· Fachbeitrag · Allgemeiner Mindestlohn ab 1.1.15
Vergütungscheck und was man sonst noch vor dem 31.12.14 überlegen sollte
| Ab dem 1.1.15 gilt der gesetzliche Mindestlohn von brutto 8,50 EUR je Zeitstunde flächendeckend in Ost und West gleichermaßen. So bestimmt der § 1 Abs. 2 des neuen Mindestlohngesetzes (MiLoG), das der Deutsche Bundestag am 3.7.14 verabschiedet hat. Was zunächst wie ein reines Rechenexempel klingt, weist im Detail Tücken und vor allen Dingen auch Risiken speziell für Arbeitgeber auf. Wer vor unerwarteten und unangenehmen Überraschungen sicher sein will, sollte einige neue Eckdaten bereits jetzt kennen und möglichst noch bis zum 31.12.14 entsprechende Vorkehrungen treffen. |
Einfach ist anders ‒ Eckpunkte der neuen Regelungen
Zunächst muss man wissen, welche Lohn- und Gehaltsbestandteile zum Mindestlohn gehören und welche nicht. Eine Übersicht hierzu findet man auf der Internetseite des Zolls, der für die Überwachung der Mindestlohnvorschriften bereits bisher in den Branchen zuständig ist. Dort findet man unter dem Stichwort „Mindestlohn, Lohnuntergrenze “ Hinweise zur Ermittlung des Mindestlohns. Dabei sind folgende Eckpunkte zu beachten:
- Bei dem Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn.
- Zulagen oder Zuschläge werden als Bestandteile des Mindestlohns berücksichtigt, wenn ihre Zahlung nicht von einer Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängt, die von der im Tarifvertrag vorgesehenen Normalleistung abweicht. Das bedeutet insbesondere, dass z.B. Erschwerniszulagen, Akkordzuschläge oder Nachtzuschläge nicht beim Mindestlohn berücksichtigt werden.
- Leistungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld dagegen können als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden, wenn sie zu einem bestimmten Fälligkeitstag unwiderruflich ausgezahlt werden.
Neue Nachweis- und Dokumentationspflichten
Gleichzeitig wird im MiLoG geregelt, dass die Einhaltung der Mindestlohnbestimmungen nachzuweisen ist, woraus entsprechende Dokumentationspflichten folgen. Dabei sind folgende Vorschriften zu beachten:
- § 13 MiLoG: Beauftragt ein Arbeitgeber einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen, dann haftet er dafür, dass dieser Unternehmer oder ein weiterer Nachunternehmer seinen Beschäftigten den Mindestlohn zahlt. Diese Haftung des Auftraggebers ist § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz nachgebildet. Das heißt, betroffene Unternehmen müssen die organisatorischen Vorbereitungen treffen, um bei einer Prüfung der dafür zuständigen Zollbehörden die entsprechenden Nachweise erbringen zu können.
- § 17 Abs. 1 MiLoG: Speziell bei der Beschäftigung von geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern sind Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit laufend spätestens bis zum Ablauf des 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und im Prüfungsfall den Zollbehörden vorzulegen. Lediglich geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten sind hiervon ausgenommen.
- § 22 Abs. 1 MiloG in Verbindung mit § 2 Nachweisgesetz: Auch Praktikanten haben einen Anspruch auf den Mindestlohn, soweit nicht einer der im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände vorliegt. Die entsprechenden Vereinbarungen sind laut Nachweisgesetz unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrags, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, schriftlich mit den Mindestinhalten niederzulegen. Die Niederschrift muss unterzeichnet werden und dem Praktikanten ausgehändigt werden.
Genaue Regeln für Zeitwertkonten beachten
Spezielle Vorschriften gelten auch für Zeitwertkonten. Hier sind jetzt die Grenzen des MiLoG einzuhalten, wonach die aufgesparten Stunden nicht über 50 % der monatlichen Normalstunden liegen dürfen. Restguthaben müssen spätestens zwölf Monate nach Ablauf eines Kalenderjahres nach Einstellung auf dem Zeitwertkonto durch Freizeit oder Auszahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2 MiLoG). Diese Regeln sind nicht auf Wertguthaben i.S.d. SGB IV anzuwenden. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die Ansprüche aus Zeitwertkonten ansonsten spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.
Böse Fallen vermeiden bei Minijobs
Fallen drohen insbesondere bei Minijobbern. Hier herrscht bei vielen Arbeitgebern die Vorstellung vor, dass nur die Stunden bezahlt werden müssen, die auch tatsächlich gearbeitet werden. Arbeitsrechtlich ist es jedoch so, dass Minijobber ganz normale Teilzeitbeschäftigte sind und damit auch entsprechend Anspruch auf bezahlten Urlaub und auch bezahlte Krankheitstage haben. Im Zusammenhang insbesondere mit dem Anspruchslohn in der Sozialversicherung taucht hier das Problem auf, dass bei Zurechnung des Anspruchslohns möglicherweise die Grenze von 450 EUR überschritten wird und damit sozialversicherungsrechtlich kein Minijob mehr vorliegt.
Besonderheiten bei Gehaltsumwandlung
Probleme können auch bei einer Gehaltsumwandlung auftauchen. Eine Entgeltumwandlung ist unzulässig, wenn sie zu einer Unterschreitung des Mindestlohns führt. Das gilt auch dann, wenn die Entgeltumwandlung ganz oder zum Teil für Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung genutzt wird. Dies wäre nur dann zulässig, wenn der entsprechende Tarifvertrag eine Öffnungsklausel enthält. So ist jedenfalls die derzeitige Handhabung der Deutschen Rentenversicherung Bund, niedergelegt in der Informationsbroschüre „Beitragsabrechnung aus geschuldetem Arbeitsentgelt - insbesondere die Problematik allgemein verbindlicher Tarifverträge“ nach dem Stand von 12/2012.
Geprüft wird vom Zoll
Die Überwachung der Einhaltung der MiLoG-Vorschriften obliegt dem Zoll, der bisher schon im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung unterwegs ist. Arbeitgeber müssen sich hier auf neue Prüfmethoden und Vorlagepflichten einstellen. Speziell kommt der Zoll auch gerne unangemeldet. Dabei ist weiterhin davon auszugehen, dass auch die Einhaltung der Dokumentationspflichten verstärkt vom Zoll geprüft wird. Das betrifft z.B. auch Unternehmen, die Subunternehmer oder Zeitarbeiter einsetzen. Hier müssen die auftraggebenden Unternehmen (Entleiher) ebenfalls genaue Arbeitszeitdokumentationen führen.
Maßnahmen bis zum 31.12.2014
Selbstverständlich sollte jeder Arbeitgeber prüfen, ob der Mindestlohn eingehalten wird. Folgefragen können sein, ob bei der Kalkulation zukünftig Preisaufschläge erforderlich sind. Wenn die unteren Lohngruppen angehoben werden, dann kann dies auch Auswirkungen auf die höheren Gehaltsklassen haben, die dann möglicherweise zur Wahrung des Lohnabstands ebenfalls entsprechende Erhöhungen erwarten. Außerdem kann es im Einzelfall sinnvoll sein, das gesamte Vergütungssystem zu überdenken, damit alle Gehaltsbestandteile auf den Mindestlohn angerechnet werden, also „mindestlohnfest“ sind. Hier kann z.B. eine Änderung bei Sonderzahlungen in Richtung unwiderrufliche Sonderzahlungen sinnvoll sein oder eine Umlage von bestimmten Sonderzahlungen auf den laufenden Lohn, damit diese beim Mindestlohn angerechnet werden.
Eine Durchschnittsberechnung ist nämlich nicht uneingeschränkt zulässig, wenn untertarifliche Löhne mit übertariflichen Zahlungen verrechnet werden sollen. Vielmehr ist der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers „regelmäßig“ für jede einzelne Arbeitsstunde gesondert zu ermitteln.
PRAXISHINWEIS | Da noch unklar ist, wie mit Altguthaben (z.B. Resturlaub oder Zeitwertkonten aus der Zeit vor dem 1.1.15) zu verfahren ist, kann es sinnvoll sein, diese noch möglichst bis zum 31.12.2014 abzubauen, damit nicht schon der Einstieg in den Mindestlohn mit unzulässigen Guthaben beginnt oder diese zu unerwartet hohen Abgeltungsbeträgen führen. |