03.11.2009
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 01.10.2009 – 4 K 2049/07
Soldatenunterkünfte auf dem Gelände einer US-amerikanischen Airbase unterliegen nicht der Grundsteuerpflicht, sofern die bauliche Zusammenfassung der Wohnräume mangels einer eigenen Kochgelegenheit den Anforderungen des bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriffs nicht entsprechen.
Tatbestand
Strittig ist, ob es sich bei einem Unterkunftsgebäude für amerikanische Soldaten auf der Airbase R (Gebäude ...) um ein Mietwohngrundstück i.S.d. § 75 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes - BewG - handelt, das der Grundsteuer unterliegt.
Hierbei ist insbesondere im Streit, ob das für die Unterbringung der Soldaten vorgehaltene Wohngebäude 120 Appartements mit jeweils 16,97 m zzgl. hälftig zugeordneter Kleinküche mit 3,53 m (so die Klägerin) oder, wovon der Beklagte ausgeht, 60 Doppelappartements mit je 41 m2 incl. einer gemeinsamen Kleinküche mit 7,06 m enthält.
Neben den im Streit stehenden Appartements weist das Gebäude 2486 noch folgende Räumlichkeiten auf:
EG Lager/Küche | 10,01 m2 |
Etagentoilette | 25,95 m2 |
gemeinsamer Fernsehraum | 36,81 m2 |
gemeinsame Küche | 32,31 m2 |
Billard-Raum | 28,92 m2 |
Büro | 11,69 m2 |
sowie Nebenräume |
Unter Ansatz einer Jahresmiete von 25,10 DM/m2 ergab sich für das gesamte Unterkunftsgebäude eine Jahresrohmiete (§ 79 BewG) von 65.385,- DM. Entsprechend der Bauausführung und des Baujahres ergab sich ein Vervielfältiger (§ 80 BewG) von 9,5, was zu einem Grundstückswert ohne Garagen von 621.157,- DM führte. Dieser Wert wurde gem. § 82 Abs. 1 Nr. 1 BewG wegen der Beeinträchtigung durch Lärm infolge der unmittelbaren Nähe zum Flugplatz um 10 % auf 559.042,- DM = 285.833,- € gemindert.
Mit Bescheid vom 03. November 2006 stellte der Beklagte unter Zugrundelegung des gesamten Gebäudes 2486 sowie des Garagentraktes (Gebäude 2484) im Wege einer Nachfeststellung einen Einheitswert zum 01.01.2006 auf 440 580,- Euro fest, wobei er das Grundstück insgesamt als Mietwohngrundstück bewertete. Zugleich nahm der Beklagte eine Nachveranlagung des Grundsteuermessbetrages auf den 01.01.2006 auf 1.542,03 Euro vor.
Mit ihren Einsprüchen wandte sich die Klägerin sowohl gegen die vom Beklagten zugrunde gelegte Grundstücksart (Mietwohngrundstück) als auch gegen die Grundsteuerpflicht.
Das streitbefangene Gebäude sei ein Gemeinschaftsunterkunftsgebäude, das ausschließlich den dort stationierten Streitkräften zur Nutzung überlassen werde, wobei keinerlei Mieteinnahmen erwirtschaftet würden. Zweck dieser Nutzung sei die Unterbringung von Soldaten, um die jederzeitige Einsatzbereitschaft der Truppe und die Aufrechterhaltung des militärischen Dienstbetriebes zu gewährleisten. Es handele sich hierbei nicht um Wohnungen i.S.d. § 5 Abs. 2 Grundsteuergesetz (GrStG), da die jeweiligen Doppelappartements aus je einem Schlafraum mit Toilette und Dusche und einer gemeinsamen Küche bestünden, wobei die Nutzung der Küche nur gemäß entsprechenden Absprache mit dem anderen Bewohner erfolgen könne.
Der Beklagte wies die gegen den Einheitswertbescheid und gegen den Grundsteuermessbescheid gerichteten Einsprüche mit Entscheidung vom 11. Juli 2007 als unbegründet zurück.
Nach § 19 Abs. 1 BewG seien Einheitswerte für inländischen Grundbesitz festzustellen. Diese Feststellungen hätten nur zu erfolgen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung seien (§ 19 Abs. 4 BewG). Dies sei vorliegend der Fall, da die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Grundsteuer nicht vorlägen. Nach dem Runderlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 1982 - mitgeteilt durch MF-Erlass vom 20. Dezember 1982 - G 1103 - 7 - 34 seien nach Art 63 Abs. (4) (d) (ii) des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA NTS) die ausländischen Streitkräfte verpflichtet, die laufenden öffentlichen Lasten für die ihnen zur unentgeltlichen Benutzung überlassenen bundes- und landeseigenen Liegenschaften zu tragen, soweit nach deutschem Recht der Bund zu ihrer Entrichtung oder Erstattung verpflichtet sei. Zu den laufenden öffentlichen Lasten eines Grundstücks im Sinne des Art. 63 Abs. (4) (d) (ii) ZA NTS zähle auch die Grundsteuer. Die Prüfung, ob der Bund dem Grunde und der Höhe nach zur Zahlung der Grundsteuer verpflichtet sei, vollziehe sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für das allgemeine Grundvermögen gelten würden. Für die Einheitsbewertung des den Streitkräften überlassenen Grundbesitzes seien das Bewertungsgesetz und die Richtlinien dazu maßgebend. Das gelte auch für Fortschreibungen. Grundsteuerbefreiungstatbestände seien im Steuermessbetragsverfahren geltend zu machen; ein Einheitswert werde nur für den steuerpflichtigen Teil des Grundstücks festgestellt. Die den ausländischen Streitkräften überlassenen Liegenschaften seien grundsätzlich in demselben Umfang wie bei einer Benutzung durch die Bundeswehr befreit (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Januar 1972 III R 50/69). Hiernach seien Wohnungen nicht von der Grundsteuer befreit (§ 5 Abs 2 GrStG); das gelte auch, wenn die Liegenschaft den ausländischen Streitkräften überlassen sei. § 5 GrStG schränke die Befreiungen in §§ 3 und 4 GrStG insofern ein, als bei einer Benutzung von Grundbesitz für Wohnzwecke auch dann Steuerpflicht bestehe, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 GrStG erfüllt seien. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 GrStG seien jedoch die Gemeinschaftsunterkünfte der ausländischen Streitkräfte grundsteuerbefreit. „Junggesellenunterkünfte” seien von der Grundsteuer befreit, wenn sie a) für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt würden und b) als Gemeinschaftsunterkünfte anzusehen seien. Die Benutzung für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch sei auch bei einer Benutzung durch Mitglieder der ausländischen Streitkräfte gegeben. Der Begriff „Gemeinschaftsunterkunft” erfordere u.a., dass die Räume einer Gemeinschaft dienten und bestimmt und geeignet seien, einen geordneten Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Räume müssten ein geregeltes Gemeinschaftsleben fördern und der Verstärkung und ständigen Bereithaltung einer Truppe dienen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 21. Juni 1968 III R 42/67,BStBl II 1968, 719). Der Begriff „Gemeinschaftsunterkunft” erfordere nicht, dass mehrere Personen in einem Raum untergebracht seien. Eine Gemeinschaftsunterkunft dürfte jedoch keinesfalls den Begriff „Wohnung” i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG erfüllen, wie es z.B. bei einem Appartement mit eigener Kochgelegenheit, eigener Toilette und eigener Waschgelegenheit der Fall sei. Nach dieser Vorschrift seien als Wohnung einzelne oder mehrere Räume anzusehen, die zur Führung eines Haushalts geeignet seien und zu diesem Zweck jeweils mit Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Toilette ausgestattet seien. In der Regel müsse ein erkennbarer Abschluss der Wohnung vorhanden sein. Ob im Einzelfall eine Wohnung anzunehmen sei, richte sich nach der baulichen Gestaltung und der Zweckbestimmung. Dabei seien auch die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es könne sich auch um eine Einzimmerwohnung z.B. ein Appartement handeln. Da jedes der 60 Appartements die Führung eines Haushalts erlaube, handele es sich um ein Grundstück mit 60 Wohnungen. Dass die Doppelappartements tatsächlich von jeweils zwei Einzelpersonen genutzt würden, sei für die bewertungsrechtliche Beurteilung unbeachtlich. Zum Vergleich werde ein Einfamilienhaus auch nicht allein dadurch zum Zweifamilienhaus, dass es von zwei Familien genutzt (bewohnt) werde. Entscheidend für die bewertungsrechtliche Beurteilung sei einzig und allein die objektive Nutzungsmöglichkeit, nicht aber die momentane tatsächliche Nutzung des Bewertungsobjekts am Bewertungsstichtag. Nach § 75 Abs. 2 BewG seien Mietwohngrundstücke Grundstücke, die zu mehr als achtzig vom Hundert, berechnet nach der Jahresrohmiete (§ 79 BewG) Wohnzwecken dienten, mit Ausnahme der Ein- und Zweifamilienhäuser (Absätze 5 und 6). Da diese gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegend erfüllt seien, sei die der Nachfeststellung zugrunde liegende Grundstücksart „Mietwohngrundstück” zutreffend.
Auch die Nachveranlagung zur Grundsteuer sei rechtmäßig, da § 5 GrStG die nach § 3 GrStG bestehende Grundsteuerbefreiung des Grundbesitzes der Bundeswehr, der der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben diene, insoweit wieder einschränke, als gem. § 5 Abs. 2 GrStG Wohnungen stets steuerpflichtig seien.
Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2007 (Bl. 44 ff. der Einheitswertakten) Bezug genommen.
Die hiergegen erhobene Klage hatte bislang nur insoweit Erfolg, als der Beklagte hinsichtlich des zugehörigen Garagengebäudes (Gebäude 2484) sowie hinsichtlich der Nebenräume des Gebäudes 2486 nicht mehr von einer Grundsteuerpflicht ausgeht (Änderungsbescheid vom 26. September 2007).
Soweit die Klägerin ihr Klageziel weiterverfolgt, führt sie aus:
Die Voraussetzungen für die Erhebung der Grundsteuer lägen nicht vor. Der Grundbesitz der Bundeswehr sei gemäß § 3 GrStG von der Grundsteuer befreit, da das noch streitbefangene Gebäude 2486 ausschließlich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben diene, auch soweit es sich um zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitz handele. Rechtsträgerin und Eigentümerin des streitbefangenen Gebäudes 2486 sei die Bundeswehr. Das Gebäude werde als Unterkunftsgebäude für Soldaten genutzt und diene keinen erwerbswirtschaftlichen Zwecken. Es sei untergliedert in drei Etagen und umfasse 60 Einzelunterkünfte. Eine Unterkunft bestehe aus zwei Schlafräumen mit jeweils einer Toilette und einer Waschgelegenheit und einer gemeinsam zu nutzenden Küche. Weitere gemeinsam zu nutzende Räumlichkeiten, wie Haushaltsraum (mit Waschmaschine und Trockner), Fernsehraum, befänden sich auf den jeweiligen Etagen des Gebäudes. Der Beklagte habe die Grundsteuerpflicht rechtsfehlerhaft damit begründet, dass die beschriebenen Unterkünfte unter dem Begriff der Wohnung gemäß § 5 Abs. 2 GrStG zu subsumieren und damit von den Steuerbefreiungstatbeständen i. S. d. §§ 3 und 4 GrStG ausgenommen seien. Gemäß § 5 Abs. 1 GrStG seien Gemeinschaftsunterkünfte der ausländischen Streitkräfte - hier der US-Streitkräfte - grundsätzlich grundsteuerbefreit. Ebenso seien die so genannten „Junggesellenunterkünfte” von der Grundsteuer befreit, soweit diese für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt würden und als Gemeinschaftsunterkünfte anzusehen seien. Selbst nach dem vom Beklagten angeführten Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 1982 handele es sich bei diesen Unterkünften um sog. „Junggesellenunterkünfte”. Die Räume dienten der Gemeinschaft und seien bestimmt und geeignet, einen geordneten Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Unterkünfte würden allein für die Unterbringung der US-Streitkräfte während ihrer Stationierung auf dem Flugplatz Ramstein genutzt. Die Räume förderten ein geregeltes Gemeinschaftsleben (gemeinsam zu nutzende Räume, wie Küche, Fernsehraum, Haushaltsraum, Leseraum) und dienten der Verstärkung und ständigen Bereithaltung der Truppe. Sinn der Unterbringung sei nicht das private Wohnen, sondern die Erfüllung des Auftrages der US-Streitkräfte. Die Unterkünfte würden für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt und seien daher als Gemeinschaftsunterkünfte gemäß § 5 Abs. 1 GrStG anzusehen. Damit unterlägen diese grundsätzlich nicht der Grundsteuerpflicht.
Der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 2 GrStG ändere daran ebenfalls nichts, da es sich um keine Wohnungen i. S. d. Gesetzes handele. Als Wohnung seien einzelne oder mehrere Räume anzusehen, die zur Führung eines eigenen Haushalts geeignet und zu diesem Zweck jeweils mit eigener Küche, eigener Wasserversorgung und Toilette ausgestattet seien. Es müsse dabei ein erkennbarer Abschluss der Wohnung vorhanden sein. Ob im Einzelfall eine Wohnung anzunehmen sei, richte sich nach der baulichen Gestaltung und der Zweckbestimmung der jeweiligen Unterkunft. In dem zugrunde liegenden Fall sei der Begriff der Wohnung nicht erfüllt. Es sei kein Abschluss als Wohnung erkennbar. Die dort untergebrachten Soldaten müssten die ihnen zur Verfügung stehende Kochgelegenheit gemeinsam benutzen. Ein selbständiges Führen eines eigenen Haushalts sei objektiv und tatsächlich nicht möglich. Ebenso verfügten diese Unterkünfte auch nicht über eine Waschgelegenheit (Waschmaschine), die für das Führen eines eigenen Haushals zwingend erforderlich sei. Ein Haushaltsraum mit einer Waschmaschine und einem Trockner befinde sich auf dem jeweiligen Stockwerk und stehe allen US-Streitkräften zur Verfügung. Der BFH habe in seinem Urteil vom 24. November 1978 Az III R 55/76 ausgeführt, dass selbst Räumlichkeiten von einer Größe von ca. 22 m2 und eigener Waschvorrichtung nicht der Grundsteuer unterlägen. Nicht anders sei der zugrunde liegende Sachverhalt zu bewerten. Mangels Vorliegens der Grundsteuerpflicht sei der Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid rechtswidrig.
Der Beklagte hat mit geändertem Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 1.1.2006) und geändertem Grundsteuermessbescheid (Neuveranlagung auf den 1.1.2006), jeweils vom 26. September 2007, die Nebenräume des Gebäudes 2486 und die Kfz-Stellplätze (Gebäude 2484) nicht mehr als grundsteuerpflichtig angesehen und insoweit den Einheitswertbescheid und den Grundsteuermessbescheid auf die 60 Doppelappartements des Gebäudes 2486 beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
den Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid vom 26. September 2007 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass jedes Doppelappartement mit Kochgelegenheit, Dusche und eigener Toilette ausgestattet sei und daher den Wohnungsbegriff erfülle. Darüber hinaus bestehe - so die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - insoweit eine Parallele zu den so genannten Studentenappartements, die vom Bundesfinanzhof - BFH - als Wohnungen eingestuft worden seien.
Gründe
I. Mit dem Einheitswertbescheid vom 26. September 2007, der gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - Gegenstand des Verfahrens geworden ist, hat der Beklagte der Klägerin die begehrte Grundsteuerbefreiung ausdrücklich versagt. Damit hat er die Entscheidung über den Umfang der Grundsteuerpflicht in das Verfahren zur Feststellung des Einheitswerts verlegt. In diesem Fall kann die Klägerin ihr behauptetes Recht auf Grundsteuerbefreiung mit der Anfechtungsklage gegen den Einheitswertbescheid geltend machen (BFH-Urteile vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BStBl II 1986, 128, und vom 15. März 2001 II R 38/99, BFH/NV 2001, 1449).
II. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Denn entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei den streitbefangenen Appartements nicht um Wohnungen i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG, so dass die bewertungsrechtliche Zuordnung als Mietwohngrundstück gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 BewG ausscheidet und insgesamt die Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG zum Tragen kommt.
1. Da das streitbefangene Grundstück (als sonstiges bebautes Grundstück i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 6 BewG) insgesamt von der Grundsteuer befreit ist und damit auch die Feststellung eines Einheitswerts deswegen für keine Steuer von Bedeutung wäre (§ 19 Abs. 4 BewG), war allein schon deshalb der Einheitswertbescheid aufzuheben. Denn eine vollständige Befreiung des Grundstücks von der Grundsteuer nach § 3 GrStG ist vorliegend deshalb gegeben, weil das auf dem Grundstück befindliche Gebäude 2486 keine Wohnung enthält, so dass eine Steuerpflicht nach § 5 Abs. 2 GrStG hier ausscheidet.
2. Das GrStG erläutert den Begriff der „Wohnung” nicht. In Abschn. 24 Abs. 2 der Grundsteuerrichtlinien (GrStR) ist dazu bestimmt, dass als Wohnung einzelne oder mehrere Räume anzusehen sind, die zur Führung eines Haushalts geeignet und zu diesem Zweck jeweils mit Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Toilette ausgestattet sind, wobei regelmäßig ein erkennbarer Abschluss der Wohnung vorhanden sein muss.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zum Bewertungsrecht, der sich auch der erkennende Senat anschließt, ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass sie die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen (vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 24. November 1978 III R 81/76, BStBl II 1979, 255). In gleicher Weise ist grundsätzlich auch der Begriff Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG auszulegen.
In diesem Sinne hat auch der BFH in seinen Urteilen vom 30. April 1982 III R 33/80 (BStBl II 1982, 671) und vom 21. Juli 1993 II R 75/92 (BFH/NV 1994, 410) ausgeführt, dass ein abgeschlossenes Appartement jedenfalls dann schon/noch eine Wohnung darstellt, wenn es aus mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 23 qm besteht und es eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten, aufweist, so dass auf Dauer eine getrennte Haushaltsführung (in einem Wohnheim/einer Gemeinschaftsunterkunft) auf Dauer möglich ist (vgl. die weiteren Nachweise bei Halascinsky in Rössler/Troll, BewG, § 75 Rz 48; Haas, in Gürsching/Stenger, BewG, ErbStG, § 57 BewG Rz 56 ff.).
3. Diese Auslegung entspricht dem Gesamtplan des Gesetzes, auch Grundbesitz, der - wie hier - für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, der zugleich aber Wohnzwecken dient, nur ausnahmsweise von der Grundsteuer zu befreien. Ob in einer Mehrheit von Räumen die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung. Das Bild einer Wohnung nach der Verkehrsauffassung wird aber wesentlich auch durch die örtlichen Verhältnisse mitbestimmt. Deshalb können an eine Wohnung in einer Soldatenunterkunft nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an eine Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus. Denn der Haushalt, der in diesen Appartements geführt wird, kann nicht mit einem solchen verglichen werden, wie er üblicherweise in einem Ein- oder Zweifamilienhaus geführt wird. Den Bewohnern der Soldatenunterkunft steht die Gemeinschaftsverpflegung zur Verfügung mit der Folge, dass die Haushaltsführung allgemein in der Weise eingeschränkt ist, dass auch die Hauptmahlzeiten regelmäßig nicht mehr in der Wohnung selbst zubereitet werden. Dementsprechend sind nach der Verkehrsauffassung auch geringere Anforderungen an Größe und Ausstattung einer Wohnung in einer solchen Unterkunft zu stellen.
4. Nach erfolgter Inaugenscheinnahme der in den Einheitswertakten abgehefteten Baupläne hat der Senat hier die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei den streitbefangenen Appartements nicht, wovon der Beklagte ausgeht, um Doppelappartements handelt, sondern um jeweilige Einzelappartements. Hierfür spricht einerseits der jeweilige Raumzuschnitt als auch der Umstand, dass jedes dieser Einzelappartements über einen separaten Zugang zum Kasernenflur verfügt. In dem Bestehen eines jeweils getrennten Zugangs sieht der Senat hier einen gewichtigen tatsächlichen Unterschied zu dem vom BFH entschiedenen Fall zu Studentenappartements. Dort etwa (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1993 II R 75/92, a.a.O.) beinhaltete ein Zwei-Zimmer-Appartement zwei getrennte Wohn-/Schlafräume, wobei beide Räume über einen gemeinsamen Flur zu erreichen waren, in dem sich auch die gemeinsame Kochecke befand und von dem man zu einem Sanitärraum mit Dusche und Toilette gelangte. Das Appartement wurde über eine Flurabschlusstür betreten, mit der zugleich die Trennung von anderen Räumen/Appartements erreicht wurde.
5. Auch wenn die Anforderungen hiernach durch die eingeschränkte Haushaltsführung bestimmt werden, hält der Senat die hier gegebene Notwendigkeit, die Küche zwischen den jeweils abgeschlossenen Einzelappartements mit dem Appartementnachbarn teilen zu müssen, bzw. eine Nutzung nur in jeweiliger Absprache mit dem Appartementnachbarn vornehmen zu können, für nicht ausreichend. Da jedes Einzelappartement über einen eigenen getrennten Zugang verfügt, liegt insoweit in jedem dieser Einzelappartements eine abgeschlossene Wohneinheit vor, die mangels einer eigenen Kochgelegenheit und fehlender Mindestgröße (nämlich mindestens 23 m) noch nicht die Anforderungen an eine Wohnung erfüllt. Insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende bauliche Gegebenheit auch von dem der BFH-Entscheidung vom 11. April 2006 (II R 77/04, BFH/NV 2006, 1707) zugrunde liegenden Fall von mehreren zusammenhängenden Räumen in einem Heim für schwerbehinderte Kinder und Jugendliche, in dem dort der Wohnungsbegriff als erfüllt angesehen wurde. Denn entscheidend war dort, dass in dem jeweils abgeschlossenen Wohnbereich u.a. neben Bad und/oder Dusche auch eine Küche integriert war, so dass die gesamte Einheit, ungeachtet der Tatsache dass keiner der Bewohner über eine eigene Wohnung verfügte, als Wohnungseinheit beurteilt werden konnte. Hiervon kann nach Inaugenscheinnahme der Bauzeichnungen keine Rede sein. Vielmehr stellt sich die insoweit für die Haushaltsführung unerlässliche Küche bautechnisch lediglich als Verbindungstrakt zwischen den Einzelappartements dar, so dass - ungeachtet der insgesamt guten Gebäudeausstattung - eine bloße kasernenmäßige Unterbringung vorliegt und es damit auch hinsichtlich der Appartements an den für die Versagung der Grundsteuerbefreiung erforderlichen Wohnungen fehlt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung -ZPO -.
V. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen.