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  • · Fachbeitrag · Grundstücksgemeinschaften/Praxis- und Bürogemeinschaften

    Eine Bruchteilsgemeinschaft kann nicht Unternehmer sein

    von StB WP Dr. Claus Koss, Regensburg

    | Aufgepasst, es besteht Handlungsbedarf bei gemeinsam betriebenen Fotovoltaikanlagen, Solaranlagen, Wasserkraftwerken, aber auch Praxis- oder Bürogemeinschaften sowie bei Landwirten, die den Hof in Gütergemeinschaft betreiben. Der BFH hat nämlich seine Rechtsprechung zur Bruchteilsgemeinschaft im Umsatzsteuerrecht geändert und nunmehr entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer sein kann. Stattdessen erbringen die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu versteuernde Leistungen. |

     

    Besitzen mehrere Personen gemeinsam eine Sache, so wird diese im deutschen Zivilrecht als „Bruchteilseigentum“ oder „Miteigentum nach Bruchteilen“ bezeichnet. Die Bruchteilsgemeinschaft ist ein übliches zivilrechtliches Instrument, um große Investitionen im kleinen Kreis zu stemmen. Beispiele sind Ehegatten oder Familienangehörige, die zusammen Anlagen für die Erzeugung erneuerbarer Energien betreiben, oder Ärzte, die in Praxisgemeinschaft kapitalintensive Geräte kaufen.

     

    Im vom BFH entschiedenen Fall waren es Erfinder, die Systeme zur endoskopischen Gewebecharakterisierung entwickelten.

     

    Ertragsteuerrechtlicher Vorteil: Bei der Gemeinschaft tritt ‒ im Gegensatz zu Gesellschaften ‒ keine „Infektion“ i. S. d. § 15 EStG ein.

     

    Ein weiterer Vorteil der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) liegt darin, dass kein Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, sondern sich die Gewinn- und Nutzungsrechte kraft Gesetzes ergeben. Bei der Umsatzsteuer galt bisher der Grundsatz, dass eine Bruchteilsgemeinschaft auch Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sein kann (vgl. A. 2.1 Abs. 2 UStAE).

     

    Wenn die Finanzverwaltung die geänderte BFH-Rechtsprechung allgemein anwendet, müssen sich die Gemeinschafter überlegen, wie sie auf den Wegfall der Unternehmereigenschaft reagieren?

     

    • Alternative 1
    • Die Gemeinschafter werden jeweils selbst Unternehmer (so wie dies der BFH entschieden hat). Wenn diese vorher nicht als Unternehmer registriert waren, müssen sich die Gemeinschafter jeweils eine eigene Steuernummer geben lassen und Steuererklärungen abgeben. Das bedeutet höheren bürokratischen Aufwand. Zweite Möglichkeit: Aufgrund der Aufsplitterung werden die Beteiligten Kleinunternehmer (§ 19 UStG). Dann fällt aber ggf. der Vorsteuerabzug aus der Investition weg.

     

    • Alternative 2
    • Die Gemeinschafter errichten eine BGB-Gesellschaft. Denn diese ist anerkanntermaßen Unternehmer. Voraussetzung ist jedoch, dass gewerbliche Einkünfte bei einer Gesellschaft zu einer „Infektion“ der Einkünfte insgesamt führen können (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Zu berücksichtigen ist dieses Risiko insbesondere dann, wenn die Gemeinschaft bisher andere Einkünfte erzielt hat, z. B. aus selbstständiger Arbeit (Freiberufler wie Ärzte oder Steuerberater) oder Land- und Forstwirtschaft. Ggf. kann dies dadurch vermieden werden, dass für jede Investition eine „eigene“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet wird.

     

    FAZIT | Für die Anwendungspraxis ist es durch die aktuelle BFH-Rechtsprechung keinesfalls einfacher geworden. Im Gegenteil: Die geänderte Rechtslage dürfte zu erhöhtem Beratungsbedarf führen. Die Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten. Im Hinblick auf die vielfältigen Formen der Bruchteilsgemeinschaft (z.B. auch bei Wohnungseigentumsgemeinschaften) dürfte seitens der Verwaltung zumindest eine längerfristige Übergangsregelung angezeigt sein.

     

    Fundstelle

    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 241 | ID 45742817

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