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Frist für Ansatz von Buchwerten oder Zwischenwerten
| Werden Betriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder und bestimmte Anteile in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht, und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG anstelle des gemeinen Wertes mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert (Zwischenwert) ansetzen. Zu klären war, bis zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht auszuüben ist. |
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige ist eine KG, deren Kommanditist 100 % an einer Kapitalgesellschaft (Inc. = incorporated) hielt. Die Steuerpflichtige war ursprünglich alleinige Gesellschafterin einer GmbH. Im Jahre 2008 erhöhte die Gesellschafterversammlung das Stammkapital der GmbH. Den neuen Geschäftsanteil übernahm der Kommanditist der KG. Dieser brachte dafür alle Aktien der Inc. durch Abtretung in die GmbH ein. Ihrer Steuererklärung für das Streitjahr fügte die GmbH einen handelsrechtlichen Jahresabschluss bei, nach der sie die Beteiligung an der Inc. mit Anschaffungskosten angesetzt und den die Stammeinlage übersteigenden Differenzbetrag in die Kapitalrücklage eingestellt hatte. Zugleich mit dem Jahresabschluss reichte sie eine „Überleitungsrechnung zur Steuerbilanz hinsichtlich der Mehr-Abschreibungen aus den Ergänzungsbilanzen vor Formwechsel“ sowie eine Anlage „Korrektur nach § 60 (2) EStDV“ ein. Das FA vertrat die Auffassung, die GmbH habe das Antragsrecht zur Buchwertfortführung nicht innerhalb der Frist des § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 UmwStG 2006 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 ausgeübt.
Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Das FA ist nach Auffassung des BFH im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer der GmbH zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligung an der Inc. zum Einbringungszeitpunkt mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen ist. Da ein sog. qualifizierter Anteilstausch vorlag - der übernehmenden Gesellschaft stand nach dem Tausch unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft zu -, kann die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile anstatt mit dem gemeinen Wert (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006) mit dem Buchwert oder einem höheren Wert bis zur Grenze des gemeinen Werts der Beteiligung ansetzen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 UmwStG 2006). An sich hätte die GmbH gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 UmwStG die Beteiligung auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert, ansetzen können. Von diesem Antragsrecht hat sie jedoch nach Auffassung des BFH nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht. Nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG sei der Antrag auf den vom gemeinen Wert abweichenden Wertansatz spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Bei der „steuerlichen Schlussbilanz“ handele es sich um die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft i. S. von § 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG, in der das Wirtschaftsgut erstmals anzusetzen ist und nicht um eine von der Steuerbilanz zu unterscheidende eigenständige „Schlussbilanz“. Vor diesem Hintergrund war das Antragsrecht der GmbH abgelaufen, als die Klägerin ihre Steuerklärung nebst handelsrechtlichem Jahresabschluss und „Überleitungsrechnung“ sowie „Korrektur nach § 60 EStDV“ beim FA eingereicht hat.
Erläuterungen
Das Antragsrecht nach § 20 UmwStG ist fristgebunden. Spätestens mit Einreichung der ersten Schlussbilanz nach der Einbringung muss beantragt werden, die Beteiligung mit einem niedrigeren Wert als dem in der Handelsbilanz ausgewiesenen gemeinen Wert anzusetzen. Unter dem Begriff der steuerlichen Schlussbilanz ist keine eigenständige von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG zu unterscheidende Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers zu verstehen. Vielmehr ist die (reguläre) Steuerbilanz gemeint, in der das übernommene Betriebsvermögen erstmals anzusetzen ist. Entsprechendes vertrat schon die Bayerische Finanzverwaltung (BayLfSt 11.11.11, S 1978 d.2.1-17/10 St32). Dementsprechend gilt: Wird die Steuerbilanz i. S. d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG auf den Bilanzstichtag abgegeben, ohne weitere Erklärung zur Ausübung des Wahlrechts, ist die Antragsfrist des § 20 Abs. 2 Satz 3, § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG verstrichen und der darin angesetzte Wert maßgebend. Wird lediglich eine Handelsbilanz ggf. mit notwendigen Korrekturen i. S. d. § 60 Abs. 2 EStDV eingereicht und wird diese der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt, wurde das Bewertungswahlrecht dementsprechend ausgeübt.
Fundstelle
- BFH 15.6.16, I R 69/15, astw.iww.de, Abruf-Nr. 189531