgegenstand war nunmehr die Leitung von Unternehmen und die Verwaltung von Beteiligungen. Im Jahr 2011 wurde die AG formwechselnd in die Klägerin umgewandelt, im Jahr 2013 wurde die Komplementär-GmbH auf die Klägerin verschmolzen. In der Gewerbesteuererklärung/Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes für das Jahr 2009 (Streitjahr) begehrte die KG die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2009 von 9.048.896 EUR. Das FA versagte den Ansatz nach Durchführung einer Außenprüfung. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH verneinte einen Verlustübergang von der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft in dem Fall, dass die Kapitalgesellschaft fortbesteht und weiterhin Beteiligungen an Tochtergesellschaften hält. Hier fehle es, so der BFH, an der für den Übergang des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags i. S. des § 10a GewStG erforderlichen Unternehmensidentität und Unternehmeridentität.
Ob der BFH diese Voraussetzungen bejahen würde, wenn sich die Kapitalgesellschaft nach der Übertragung ihres Geschäftsbetriebs nur auf die Verwaltung ihrer Mitunternehmerstellung bei der KG beschränkt, musste der BFH ‒ mangels Entscheidungserheblichkeit ‒ nicht weiter ausführen.
Offenblieb auch, welches Ergebnis das parallel zur Klage angestrengte Billigkeitsverfahren im zweiten Rechtsgang haben könnte. Jedenfalls fehle einer spezialgesetzlichen Regelung, die den Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft anlässlich einer Ausgliederung verbiete oder gestatte.
Erläuterungen
Ein nach § 176 Abs. 2 AO beachtlicher Vertrauensschutz bestand nicht. Die Voschrift war schon deshalb nicht einschlägig, weil der Erlass des Finanzministeriums für die Finanzverwaltung des Landes Baden-Württemberg keine Bindungswirkung entfaltet. Darüber hinaus wurde die Rechtsfrage nicht nach der (zeitlich vorausgegangenen) allgemeinen Verwaltungsvorschrift auf eine andere (für den Steuerpflichtigen günstigere) Weise gelöst als nach der (späteren) Gerichtsentscheidung. Im Streitfall erging das BFH-Urteil, aus dem sich mittelbar ergab, dass die frühere Verwaltungsmeinung zum Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft in Ausgliederungsfällen unzutreffend war, am 29.10.1986 (I R 318-319/83, BStBl II 1987, 310), also zeitlich vor dem Erlass.
§ 10a Abs. 10 Halbsatz 2 GewStG entfaltet mithin keine rechtsbegründende Wirkung in dem Sinne, dass sie den Übergang eines gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft ermöglicht.
Ohne spezialgesetzliche Regelung, die den Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft regelt, geht ein Gewerbeverlust daher nicht über. Vor diesem Hintergrund ist eher fraglich, ob eine solche Gesetzeslücke durch eine Billigkeitsmaßnahme geschlossen werden könnte.
Fundstelle
- BFH 17.1.19, III R 35/17, iww.de/astw, Abruf-Nr. 209253