· Nachricht · § 10 EStG
Übermittlung der Vorsorgeaufwendungen durch Datenfernübertragung: Ohne Zustimmung kein Sonderausgabenabzug
| Ein unbeschränkter Sonderausgabenabzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist nicht möglich, wenn der Steuerpflichtige nicht in die elektronische Datenübermittlung der Vorsorgeaufwendungen eingewilligt hat. Dieses Vorgehen ist nicht verfassungswidrig und verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch bei Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der Krankenkasse bzw. -versicherung über die Höhe der Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeiträge ist in diesem Fall der unbeschränkte Abzug der Versicherungsbeiträge ausgeschlossen. |
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige zahlte im Streitjahr Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von rund 2.700 EUR. Der Übermittlung der Beitragshöhe an eine zentrale Stelle hatte er widersprochen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht vollständig berücksichtigt, weil die Aufwendungen aufgrund der fehlenden Einwilligung in die Datenübermittlung nicht zu berücksichtigen waren. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die nachfolgend eingelegte Klage.
Entscheidung
Das FG stellte klar, dass nach der Gesetzeslage Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG nur berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige gegenüber dem Versicherungsunternehmen, dem Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung oder der Künstlersozialkasse in die Datenübermittlung nach Absatz 2a eingewilligt hat.
Da im Streitfall diese Einwilligung nicht erfolgt war, kam § 10 Abs. 4 S. 4 EStG - der den vollen Abzug zulässt - für die Beiträge des Steuerpflichtigen nicht zur Anwendung, da dieser nur auf Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG abstellt und nicht auf solche nach Nr. 3a. Raum für die vollständige Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen aufgrund der vorgelegten Papierbescheinigung lässt die gesetzliche Regelung nicht.
Das FG hielt die streitentscheidenden Regelungen in § 10 EStG auch nicht für verfassungswidrig. Soweit überhaupt ein Eingriff in grundgesetzlich geschützte Rechte des Steuerpflichtigen erfolgt ist, ist dieser gerechtfertigt. Es verweist hierzu auf eine Grundsatzentscheidung des BFH vom 18.1.2012 (II R 49/10, BStBl II 12, 168) zur Verfassungsmäßigkeit der Zuteilung der Steueridentifikationsnummer und der Datenspeicherung. Danach verstößt die Datenspeicherung und -mitteilung nicht gegen Verfassungsrecht.
Selbst wenn man in der Datenübertragung vom Versicherer an die Finanzbehörden eine Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sehen sollte, wäre diese gerechtfertigt. Denn Ziel der Datenerhebung, -speicherung und -weiterleitung ist es, auf effektive Weise sowohl hinsichtlich der Festsetzung als auch der Erhebung von Steuern für Belastungsgleichheit zu sorgen, was ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung ist. Der Gesetzgeber muss daher das materielle Steuergesetz in ein verfahrensrechtliches Umfeld einbetten, das grundsätzlich geeignet ist, die tatsächliche Leistungsgleichheit der Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Bei der Erleichterung des Steuerverfahrens, der vollständigen Erfassung der Steuerquellen und der Sicherstellung der gesetzmäßigen, d. h. insbesondere gleichmäßigen Besteuerung, handelt es sich um öffentliche Interessen, die im Rechtsstaatsprinzip und Gleichbehandlungsgebot verankert sind.
Fundstelle
- FG Brandenburg 17.11.16, 13 K 13119/15, astw.iww.de, Abruf-Nr. 191684