· Nachricht · Grunderwerbsteuer
Vermeidung einer Doppelbelastung durch Grunderwerbsteuer
| Hat die Personengesellschaft vor dem Wechsel des Gesellschafterbestandes ein Grundstück von einem Gesellschafter erworben, ist nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 GrEStG die Steuer nachzuerheben ist. Hierdurch soll eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer ausgeschlossen werden. Fraglich ist aber, ob die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG für einen Grundstückserwerb der Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter auf die Bemessungsgrundlage für einen späteren steuerbaren Wechsel im Gesellschafterbestand dieser Personengesellschaft unabhängig davon erfolgen muss, ob die Steuer für den Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter festgesetzt und erhoben wurde. |
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine grundstücksbesitzende GmbH & Co. KG, deren Grundstücke zuvor zum Betriebsvermögen der Einzelfirma des C gehörten. C hatte zunächst sein Einzelunternehmen einschließlich des Grundvermögens auf die H-OHG übertragen, an der seine drei Söhne D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 1). Die H-OHG wurde sodann formwechselnd in die Klägerin umgewandelt. Deren Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil ist die CH-GmbH. Kommanditisten waren zunächst D, E und F. Durch weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 27.12.2000 (UR 99) übertrugen D, E und F ihre Kommanditanteile an der Klägerin auf die ebenfalls am 27.12.2000 errichtete CG-KG, an deren Vermögen wiederum zu gleichen Teilen D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 2). Komplementärin der CG-KG ohne eigenen Kapitalanteil ist die Grundstücksverwaltungs-GmbH. Durch weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 27.12.2000 (UR 02) traten D, E und F ihre Kommanditbeteiligungen an der CG-KG an die CH-GmbH ab (Übertragungsvorgang 3). Das seinerzeit zuständige Finanzamt H setzte gegen die Klägerin zunächst bezüglich des Übertragungsvorgangs 1 durch Bescheid vom 17.5.2004 Grunderwerbsteuer fest, da die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG aufgrund § 5 Abs. 3 GrEStG zu versagen sei. Aufgrund des Übertragungsvorgangs 2 sah das Finanzamt H die Voraussetzungen einer Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als erfüllt an und setzte für diesen Erwerbsvorgang die Grunderwerbsteuer in Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG durch weiteren Bescheid vom 17.5.2004 auf 0 EUR fest. Später hob das zwischenzeitlich zuständig gewordene Finanzamt R den Grunderwerbsteuerbescheid Übertragungsvorgang 1 ersatzlos auf, da die Übertragung des Grundvermögens auf die frühere H-OHG nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit sei. Den Einspruch gegen den den Übertragungsvorgang 2 betreffenden Grunderwerbsteuerbescheid verwarf das FA mangels Beschwer als unzulässig. Durch einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid setzte das FA gegen die Klägerin wiederum Grunderwerbsteuer für den Übertragungsvorgang 2 in Höhe von 52.951 EUR fest. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH dagegen gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Entgegen der Auffassung des FG seien die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheids vom 17.5.2004 nicht erfüllt. Die Grunderwerbsteuer für den Übertragungsvorgang 2 ist nach Auffassung des BFH trotz der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 1 materiell-rechtlich zutreffend auf 0 EUR festzusetzen. Damit fehle es an der für die Änderung nach §§ 172 ff. AO erforderlichen Rechtswidrigkeit eines bestandskräftigen Steuerbescheids.
Durch Übertragung der Anteile von D, E und F an der Klägerin auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) sei der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG verwirklicht worden. Die zuvor nicht am Vermögen der Klägerin beteiligte CG-KG erlangte dadurch eine Beteiligung von 100 % - also mindestens 95 % der Anteile der Personengesellschaft - am Vermögen der Klägerin. Dieser Erwerbsvorgang sei infolge des Übertragungsvorgangs 3 nicht mehr gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG begünstigt. Bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den Übertragungsvorgang 2 sei nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG die Bemessungsgrundlage für den vorausgegangenen Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin (Übertragungsvorgang 1) anzurechnen. Die Anrechnung nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG setze allerdings nicht voraus, dass die Steuer für den vorausgegangenen Grundstücksübergang auf die Personengesellschaft tatsächlich festgesetzt worden sei. Entscheidend sei vielmehr, dass für den Grundstückserwerb der Personengesellschaft bei zutreffender materiell-rechtlicher Beurteilung die Vergünstigungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 oder Nr. 6 GrEStG entfallen sind. Die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG für einen Grundstückserwerb der Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter auf die Bemessungsgrundlage für einen späteren steuerbaren Wechsel im Gesellschafterbestand dieser Personengesellschaft sei unabhängig von der Festsetzung und Erhebung der Steuer für den Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter.
Praxishinweis
Bei Vornahme einer Steueranrechnung ist zu prüfen, ob die Anrechnung von einer tatsächlich festgesetzten und gezahlten Steuer abhängt oder die Steuer bei einer zutreffenden materiell-rechtlichen Beurteilung anfallen würde. Im Besprechungsfall traf Letzteres zu. Anders ist die Rechtslage z.B. bei der Anrechnung nach § 1 Abs. 6 GrEStG, wonach die Steuer nur insoweit erhoben wird, als die Bemessungsgrundlage für den späteren Rechtsvorgang den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.
Fundstelle
- BFH 17.12.14, II R 2/13, astw.iww.de, Abruf-Nr. 175587