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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 21.03.2002 – 5 K 189/98

    - Wer tatsächlich Leistender und Leistungsempfänger ist, ergibt sich im Allgemeinen aus den dem Umsatz zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis (zivilrechtliche Rechtsbeziehungen). Es gibt keinen Gutglaubensschutz des Leistungsempfängers.


    - Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt.


    - Berechtigtes Handeln in oder unter fremdem Namen ist dem Namensträger und nicht dem Handelnden zurechnen. Zivilrechtlich sind die §§ 164 ff. BGB entsprechend anzuwenden.


    Tatbestand

    Die Klägerin ist selbständig tätig und betreibt einen Handel mit Nutzfahrzeugen und Baumaschinen. Einen Teil der Fahrzeuge, mit denen sie Handel trieb, erwarb sie von der Firma Merc. in Hamburg.

    Frau J. hat am 23. Februar 1989 unter ihrem Namen ein Gewerbe „Einzelhandel mit Waren aller Art, ausgenommen erlaubnispflichtige Warenarten” angemeldet. Die von ihr unter dem 23.02.1990 beantragte Handelsregistereintragung der Firma „J. Merc.” ist vom zuständigen Registergericht zurückgewiesen worden. Mit Vertrag vom 22. Februar 1989 mietete Frau J. von der Firma P. Office zum 1. März 1989 einen Büroraum für die Firma Merc. unter der Anschrift G-wall in H. Am 1. Juli 1989 wurde der Vertrag in einen Servicevertrag für eine Domiziladresse umgewandelt. Der Vertrag sah folgende Leistungen vor: „Entgegennahme von Anrufen unter eigener Durchrufnummer, Notierung der eingehenden Gespräche, Annahme von Postsendungen unter Bereitstellung eines eigenen Briefkastens, Nutzung der P. Office-Telex- und Telefaxnummer, Empfangsservice”. Die eingerichteten Geschäftskonten lauten auf den Namen von Frau J..

    Frau J. ist dabei stets in Begleitung und auf Anweisung von Herrn P. tätig geworden. Herr P. ist - im Gegensatz zu Frau J. - geschäftlich erfahren. Er verfügt aufgrund seiner vorherigen Tätigkeit insbesondere über einschlägige Erfahrungen im Kfz-Handel. Diese hat er seinerzeit genutzt, um Fahrzeuge einzukaufen (i.d.R. „Schwarzeinkäufe”) und anschließend an verschiedene Händler (u.a. die Klägerin) weiterzuverkaufen. Dabei trat er stets als Angestellter von Frau J. auf und wies sich durch eine Ablichtung der Gewerbeanmeldung entsprechend aus. Die Geschäfte wurden ausschließlich von Herrn P. abgewickelt. Dieser hatte auch Einzelvollmacht für zwei Geschäftskonten, die auf den Namen von Frau J. lauten. Eine schriftliche Vollmacht ist Herrn P. nicht erteilt worden.

    Die Klägerin hat in ihrer Umsatzsteuererklärung 1990 Vorsteuern in Höhe von 48.857 DM aus Rechnungen der Firma Merc. geltend gemacht. Der Beklagte hatte diese Vorsteuern zunächst zum Abzug zugelassen. Im Anschluss an eine Mitteilung der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts H. (Steufa) und den Feststellungen aufgrund der Außenprüfung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung G. ging der Beklagte davon aus, dass Frau J. lediglich als „Strohfrau” für Herrn Klaus P. tätig geworden sei und zu keiner Zeit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in den Rechnungen der Firma Merc. aufgeführten Gegenstände gehabt habe. Zur Begründung bezieht sich der Beklagte im Wesentlichen auf die im Rahmen des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durchgeführte Vernehmung von Frau J. vom 13.11.1980, 06.02.1992 und 06.10.1992, auf die Bezug genommen wird. Danach sei diese von Herrn P. und weiteren Personen dazu gedrängt worden, unter ihrem Namen einen Gewerbebetrieb anzumelden. Dies habe sie getan, da ihr als Gegenleistung ein Gehalt angeboten worden sei. Ihre Tätigkeit für die Firma Merc. habe sich darauf beschränkt, eingehende Geschäftspost in Empfang zu nehmen und an P. weiterzuleiten. Die Unterschriften auf den Rechnungsformularen habe sie blanko erteilt; der überwiegende Teil der von der Firma Merc. erteilten Ausgangsrechnungen ist nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft von Herrn Klaus P. unterschrieben worden.

    Aufgrund der Aussage von Frau J. und der strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse betreffend Herrn Klaus P. geht der Beklagte davon aus, dass wirtschaftlicher Eigentümer und leistender Unternehmer Herr Klaus P. und nicht Frau J. gewesen sei. Diese habe zu keinem Zeitpunkt die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in den Rechnungen der Firma Merc. aufgeführten Gegenstände gehabt. Sie habe diese daher auch nicht übertragen können.

    Gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1990, in welchem die Vorsteuer in Höhe von 48.857 DM aus Rechnungen der Firma Merc. nicht mehr zum Vorsteuerabzug zugelassen wurde, wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

    Sie trägt vor, bei der Firma Merc. habe es sich nicht um eine Scheinfirma gehandelt. Die Inhaberin, Frau J., habe die Firma gegründet, die Gewerbeanmeldung vorgenommen, die Gebührenrechnung für die Eintragung in das Handelsregister bezahlt, beim Notar die notarielle Anmeldung der Firma vorgenommen, die Bankkonten eröffnet und die Verträge über Geschäftsräume und Telefon geschlossen.

    Frau J. selbst sei 2-3 mal in der Woche im Büro gewesen. Die Post sei an die Geschäftsanschrift (G-wall) gerichtet gewesen, so dass Frau J. jederzeit über die Geschäftsabläufe informiert gewesen sei. Dass die Post dann an Herrn P. als Bevollmächtigten zur weiteren Bearbeitung und Veranlassung weitergereicht worden sei, entspreche typischen innerbetrieblichen Verfahrensabläufen und sei keinesfalls ungewöhnlich.

    Die Firma Merc. sei auch als zuverlässige Händlerin i.S.d. § 28 Abs. 3 Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) von der zuständigen Straßenverkehrszulassungsbehörde Hamburg anerkannt worden. Denn die von der Firma Merc. an sie (die Klägerin) verkauften Fahrzeugen seien alle mit einem roten Dauerkennzeichen nach § 28 StVZO überführt worden. Die Vergabe eines solchen roten Kennzeichens könne nach der genannten Norm nur bei „nachgewiesenem Bedürfnis” an „zuverlässige Hersteller, Händler und Handwerkern” vergeben werden.

    Dass die Firma Merc. ihre umsatzsteuerrechtlichen Pflichten nicht erfüllt habe, könne nicht dazu führen, ihr die Unternehmereigenschaft abzuerkennen.

    Schließlich verweist die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28. Januar 1999 (V R 4/98 BStBl II 1999, 628), wonach auch der sog. Strohmann, der im eigenen Namen Gegenstände verkaufe und damit bewirke, dass dem Abnehmer die Verfügungsmacht daran eingeräumt würde, umsatzsteuerrechtlich Leistender und damit Unternehmer sein könne.

    Die Klägerin beantragt,

    weitere Vorsteuern in Höhe von 48.857 DM zum Abzug zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im BP-Bericht und in der Anklageschrift. Darüber hinaus wird vorgetragen, dass Herr P. nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts H. vom 10. März 1999 wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden sein. Nach den Feststellungen des genannten Urteils seien die Lieferungen der Fahrzeuge Herrn Klaus P. zuzurechnen, so dass dieser – und nicht Frau J. – als Unternehmer tätig geworden sei.

    Das Gericht hat über die Geschäftsbeziehungen der Klägerin zur Firma Merc. Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J., Horst G., Wilfried H., Bernhard H. und Hinrich B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.3.2002 Bezug genommen. Dem Gericht haben die Strafakten des Landgerichts H. betreffend Frau J. und Herrn P. vorgelegen. Herr P. hat sich nach seiner Verurteilung dem Haftantritt durch Flucht entzogen. Er ist international zur Fahndung ausgeschrieben.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Firma Merc. (Inh. J.) nicht zu. Mangels selbständigen Tätigwerdens von Frau J. fehlt es an der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG erforderlich Unternehmereigenschaft des Leistenden.

    1. Die streitbefangenen Lkw-Lieferungen sind Frau J. zuzurechnen. Diese ist Leistende, weil Herr P. berechtigterweise in ihrem Namen aufgetreten ist.

    Wer tatsächlich Leistender und Leistungsempfänger ist, ergibt sich im allgemeinen aus den dem Umsatz zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis (zivilrechtliche Rechtsbeziehungen, st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urt. v. 28.11.1990,BStBl II 1991, 381; v. 9.3.1995, BStBl II 1995, 564).

    Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juni 2000 V R 70/99 UR 2001, 210; vom 28. Januar 1999 V R 4/87 BStBl II 1999, 628). Dem sog. Strohmann sind Umsätze zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns ausgeführt hat (BFH-Urteil vom 25. Juni 1999,BFH/NV 1999, 1649).

    Berechtigtes Handeln in oder unter fremden Namen ist dem Namensträger und nicht dem Handelnden zuzurechnen. Zivilrechtlich sind hier §§ 164 ff., insbes. §§ 177, 179 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden (Wagner, in: Sölch/Ringleb, § 15 Rz. 152 m.w.N.).

    Eine ausdrückliche Bevollmächtigung des Herrn P. nach § 167 BGB ist nicht erfolgt. Frau J. hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, diesem keine schriftliche Vollmacht erteilt zu haben. In den Steuer- und Ermittlungsakten befindet sich auch keine schriftliche Vollmacht. Frau J. hat auch nicht der Klägerin gegenüber (Außenvollmacht i.S.d. § 167 BGB) erklärt, dass eine Vertretung durch Herrn P. erfolgen soll. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass bei dem ersten Geschäftsabschluss Herr P. Frau J. als seine „Chefin” vorgestellt habe. Bei der Zeugenbefragung konnte allerdings keiner der für den Einkauf zuständigen Mitarbeiter und Zeugen bestätigen, dass es sich bei der Frau, die ihnen damals als „Chefin” von Herrn P. vorgestellt worden sei, um die im Gerichtssaal anwesende Frau J. handele.

    Das Gericht geht aber von einer Bevollmächtigung nach Rechtsscheinsgrundsätzen aus. Wer es duldet, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, muss sich dessen Verhalten nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht auch dann zurechnen lassen, wenn er keinen Bevollmächtigungswillen hatte (Palandt-Heinrichs, BGB, § 173 Rz. 9 ff m.w.N.). Zwar hat Frau J. ausgesagt, sie habe zunächst nicht gewusst, dass Herr P. unter dem Namen der Firma Merc. Nutzfahrzeuge an- und verkauft habe; sie sei vielmehr von einer bloßen „Repräsentationstätigkeit” ausgegangen. Sie hat aber in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie im weiteren Verlauf ihrer angeblichen „Repräsentationstätigkeit” misstrauisch geworden sei und dann durch Öffnen der Geschäftspost von der tatsächlichen Tätigkeit des Herrn P. für die Firma Merc. erfahren habe. Das Öffnen der Post sei von ihr ca. 5-6 Monate nach Anmietung des Büros am G-wall (Februar 1989) erfolgt. Folglich war ihr spätestens seit August 1989 bekannt, dass Herr P. im Namen der Firma Merc. Nutzfahrzeuge an- und verkauft. Diese Geschäftstätigkeit von Herrn P. hat sie bewusst geduldet. Sie hat diesen Rechtsschein der Bevollmächtigung nicht entkräftet, sie hat insbesondere den Geschäftspartnern (mithin auch die Klägerin) gegenüber nicht erklärt oder zum Ausdruck gebracht, dass Herr P. nicht ihr Vertreter ist. Vielmehr hat sie Herrn P. sogar Blanko-Unterschriften erteilt und ihm dadurch ein geschäftliches Auftreten für die Firma Merc. erst ermöglicht oder zumindest doch erleichtert.

    In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage von Frau J. zu würdigen, wonach sie zumindest für ein Geschäftskonto alleinverfügungsberechtigt gewesen sei, weil nur sie das Geheimwort gekannt habe. Tatsächlich habe sie – so die Zeugin weiter - auch einmalig über dieses Konto verfügt und 20.000 DM abgehoben. Insofern musste ihr bekannt sein, dass über das auf ihren Namen lautende Geschäftskonto Zahlungen abgewickelt wurden, die nur mit einer Geschäftstätigkeit des Herrn P. in Zusammenhang stehen konnten. Auch hier hat Frau J. nichts unternommen, was erkennen ließe, dass sie damit seinerzeit nicht einverstanden gewesen sei. Insofern hat Frau J. den Rechtsschein dafür gesetzt, dass die Klägerin darauf vertrauen durfte, dass die von ihr begebenen Schecks an Herrn P. auch dem Konto des Leistenden, also Frau J., gutgeschrieben wurden. Eine entsprechende Bankabfrage hat die Klägerin nach der glaubhaften Aussage des Buchhalters und Zeugen Herzig bei jeder Scheckbegebung vorgenommen.

    2. Der Vorsteuerabzug scheitert jedoch daran, dass Frau J. als Leistende mangels selbständigen Tätigwerdens nicht als Unternehmer(in) i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen ist.

    Nur die selbständige Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit macht jemanden zum Unternehmen (Heidner, in: Bunjes/Geist, § 2 Rz. 81 ff m.w.N.). Das UStG enthält selbst keine Definition der Selbständigkeit, sondern beschreibt in § 2 Abs. 2 Nr. 1 die Nichtselbständigkeit. Durch Umkehrschluss können die Voraussetzungen für eine selbständige Tätigkeit hergeleitet werden. Die Selbständigkeit ist demzufolge nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse (BFH-Urt. v. 30.10.1969, BStBl 1970, 474; v. 17.10. 1996, DB 97, 209). Wesentlich ist dabei, wer das Risiko der wirtschaftlichen Betätigung trägt und mit der Möglichkeit eines echten unternehmerischen Verlustes rechnen muss (Unternehmerrisiko) und wer die unternehmerische Entscheidung trifft (Unternehmerinitiative).

    Dabei ist das Merkmal der Selbständigkeit nach dem sog Innenverhältnis der beteiligten Personen zu bestimmen (BFH-Urt. v. 17.10.1996,DB 97, 209; v. 12.5.1999, BFH/NV 1999, 1391; ebenso Abschn. 17 Abs. 1 Satz 2 UStR). An dieser herkömmlichen Sichtweise wird neuerdings gezweifelt. So wird vorgebracht, dass das Merkmal der Selbständigkeit nach den für den Empfängerhorizont erkennbaren objektiven Umständen zu bestimmen sei, um das Risiko des Leistungsempfängers angemessen zu begrenzen (Wagner, in: Sölch/Ringleb, § 15 Rz. 302 i.V.m. 162). Der Senat vermag dieser einschränkenden Auslegung nicht zu folgen, weil diese im Ergebnis einen Schutz des guten Glaubens hinsichtlich der Unternehmereigenschaft zur Folge hätte. Einen solchen Gutglaubensschutz kennt das Umsatzsteuerrecht aber nicht (BFH-Urt. v. 1.2.2001,BFH/NV 01, 941; v. 9.7.1998, UR 99, 489; einschränkender allerdings BFH-Urt. v. 30.9.1999,BFH/NV 2000, 353 und vom 9.11.1999 BFH/NV 2000, 611; vgl. auch jüngst das Vorabentscheidungsersuchen des BFH v. 22.11.2001 – V R 61/00 - zum Abzugsverfahren nach §§ 51 ff UStDV). Der Senat hält daher an der herkömmlichen Sichtweise fest, wonach das Merkmal der Selbständigkeit sich auch dann nach dem sog. Innenverhältnis zwischen den Beteiligten (hier: Frau J. und Herrn P.) richtet, wenn dieses dem Leistungsempfänger (der Klägerin) nicht bekannt gewesen ist.

    Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass Frau J. nicht selbständig tätig geworden ist. Sie hat weder Unternehmerinitiative entwickelt noch ein echtes Unternehmerrisiko getragen.

    Die Gewerbeanmeldung und die Anmietung des Büroservices erfolgten von ihr nicht aufgrund einer freien unternehmerischen Entscheidung sondern aufgrund des von Herrn P. gefassten Tatplans, in welchem Frau J. lediglich als Namensgeberin fungierte. Sie hatte keine eigene Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der unternehmerischen Geschäftstätigkeit. Diese wurde vielmehr ausschließlich von dem in der Kfz-Branche erfahrenen Herrn P. wahrgenommen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die glaubhafte Aussage der Zeugin J. und die Feststellungen des Landgerichts H. in dem Urteil vom 10.3.1999, welche er sich ausdrücklich zu eigen macht.

    Frau J. hat auch kein Unternehmerrisiko getragen. Das ihr in Aussicht gestellte Nettoentgelt von 2.000 DM monatlich ist als Gehalt für Botendienste (Postübergabe etc.) anzusehen; tatsächlich sind ihr die vereinbarten 2.000 DM – nach eigener Aussage – auch gar nicht bzw. nicht in der vereinbarten Höhe zugeflossen. Der Verlust des Gehalts nach dem Bekanntwerden der Umsatzsteuerhinterziehung stellt ein typisches Arbeitnehmerrisiko dar; die ihr verbleibenden Schulden bei Banken und dem Finanzamt sind nicht Folge ihrer unternehmerischen Tätigkeit, sondern Ergebnis einer strafbaren Handlung des Herrn P.. Die Kosten für die Büromiete sind Frau J. von Herrn P. erstattet worden; an dem Gewinn der eigentlichen Geschäftstätigkeit war sie nicht beteiligt. Insoweit hält der Senat die Aussage der Zeugin für glaubhaft, dass sie keine Gelder für eigene Zwecke von den Geschäftskonten abgehoben habe. Die – in der mündlichen Verhandlung zugestandene – einmalige Abhebung eines Betrages von 20.000 DM, von dem sie – ihrem eigenen glaubhaften Vortrag zufolge - 19.000 DM an einen Herrn Harald Sch. ausgehändigt haben will, führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung.

    Dementsprechend war der begehrte Vorsteuerabzug zu versagen, weil es an der Unternehmereigenschaft des Leistenden fehlt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    VorschriftenUStG § 15 Abs. 1 Satz 1, BGB § 164