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  • · Nachricht · Grunderwerbsteuer

    Aufhebung der Steuerfestsetzung bei Rückerwerb eines Grundstücks

    | Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. | 

    Der BFH hat schon in früheren Entscheidungen aus der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, dass in den Fällen, in denen sich der Erwerber oder der Veräußerer der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs bzw. einer Rückübertragung des Grundstücks aus Rechtsgründen nicht entziehen kann, die Steuer nicht festgesetzt bzw. die Steuerfestsetzung aufgehoben werden soll. Fraglich ist, ob ein Grundstückserwerb, der auf der Übertragung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft beruht, auch dadurch (i.S.v. § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG) rückgängig gemacht werden kann, dass ein Miterbe sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt und der Erwerber die Erbteile unmittelbar auf den vorkaufsberechtigten Miterben überträgt.

     

    Sachverhalt

    Mit mehreren notariell beurkundeten Erbteilskaufverträgen erwarb der Kläger nahezu alle Anteile an einer ungeteilten Erbengemeinschaft. Zum Nachlass gehörten mehrere Grundstücke. Auf dieser Grundlage stellte das FA die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert fest. Eine weitere Miterbin (M) übte im Anschluss hieran ihr gesetzliches Vorkaufsrecht gegenüber dem Kläger aus und machte ihren Anspruch auf Abtretung der Erbteile vor dem Landgericht geltend. Zur Beendigung des Rechtsstreits schlossen der Kläger und M im November 2008 einen gerichtlichen Vergleich, mit dem der Kläger die wirksame Ausübung des Vorkaufsrechts durch M sowie die hieraus folgenden Ansprüche anerkannte und seine Anteile an der Erbengemeinschaft gegen Erstattung des gezahlten Kaufpreises, der anteiligen Guthaben aus dem Hausverwalterkonto sowie weiterer, durch die Erbteilskaufverträge entstandener Kosten auf M übertrug. Den Antrag des Klägers, die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 16 GrEStG aufzuheben, lehnte das FA ab. Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 16 GrEStG seien nicht erfüllt.

     

    Entscheidung

    Die Revision beim BFH war erfolgreich. Der BFH entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der Feststellungsbescheide in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG habe. Die Übertragung eines Erbteils bewirkt danach eine Veränderung der eigentumsmäßigen Zuordnung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke, ist aber keine Verfügung über die Grundstücke selbst. Der Anteilserwerb vollzieht sich mit Abtretung der Erbteile ohne Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Übt ein vorkaufsberechtigter Miterbe nach Übergang der Erbteile auf den Erbteilskäufer sein gesetzliches Vorkaufsrecht aus, entsteht zwischen dem Erbteilserwerber und dem das Vorkaufsrecht ausübenden Miterben ein gesetzliches Schuldverhältnis. Das Vorkaufsrecht erlischt gegenüber dem Anteilsverkäufer mit der Übertragung des Miterbenanteils. Der vorkaufsberechtigte Miterbe erwirbt mit Ausübung des Vorkaufsrechts unmittelbar gegen den Erbteilskäufer einen schuldrechtlichen Anspruch auf Abtretung der Erbteile Zug um Zug gegen Erstattung des gezahlten Kaufpreises und der durch den Erbteilskaufvertrag entstandenen Kosten. Der vorkaufsverpflichtete Anteilskäufer ist nach Ansicht des BFH vor diesem Hintergrund letztlich so zu behandeln, als ob ein Erbteilskaufvertrag zwischen dem Anteilsverkäufer und dem vorkaufsberechtigten Miterben zustande gekommen wäre, der auch ihm gegenüber wirke. Übertrage der Erwerber in einem solchen Fall die Miterbenanteile in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar auf den das Vorkaufsrecht ausübenden Miterben, sei es gerechtfertigt, diesen Erwerbsvorgang einer Aufhebung des Erbteilskaufvertrags gleichzustellen. Ein solcher Erwerbsvorgang sei entsprechend § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG wie ein Rückerwerb zu behandeln.

     

    PRAXISHINWEIS | Entscheidend für die Anwendung von § 16 GrEStG ist, auf welchem Rechtsgrund die Rückabwicklung beruht. Ein Grundstückserwerb, der auf der Übertragung von Anteilen an einer Erbengemeinschaft beruht, kann daher nach Auffassung des BFH auch rückgängig gemacht werden, indem ein Miterbe sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübt und der Erwerber in Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 2035 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erbteile unmittelbar auf den vorkaufsberechtigten Miterben überträgt. Anders wäre dies zu beurteilen gewesen, wenn der Erwerb nicht aufgrund einer aus dem Erbteilskaufvertrag verbleibenden Rechtsposition, sondern auf Grundlage einer anderweitigen Vereinbarung erfolgt, die über die bloße Klärung von Zweifelsfragen im Vergleichswege hinausgeht.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 43057060