· Fachbeitrag · Körperschaftsteuer
Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als vGA
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (sog. Fremdvergleich). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. |
Sachverhalt
Die Klägerin, eine inländische GmbH, erwarb im Jahr 2012 von T sämtliche Anteile an der T-GmbH. Jene GmbH wurde sodann auf die Klägerin verschmolzen (steuerlicher Übertragungsstichtag: 31.12.11).
Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Klägerin im Streitjahr bei ihrer Alleingesellschafterin, der D-GmbH, ein Darlehen auf, das mit 8 % p. a. verzinst wurde (Gesellschafterdarlehen). Die Zinsen waren nicht laufend, sondern erst mit Ablauf des Darlehensvertrags am 31.12.2021 zu entrichten. Sicherheiten waren nicht vereinbart. Die D-GmbH nahm ihrerseits Fremdmittel in gleicher Höhe und unter identischen Konditionen von ihren Gesellschaftern auf.
Daneben erhielt die Klägerin ein Bankdarlehen, das mit durchschnittlich 4,78 % p. a. verzinst wurde und vollumfänglich ‒ auch von der D-GmbH ‒ besichert war.
Schließlich erhielt sie vom Verkäufer T ein Verkäuferdarlehen, das mit 10 % p. a. verzinst wurde und nicht besichert war.
Das Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten der Klägerin, insbesondere gegenüber den beiden anderen Darlehensverbindlichkeiten, nachrangig. In ihrer Bilanz zum 31.12.2012 erfasste die Klägerin im Zusammenhang mit dem Gesellschafterdarlehen eine Zinsverbindlichkeit.
Das FA war hinsichtlich des Gesellschafterdarlehens der Auffassung, dass fremde Dritte einen Zinssatz von 5 % vereinbart hätten. In Höhe der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz von 8 % liege eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor.
Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Entscheidung des BFH
Der BFH verwies den Rechtsstreit im Revisionsverfahren zur erneuten Prüfung an das FG zurück. Er vertrat die Auffassung, die FG-Entscheidung genüge den Rechtsgrundsätzen zur Anwendung des Fremdvergleichs nicht. Die These, ein fremder Dritter hätte das streitige Darlehen (Zinssatz von 8 %) zu einem Zinssatz von lediglich 5 % gewährt, sei rechtsfehlerhaft zustande gekommen.
Das FG habe übersehen, dass der mit dem Bankenkonsortium vereinbarte durchschnittliche Zinssatz (4,78 %) kein zwingender Maßstab für einen gewissenhaften Geschäftsleiter sei. Denn die Kredite des Bankenkonsortiums seien besichert und vorrangig zu bedienen gewesen. Das streitige Darlehen sei hingegen unbesichert und nachrangig.
Die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO i. d. F. v. 23.10.08) sei für den Fremdvergleich rechtlich unbeachtlich. Bei dem Vergleich sei das „Nahestehen" hinwegzudenken. Dann wäre aber ein Darlehensgeber gerade kein Gesellschafter, sondern ein fremder Dritter und seine Forderung würde keiner gesetzlichen Rangminderung im Insolvenzfall unterliegen.
Erläuterungen
In vergleichbaren Fällen ist eine gesetzlich eintretende Nachrangigkeit bei der Zinshöhe zu berücksichtigen. Entschließt sich der fremde Dritte im Verhandlungswege „freiwillig" den Vorrang einer Forderung eines anderen Drittgläubigers zu akzeptieren, würde er mutmaßlich vom Darlehensnehmer eine finanzielle Kompensation für die Hinnahme dieses Nachteils verlangen. Diese Möglichkeit hat auch der zu 10 % oder mehr beteiligte Gesellschafter, ungeachtet der in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO geregelten Nachrangigkeit.
Auch eine hinreichende Kapitalausstattung der Kapitalgesellschaft rechtfertigt nicht ohne Weiteres die Annahme der Notwendigkeit für einen Risikozuschlag im Zinssatz. Denn ein „fremder Dritter“ würde bei der Festlegung der Kreditbedingungen nicht nur auf die aktuelle Vermögenssituation seines Schuldners abstellen, sondern vor allem dessen zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den Blick nehmen.
Insoweit liegt es nahe, dass er bei gegebener Sachlage (Nachrangigkeit des Darlehens, fehlende Sicherheiten) einen höheren „Preis" für die Überlassung des Kapitals fordern würde als ein abgesicherter Gläubiger. Dies kann mittels eines entsprechenden Zinszuschlags des Gesellschafters geschehen.
Fundstelle
- BFH 18.5.21, I R 62/17, iww.de/astw, Abruf-Nr. 225546