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  • 10.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202219

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 14.02.2018 – 6 K 199/17

    1. Es ist nicht ausreichend, um die durch die Eintragung entstandene Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, dass am Tag der mündlichen Verhandlung alle Einträge im Schuldnerverzeichnis löschungsfähig sind. Aus einem solchen Nachweis getilgter Forderungen und der dadurch bewirkten Löschung der Eintragung ergibt sich nicht automatisch, dass der Steuerberater wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Es können weiterhin Schulden vorhanden sein, die (noch) nicht zu einer Eintragung ins Register geführt haben.

    2. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls ist unter Berücksichtigung der dem Steuerberater obliegenden Darlegung seiner Vermögensverhältnisse nicht widerlegt worden, wenn das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen kann, dass der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    6 K 199/17

    14.02.2018

    Urteil - Senat

    NZB, Az.: VII B 50/18

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht widerrufen hat.

    Der am ... 1967 geborene Kläger war seit 1998 als Steuerberater bestellt. Durch den Bescheid vom 7. September 2015 widerrief die Beklagte die Bestellung. Dieser Widerruf wurde bestandskräftig. Am 8. Dezember 2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Wiederbestellung als Steuerberater. Diesem Antrag wurde am 16. Dezember 2015 entsprochen.

    In der Zeit vom 6. August 2014 bis zum 6. Februar 2018 vollstreckte das Finanzamt Hamburg-1 Abgabenschulden des Klägers und führte u. a. 23 Kontopfändungen durch.

    Mit Bescheid vom 15. Mai 2017 erfolgte der Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Dieser Widerruf wurde am 11. September 2017 aus formalen Gründen widerrufen, nachdem am 24. August 2017 ein Erörterungstermin beim Finanzgericht in dem Verfahren 6 K 106/17 stattgefunden hatte.

    Ebenfalls am 11. September 2017 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ein neuer Widerruf beabsichtigt sei. Dem Kläger wurde rechtliches Gehör gewährt. Am 5. Oktober 2017 beschloss der Kammervorstand der Beklagten einstimmig den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

    Der entsprechende Widerrufsbescheid erging am 9. Oktober 2017 und wurde durch Postzustellungsurkunde am 11. Oktober 2017 zugestellt. Die Beklagte führte zur Begründung insbesondere an, dass sich aus dem Schuldnerverzeichnis drei Eintragungen ergäben. Außerdem habe der Obergerichtsvollzieher A am 22. August 2017 mitgeteilt, dass zum Aktenzeichen XX-1 eine von ihm betriebene Zwangsvollstreckung ergebnislos verlaufen sei. Nach der Mitteilung des Finanzamts Hamburg-1 habe der Kläger vollstreckbare Steuerschulden in Höhe von ... € zuzüglich ... € für laufende Lohnsteuer Juli 2017, fällig seit dem 10. August 2017. Das Finanzamt B habe Steuerschulden in Höhe von ... € mitgeteilt. Darüber hinaus hätten sich zwei ehemalige Mandanten des Klägers mit einer Beschwerde an die Steuerberaterkammer gewandt. In beiden Fällen habe sich der Kläger nicht zu den Vorwürfen geäußert. Auch auf die Anhörung zum geplanten erneuten Widerruf der Steuerberaterbestellung habe der Kläger nicht reagiert.

    Der Kläger hat am Montag, dem 13. November 2017, Klage erhoben. Er bestreite ausdrücklich, sich im Vermögensverfall zu befinden. Den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis lägen keine Forderungen mehr zugrunde, sie seien daher zu löschen. Bei den Steuerschulden beim Finanzamt B handele es sich im Wesentlichen um Schätzungen, die sich in Kürze mit der Veranlagung nach den tatsächlichen Verhältnissen auflösten. Entsprechende Bescheinigungen würden umgehend vorgelegt werden.

    In der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2018 reichte der Kläger Unterlagen ein, aus denen sich ergab, dass er zwei Forderungen, die die Grundlage für die Eintragungen im Vermögensverzeichnis bildeten, am 5. Dezember 2016 (XX-2) und am 28. Juni 2017 (XX-3) bezahlt habe. Außerdem legte er ein Schreiben der Gerichtsvollzieherin C vom 13. Februar 2018 vor, nach dem die Forderung in der Sache XX-4 beglichen worden sei. Er, der Kläger, meine, im April 2017 die Zahlung geleistet zu haben. Einen Antrag auf Löschung der Einträge im Schuldnerverzeichnis habe er, der Kläger, noch nicht gestellt, weil ihn diese Eintragungen nicht belastet hätten.

    Außerdem erklärte der Kläger, dass die beim Finanzamt Hamburg-1 bestehenden Steuerschulden mit einem Guthaben aus dem zu erwartenden Umsatzsteuerbescheid 2014 verrechnet werden würden. Er erwarte ein Guthaben in Höhe von ca. ... €. Er habe die Lohnsteuer für Januar 2018 nicht rechtzeitig bezahlen können, weil ihm sein Bankkonto vom Finanzamt B gepfändet worden sei. Die Steuerschulden beim Finanzamt B würden sich nach der erklärungsgemäßen Veranlagung seiner Einkommensteuererklärung 2014 auflösen. Er, der Kläger, erwarte aus dem Einkommensteuerbescheid 2014 ein Guthaben von ca. ... €.

    Eine Veranlagung der Einkommensteuererklärung 2014 sei noch nicht durchgeführt worden, weil das Finanzamt B auf die Bescheidung seiner Feststellungserklärung beim Finanzamt Hamburg-1 warte und der dortige Sachbearbeiter noch Fragen gestellt habe. Diese Nachfragen könne er, der Kläger, jedoch zügig klären.

    Im berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren habe er am 15. Januar 2018 eine Stellungnahme abgegeben. Diese übergab der Kläger dem Gericht in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2018. Er, der Kläger, habe sich über die Beschwerden seiner ehemaligen Mandanten so geärgert, dass er es versäumt habe, gegenüber der Steuerberaterkammer ordnungsgemäß Stellung zu nehmen.

    Der Kläger beantragt,
    den Bescheid vom 9. Oktober 2017 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte verweist zur Begründung auf die im Widerrufsbescheid enthaltenen Gründe. Die Bestellung habe zwingend widerrufen werden müssen.

    Ihr Vorstand habe bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamburg die Einleitung eines berufsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger beantragt. Der Kläger habe in beiden Beschwerdeverfahren gegen ihn trotz verbindlicher Aufforderungen gem. § 80 Abs. 1 Satz 1 StBerG keine Stellungnahmen abgegeben und hierdurch seine Berufspflichten als Steuerberater verletzt.

    Der Widerrufsbescheid sei auch nach der Übergabe der Unterlagen in der mündlichen Verhandlung rechtmäßig. Der neue Vortrag des Klägers begründe keinen Anspruch auf Wiederbestellung. Das Schreiben des Obergerichtsvollziehers A weise eine Unpfändbarkeit aus, was darauf hindeute, dass der Kläger die Forderungen nicht bedienen könne. Auch die Nichtabführung der Lohnsteuer für Januar 2018 weise auf seine finanziellen Schwierigkeiten hin.

    Am Tag der mündlichen Verhandlung befanden sich für den Kläger wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft drei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis; das älteste Anordnungsdatum ist der 9. August 2016, das jüngste der 18. April 2017. Steuerschulden bestanden bei zwei Finanzämtern. Nach einer Mitteilung des Finanzamts B beliefen sich die Steuerrückstände am 13. Februar 2018 auf ... €. Das Finanzamt B wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger am 7. Februar 2018 seine Einkommensteuererklärung 2014 abgegeben habe und sich bei einer erklärungsgemäßen Veranlagung die Rückstände erheblich verringern würden und es für das Kalenderjahr 2014 auch zu einem Guthaben führen könne. Nach einer Mitteilung des Finanzamts Hamburg-1 vom 14.02.2018 belaufen sich die vollstreckbaren Rückstände auf ... €, diese Rückstände entfallen überwiegend auf Lohnsteuern und Umsatzsteuern. Seit 11. Februar 2018 sind außerdem Lohnsteuern für Januar 2018 inkl. Solidaritätszuschlag und Lohnkirchensteuern in Höhe von ... € fällig und nicht bezahlt.

    Dem Kläger wurde am 5. Januar 2018 eine Ausschlussfrist bis zum 9. Februar 2018 gesetzt, insbesondere zu der Behauptung, er befinde sich nicht im Vermögensverfall. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die richterliche Verfügung vom 4. Januar 2018 verwiesen.

    Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2018 wird Bezug genommen. Dem Gericht hat die Sachakte der Beklagten vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    I.

    Die Klage ist zulässig. Ein außergerichtliches Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) war nicht erforderlich, weil ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegen einen Bescheid über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht gegeben ist (§ 348 Nr. 4 der Abgabenordnung -AO- i. V. m. § 164a Abs. 1 Satz 1 StBerG).

    Die Klagefrist wurde eingehalten. Der angefochtene Bescheid wurde am 11. Oktober 2017 zugestellt, da der 11. November 2017 ein Sonnabend war, lief die Klagefrist von einem Monat (§ 47 FGO) erst am 13. November 2017 ab (§ 54 FGO in Verbindung mit § 222 der Zivilprozessordnung -ZPO-, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB). An diesem Tag ging die Klage bei Gericht ein.

    II.

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Bescheid über den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Im finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren gegen den Widerrufsbescheid ist zum einen zu prüfen, ob dieser nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ergangen ist. Zum anderen muss das Gericht aber auch eine im Zeitpunkt seiner Entscheidung bestehende veränderte Sachlage berücksichtigen, wenn sich aus dieser eine Rechtspflicht zur sofortigen Wiederbestellung ergibt. Denn die Aufrechterhaltung einer Widerrufsverfügung durch die beklagte Behörde würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie den Widerruf noch in einem Zeitpunkt verteidigte, in dem sie einem Antrag auf Wiederbestellung stattgeben müsste (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909).

    1. Der Kläger ist in Vermögensverfall geraten.

    a) aa) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Steuerberater in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und er außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. BFH-Urteile vom 18. März 2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598; vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, HFR 2000, 741). Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG wird ein Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder der Steuerberater in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung -InsO-; § 882b der Zivilprozessordnung -ZPO-) eingetragen ist.

    bb) Eine Widerlegung der an die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis anknüpfenden gesetzlichen Vermutung setzt voraus, dass der Berufsträger durch die genaue Angabe von Tatsachen substantiiert darlegt und beweist, dass trotz der Eintragung im Schuldnerverzeichnis kein Vermögensverfall gegeben ist. Insoweit muss zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich die Vermögensverhältnisse des Steuerberaters nachhaltig gebessert haben und er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Der Steuerberater hat hierfür seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen ihn erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offenzulegen und anzugeben, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden sind, die erwarten lassen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden können. Im Fall belegmäßig nachgewiesener Vermögenswerte des Steuerberaters, deren Verkehrswert zum Ausgleich der Verbindlichkeiten ausreicht, bedarf es darüber hinaus der Feststellung, ob diese tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt werden können und sollen. Soweit geltend gemacht wird, die Voraussetzungen für die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis seien entfallen, müssen der Nachweis getilgter Forderungen erbracht und eine Löschungsbestätigung vorgelegt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 22. August 2017 VII B 23/17, BFH/NV 2017, 1633; BFH-Urteile vom 18. März 2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598; vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, BStBl II 2008, 401).

    b) aa) Der Kläger war bei Bekanntgabe des Widerrufsbescheides mit drei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Außerdem hatte er Steuerschulden bei zwei Finanzämtern. Damit war die gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG gegeben, sodass der Vermögensverfall im Zeitpunkt des Widerrufs gesetzlich vermutet wird.

    bb) Diese gesetzliche Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt. Trotz der entsprechenden Aufforderung durch die Beklagte und das Gericht hat er weder bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides noch bis zur mündlichen Verhandlung seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie alle gegen ihn erhobenen Forderungen umfassend, belegmäßig und nachvollziehbar offengelegt. Auch hat er nicht dargelegt, ob und welche Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen worden wären, die erwarten ließen, dass die Schulden in geordneter Weise und in absehbarer Zeit beglichen werden könnten.

    cc) In der Zeit zwischen dem Ergehen des Widerrufsbescheides der Beklagten vom 9. Oktober 2017 und der Entscheidung durch den erkennenden Senat am 14. Februar 2018 haben sich die dem Widerrufsbescheid zu Grunde liegenden Verhältnisse des Klägers nicht in der Weise verändert, dass nunmehr einem Antrag auf Wiederbestellung gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 StBerG stattzugeben und der Widerrufsbescheid aus diesem Grunde aufzuheben wäre. Der bei Erlass des Widerrufsbescheides vorliegende Vermögensverfall bestand bis zur mündlichen Verhandlung fort. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls ist unter Berücksichtigung der dem Steuerberater obliegenden Darlegung seiner Vermögensverhältnisse nicht widerlegt worden, denn das Gericht konnte nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598).

    aaa) Am Tag der mündlichen Verhandlung waren die drei (selben) Eintragungen im Schuldnerverzeichnis noch vorhanden.

    bbb) Allerdings hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Verbindlichkeiten, die diesen drei Eintragungen zugrunde lagen, von ihm getilgt worden seien und er lediglich die Löschung der Eintragungen noch nicht beantragt habe. In der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2018 hat der Kläger erstmalig Unterlagen eingereicht, die diese Behauptung belegen. Hiernach hat er zwei Forderungen bereits am 5. Dezember 2016 und am 28. Juni 2017 beglichen. Wann der Kläger die dritte Forderung beglichen hat, konnte er nicht sagen, vermutete aber, dass dies bereits im April 2017 gewesen sein müsse. Den entsprechenden Beleg hat der Kläger erst bei seiner persönlichen Nachfrage bei der Gerichtsvollzieherin am 13. Februar 2018 erhalten. Der Kläger hat ausgesagt, dass er bisher die Löschung der Einträge im Schuldnerverzeichnis nicht beantragt habe, weil ihn diese Einträge nicht gestört hätten. Dieser Vortrag wurde von der Beklagten weder bestritten, noch ergeben sich aus der Akte Anhaltspunkte, die gegen diese Belege sprechen.

    Steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis materiell-rechtlich nicht mehr begründet sind, wie es im Streitfall der Fall ist, wäre es im Hinblick auf die weitreichenden Konsequenzen des Widerrufs der Steuerberaterbestellung für die Berufsausübung des Klägers unverhältnismäßig, an dem Widerruf alleine und ausschließlich wegen der noch nicht erfolgten Löschung der Eintragungen festzuhalten (offen gelassen vom BFH-Beschluss vom 22. August 2017 VII B 23/17, BFH/NV 2017, 1633).

    Es ist jedoch auch nicht ausreichend, um die durch die Eintragung entstandene Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, dass alle Einträge im Schuldnerverzeichnis nunmehr löschungsfähig sind. Dies gilt selbst, wenn im Lauf des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung des Widerrufs der Bestellung Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nachweislich gelöscht und Forderungen getilgt werden. Auch aus einem solchen Nachweis getilgter Forderungen und der dadurch bewirkten Löschung der Eintragung ergibt sich nicht automatisch, dass der Steuerberater wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Es können weiterhin Schulden vorhanden sein, die (noch) nicht zu einer Eintragung ins Register geführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2014 VII R 14/13, BFH/NV 2014, 1598).

    Deshalb hat der Steuerberater im Falle des Nachweises der Löschung der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis darzulegen und zu belegen, dass er wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

    Der Kläger hat keine aktuelle Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorgelegt, so dass das Gericht nicht beurteilen kann, ob bzw. welche Schulden der Kläger am Tag der mündlichen Verhandlung hat und wie sich seine wirtschaftliche Situation darstellt. Das Gericht kann nicht feststellen, dass der Kläger wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Insoweit bestehen vielmehr erhebliche Zweifel. Den Kläger trifft die Feststellungslast. Zweifel gehen zu seinen Lasten.

    Aus der Mitteilung des Obergerichtsvollziehers A ergibt sich bereits, dass es zumindest eine offene Forderung gegen den Kläger gibt. Eine Vollstreckung war nicht möglich, da die Gegenstände im Büro des Klägers nach Ansicht des Gerichtsvollziehers unpfändbar waren. Der Kläger hat nicht behauptet, diese Forderung bereits beglichen zu haben.

    Neben dieser Forderung bestehen auch noch offene Steuerforderungen beim Finanzamt B in Höhe von ... € und beim Finanzamt Hamburg-1 in Höhe von ... €. Zwar trägt der Kläger vor, dass die Steuerschulden beim Finanzamt B nach erklärungsgemäßer Veranlagung wegfallen würden. Auch sollen die Steuerschulden beim Finanzamt Hamburg-1 mit einem etwaigen Guthaben aus der Veranlagung der Umsatzsteuererklärung 2014 verrechnet werden können. Am Tag der mündlichen Verhandlung lag jedoch weder eine erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer 2014, noch eine erklärungsgemäße Veranlagung der Umsatzsteuer 2014 vor, weil der Kläger seine Steuererklärungen erst am 7. Februar 2018 bei den Finanzämtern eingereicht hat. Der Kläger hat auch keine Unterlagen eingereicht, aus denen sich ergeben könnte, dass seine Aussagen der Wahrheit entsprechen. Insbesondere hat er dem Gericht die Steuererklärungen nicht vorgelegt.

    2. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Interessen der Auftraggeber des Klägers durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht gefährdet wären.

    a) Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind, und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass der betroffene Steuerberater die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand trägt. Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 2015 VII B 181/14, BFH/NV 2015, 1440; vom 18. November 2008 VII B 119/08, BFH/NV 2009, 614).

    Eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen ist anzunehmen, wenn der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 2009 VII B 169/08, BFH/NV 2009, 972; und vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, BStBl II 2008, 401).

    b) Der Kläger hat bis zur mündlichen Verhandlung keinerlei Umstände vorgetragen, die darauf schließen ließen, dass trotz des vorliegenden Vermögensverfalls des Klägers Mandanteninteressen nicht gefährdet wären. Unabhängig davon ist der Entlastungsbeweis bereits deshalb als nicht erbracht anzusehen und von einer Gefährdung der Auftraggeberinteressen auszugehen, weil der Kläger auch in sonstigen geschäftlichen und eigenen Angelegenheiten die notwendige Zuverlässigkeit vermissen lässt und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält.

    Insbesondere reagierte der Kläger weder auf das Vorbringen ehemaliger Mandanten, noch auf die Aufforderungen zur Stellungnahme durch die Beklagte. Letzteres ist eine Verletzung des § 80 StBerG. Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er so verärgert gewesen sei über das Vorbringen der ehemaligen Mandanten und sich deshalb nicht habe äußern können, ist ein weiteres Indiz für seine Unzuverlässigkeit.

    Weiter spricht gegen den Kläger, dass er sich erst nach Ablauf der Ausschlussfrist einen Termin bei der Gerichtsvollzieherin besorgt hat und immer noch nicht die Löschungen der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis beantragt hat, obwohl dies bereits seit vielen Monaten möglich gewesen wäre.

    Seine Steuererklärungen für 2014 hat der Kläger erst am 7. Februar 2018 bei den Finanzämtern abgegeben. Die Steuererklärungen für 2015 hat der Kläger noch nicht eingereicht. Besonders nachteilig für den Kläger ist in diesem Zusammenhang die Nichtabführung der Lohnsteuern zu werten. Bei der Lohnsteuer handelt es sich um eine treuhänderisch vereinnahmte Steuer, die Nichtabführung dieser Steuer wiegt deshalb besonders schwer, denn hierdurch wird offenkundig, dass der Kläger fremde Gelder gerade nicht ordnungsgemäß verwaltet und er auch nicht sorgfältig Fristen einhält. Dieses sind jedoch gerade für einen Steuerberater elementare Pflichten. Die Tatsache, dass das Finanzamt Hamburg-1 beim Kläger in der Zeit vom 6. August 2014 bis zum 6. Februar 2018 23 Kontopfändungen durchgeführt hat, belegt seine Unzuverlässigkeit in finanziellen Angelegenheiten zusätzlich.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

    RechtsgebietStBerGVorschriftenStBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4