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Hinzurechnung von Dauerschuldentgelte bei der inländischen Muttergesellschaft
| Der BFH musste darüber entscheiden, ob die Hinzurechnung sog. Dauerschuldentgelte bei der inländischen Muttergesellschaft als Zinsschuldnerin einer belgischen Tochtergesellschaft gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit verstößt. Nach Abschn. 41 Abs. 1 GewStR 1998 unterbleibt in Organschaftsfällen eine Hinzurechnung nach § 8 GewStG a.F., soweit die Hinzurechnung zu einer doppelten steuerlichen Belastung der Dauerschuldzinsen führen würde. Zu einer doppelten Belastung kommt es, wenn die für die Hinzurechnung in Betracht kommenden Beträge in einem der zusammenzurechnenden Gewerbeerträge enthalten sind. Somit unterbleibt eine Hinzurechnung bei Dauerkreditgewährungen zwischen Organträger und Organgesellschaft unabhängig davon, welche der beiden Gesellschaften den Kredit gewährt und welche die Schuldzinsen erbringt. |
Sachverhalt
Die Klägerin wollte die von ihr in den Jahren 1999 bis 2001 an eine von ihr direkt oder indirekt beherrschte belgische Gesellschaft gezahlten Schuldzinsen nicht als Dauerschuldzinsen bei der Berechnung des Gewerbeertrags hinzurechnen.
Entscheidung
Der BFH urteilte, dass die Hinzurechnung sogenannter Dauerschuldentgelte bei der inländischen Muttergesellschaft als Zinsschuldnerin einer belgischen Tochtergesellschaft nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit verstößt. Der in Abschn. 41 Abs. 1 Satz 5 und 6 GewStR 1998 für den gewerbesteuerrechtlichen Organkreis angeordnete Verzicht auf die Hinzurechnungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb nach Maßgabe von § 8 GewStG (1999) setzt voraus, dass die jeweilige Hinzurechnung zu einer doppelten gewerbesteuerlichen Belastung führt. Bei einer - aus Gründen der unionsrechtlichen Gleichbehandlung entgegen § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Nr. 1 bis 3 KStG 1999 als möglich unterstellten - Organschaft zwischen einer inländischen Muttergesellschaft und deren ausländischen (hier: belgischen) Tochtergesellschaft liegt eine Doppelbelastung in diesem Sinne nicht vor. Die bei der Muttergesellschaft nach § 8 Nr. 1 GewStG 1999 vorzunehmende Hinzurechnung von Zinsen, die diese für ein ihr gewährtes Darlehen an die Tochtergesellschaft gezahlt hat, verstößt deswegen nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit.
Erläuterungen
- 1. Zu einer Hinzurechnung wäre es nicht gekommen, wenn die Klägerin (als Organträgerin) mit der belgischen Tochtergesellschaft (als Organgesellschaft) eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft hätte bilden können. Bei einer Organschaft unterbleibt gemäß Abschn. 41 Abs. 1 Satz 5 und 6 GewStR 1998 die Hinzurechnung von Zinsen aus Gesellschafterdarlehen zum Gewerbeertrag, soweit diese zu einer doppelten Belastung führt. Eine doppelte Belastung lag im Streitfall allerdings nicht vor, weil die belgische Gesellschaft als solche und damit auch mit den von ihr vereinnahmten Zinsen nicht der Gewerbesteuer unterlag. Eine zu Abschn. 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6 GewStR 1998 entsprechende Anweisung ist nunmehr in R 7.1 Abs. 5 Satz 3 und 4 GewStR 2009 enthalten. Hinzuweisen ist ergänzend darauf, dass eine Organschaft seit 2014 auch dann vorliegen kann, wenn sich die Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft im Inland befindet und der Sitz entweder im Inland oder in einem EU- oder EWR-Staat ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 KStG).
- 2. Eine Ungleichbehandlung lag im Ergebnis nicht vor. Auch eine ausländische Tochtergesellschaft konnte nach der in den Streitjahren 1999 bis 2001 geltenden Rechtslage jederzeit gewerbesteuerrechtliche Organgesellschaft sein, wenn sie über eine - eingegliederte - inländische Betriebsstätte verfügte. Lediglich ausländische Betriebsstätten blieben unberücksichtigt, was aber in gleicher Weise die ausländischen Betriebsstätten inländischer Organgesellschaften betraf, weil sich die Gewerbesteuer eben „strukturell” auf das Inland beschränkt. In Anbetracht dessen wurden und werden In- und Auslandssachverhalte letzten Endes gleich behandelt.
Fundstelle
- BFH 17.9.14, I R 30/13, astw.iww.de, Abruf-Nr. 173771