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  • · Nachricht · §§ 9, 11 BewG

    Bewertung von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds

    | Anteile an einem offenen Immobilienfonds (Anteilscheine) sind im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung unter bestimmten Voraussetzungen mit dem niedrigeren Kurswert und nicht mit dem höheren Rücknahmepreis zu bewerten. |

     

    Sachverhalt

    Die Steuerpflichtige war Alleinerbin ihrer im Januar 2012 verstorbenen Freundin. Bestandteil des Nachlasses waren unter anderem Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds. Das Fondsmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt und den Anlegern später mitgeteilt, dass die fehlende Liquidität des Fonds die Kündigung nach § 38 Abs. 1 Investmentgesetz und dessen Auflösung zur Folge habe.

     

    Bei der Erbschaftsteuerfestsetzung wehrte sich die Erbin dagegen, dass das FA die Anteilscheine mit dem Rücknahmewert angesetzt hatte. Dieser sei infolge der Aussetzung der Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr zu realisieren gewesen. Maßgeblicher Wertansatz müsse vielmehr der niedrigere Börsenwert als gemeiner Wert im Sinne des § 9 Abs. 1 Bewertungsgesetz sein.

     

    Entscheidung

    Die Klage hatte Erfolg. Die Anteilscheine sind entgegen der Ansicht des FA nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 BewG, sondern mit dem zum Bewertungsstichtag im Rahmen des Freiverkehrs festgestellten niedrigen Börsenkurs zu bewerten. Denn im Streitfall war die Rücknahme der Anteilscheine zum Besteuerungszeitpunkt ausgesetzt gewesen. Die fehlende Möglichkeit, die Anteilscheine zum Rücknahmepreis zu liquidieren, stellt dabei einen den Preis beeinflussenden Umstand im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG dar.

     

    Zudem ist die Möglichkeit, die Anteile an der Börse zu veräußern, kein gleichwertiger Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückzugeben.

     

    Im Streitfall ist es daher sachgerecht, bei der Erbschaftsteuerfestsetzung eine Bewertung der im Freiverkehr gehandelten Anteilscheine mit ihrem Kurs zum Besteuerungszeitpunkt nach § 11 Abs. 1 BewG vorzunehmen. Somit ist der zum Besteuerungszeitpunkt unstreitige Börsenkurs der Anteilscheine anzusetzen.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Hessische FG hat gegen das Urteil die Revision zugelassen, weil es von einer Entscheidung des FG Münster (Az. 3 K 1997/14 Erb) zu einem vergleichbaren Sachverhalt abgewichen ist (Az. des BFH: II R 11/16).

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 44875078