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  • · Nachricht · § 22 EStG

    Kapitalleistungen schweizerischer Versorgungseinrichtungen an deutsche Grenzgänger

    | Streitig war in vier vor dem BFH anhängigen Verfahren die Besteuerung von Kapitalleistungen, die deutsche Steuerpflichtige, die im Inland wohnen, aber in der Schweiz gearbeitet haben bzw. noch arbeiten (sog. Grenzgänger), im Rahmen der schweizerischen betrieblichen Altersvorsorge beziehen. |

     

    Bei der inländischen steuerlichen Beurteilung der Leistungen aus schweizerischen Pensionskassen privater Arbeitgeber ist zunächst zwischen der nach der schweizerischen Altersvorsorge gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabsicherung (sog. Obligatorium) und den darüber hinausgehenden freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers (sog. Überobligatorium) zu unterscheiden.

     

    Eine Kapitalabfindung, die einem ehemaligen Grenzgänger von seinem privaten Arbeitgeber nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes ab 2005 zur Abfindung seines obligatorischen und überobligatorischen Rentenanspruchs gegen die Pensionskasse geleistet wird, ist nur insoweit als „andere Leistung“ aus einer gesetzlichen Rentenversicherung i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem danach vorgesehenen Besteuerungsanteil, dessen Höhe sich nach dem Jahr richtet, in dem die Rente beginnt, zu besteuern, als die Kapitalleistungen aus dem Obligatorium erfolgen.

     

    Die darüber hinausgehenden Kapitalleistungen aus dem Überobligatorium der Pensionskasse basieren auf einem privatrechtlichen Vorsorgeverhältnis. Dies hat für die Besteuerung zur Folge, dass sie als Kapitalleistung aus einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht anzusehen ist und bei einer mehr als zwölfjährigen Zugehörigkeit und Beitragsleistung des Steuerpflichtigen an die Pensionskasse steuerfrei bleiben, sofern der Versicherungsbeginn vor 2005 lag (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der am 31.12.04 geltenden Fassung).

     

    Auch ein sog. Vorbezug aus der Pensionskasse eines privatrechtlichen Arbeitgebers an einen (erwerbstätigen) Grenzgänger (Einmalzahlung der Pensionskasse im Streitjahr 2005 zur Förderung des Erwerbs von Wohnraum) ist teilweise als steuerpflichtige „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (Zahlung aus dem Obligatorium) und teilweise gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG (Zahlung aus dem Überobligatorium) als steuerfreie Auszahlung aus einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht zu behandeln.

     

    Entsprechend ist eine im Jahr 2001 wegen des endgültigen Verlassens der Schweiz gezahlte Austrittsleistung einer dem Bereich der überobligatorischen betrieblichen Altersvorsorge zuzurechnenden Stiftung für Mitarbeiter-Gewinnbeteiligung (sog. Anlagenstiftung eines privaten schweizerischen Arbeitgebers) als eine steuerfreie Kapitalleistung aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung zu qualifizieren, wenn der Grenzgänger der Anlagenstiftung im Zeitpunkt der Auszahlung mehr als zwölf Jahre angehört hatte und vor dem 1.1.2005 beigetreten war.

     

    Nicht im Inland steuerbar sind dagegen Austrittsleistungen, die einem Grenzgänger von einer schweizerischen Anlagestiftung aufgrund des Wechsels zu einem neuen schweizerischen Arbeitgeber gewährt werden und aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung unmittelbar auf ein sog. Freizügigkeitskonto des Grenzgängers als Eintrittsleistung gezahlt werden.

     

    Beiträge des schweizerischen Arbeitgebers zu einer schweizerischen Anlagestiftung, die nur im überobligatorischen Bereich der schweizerischen betrieblichen Altersvorsorge eine Absicherung gewährt und mit der der Grenzgänger eine privatrechtliche Vorsorgevereinbarung abgeschlossen hat, fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG. Denn hierfür ist wie im Inlandsfall Voraussetzung, dass der Grenzgänger von der schweizerischen gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Dagegen sind auch nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes ab 2005 obligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer privaten schweizerischen Pensionskasse sowie Arbeitgeberleistungen zur schweizerischen Alters- und Hinterlassenen- und Invalidenversicherung gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei. Überobligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse sind als Beiträge i.S. des § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG innerhalb der Grenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG steuerfrei. Auf die danach steuerfreien Arbeitgeberleistungen sind die gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers anzurechnen.

     

    Hinweis | Die vorstehenden Grundsätze zu Austrittsleistungen finden auf Kapitalleistungen aus Pensionskassen öffentlich-rechtlicher schweizerischer Arbeitgeber an deutsche Grenzgänger keine Anwendung. Vielmehr ist eine Austrittsleistung aus einer solchen Pensionskasse als einheitliche „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusehen, da sie auf einem einheitlichen öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen einer öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgeeinrichtung und dem versicherten Arbeitnehmer beruhen (so bereits BFH 23.10.13, X R 33/10, BStBl II 14, 103).

     

    Fundstellen

    Quelle: ID 43501354