· Fachbeitrag · § 13 ErbStG
Steuerbefreiung nur bei unverzüglicher Selbstnutzung einer geerbten Wohnung
| Das FG Münster hat eine Entscheidung zum Begriff der unverzüglichen Nutzung des Erben einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken getroffen. |
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige ist neben seinem Bruder Miterbe seines Vaters. Laut Testament sollte er jedoch das Alleineigentum an dem vom Vater selbst bewohnten Zweifamilienhaus erlangen. Der Steuerpflichtige beabsichtigte, das Haus nach der Eigentumsumschreibung auf ihn und nach Durchführung umfangreicher Renovierungen als Wohnung zu beziehen. Die Eintragung im Grundbuch verzögerte sich allerdings erheblich, da u. a. für den Bruder ein Ergänzungspfleger bestellt werden und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eingeholt werden musste.
Der Beginn der Renovierungen erfolgte dann erst mehr als sechs Monate nach Eintragung im Grundbuch. Danach zog der Steuerpflichtige in das Haus ein. Das FA lehnte die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ab, da die bloße Widmung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken durch den Erben nicht ausreiche und der Umzug in das neue Familienheim nicht unverzüglich erfolgt sei.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung lägen nicht vor. Die Steuerbefreiung setze voraus, dass die bisher vom Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).
Diese Absicht der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken ist nachgewiesen, wenn sie auch tatsächlich durch Einzug in die Wohnung umgesetzt wird und der Erbe die Wohnung als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt. Eine bloße Widmung zur Selbstnutzung ist nicht ausreichend. Darüber muss sich nach dem Gesetzeszweck in der geerbten Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben befinden. Durch die Steuerbefreiung soll nur das Familiengebrauchsvermögen privilegiert und krisenfest erhalten werden.
Zwar hatte der Steuerpflichtige tatsächlich die Absicht, das geerbte Haus für eigene Wohnzwecke zu nutzen. Jedoch ist diese Nutzung nicht unverzüglich nach dem Erbfall erfolgt. Dies ist nur der Fall, wenn die Nutzung innerhalb einer in der Regel angemessenen sechsmonatigen Frist erfolgt. Ein längerer Zeitraum ist unschädlich, wenn der Erwerber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, erst später die Wohnung nutzt. Hier ist der Zeitraum zwischen Erbfall und Eintragung im Grundbuch unschädlich.
Im Streitfall waren allerdings seit der Eigentumsumschreibung weit mehr als sechs Monate verstrichen, ohne dass Maßnahmen ersichtlich waren, die auf eine unverzügliche Bestimmung des Steuerpflichtigen zur Selbstnutzung des Hauses schließen lassen.
Das FG hat die Revision zur Fortbildung des Rechts und im Hinblick auf das bereits anhängige Revisionsverfahren II R 32/15 zugelassen.
PRAXISHINWEIS | Erben Kinder von ihren Eltern bzw. Elternteilen eine Wohnung oder ein Haus, das von diesen zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist, muss der Erbe bzw. müssen die Erben diesen Grundbesitz unverzüglich, also ohne schuldhaftes Verzögern, ebenfalls zu eigenen Wohnzwecken als Familienheim, also als Mittelpunkt des familiären Lebens nutzen. Bei Erwerb eines stark renovierungsbedürftigen Hauses muss daher innerhalb von sechs Monaten seit Eintragung im Grundbuch mit den Reparaturen begonnen werden, um nicht die Steuerbefreiung zu verlieren. |
Beachten Sie | Bei mehreren Miterben erhält nur derjenige die Befreiung, der tatsächlich in die Wohnung bzw. das Haus einzieht. Es empfiehlt sich daher, dass der Erbe, der die Wohnung selbst allein nutzen will, das Alleineigentum hieran erhält, da ihm dann die gesamte Steuerbefreiung zusteht (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 4 ErbStG).
Fundstelle
- FG Münster 28.9.16, 3 K 3793/15 Erb, astw.iww.de, Abruf-Nr. 190316