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  • · Fachbeitrag · § 12 UStG

    Aufteilungsgebot bei Beherbergung: Themen WLAN sowie Fitness- und Wellnessangebote ‒ EuGH-Vorlage

    Der BFH hat an den EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen die Frage herangetragen, ob insbesondere die Angebote von WLAN sowie Fitness- und Wellnesseinrichtungen durch Hotels auch als unselbstständige Nebenleistung von der Steuersatzermäßigung der Beherbergungsleistung ausgenommen sind.

     

    Hintergrund

    Die Steuer beträgt gemäß § 12 Abs. 1 UStG für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG auf 7 % für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Die Umsatzsteuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG gilt gemäß Satz 2 dieser Vorschrift nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind (Aufteilungsgebot).

     

    Sachverhalt

    Die Steuerpflichtige betrieb im Streitjahr 2011 zwei Hotels. Beide Hotels verfügen über Parkplätze für Kraftfahrzeuge. Diese konnten von den Übernachtungsgästen ebenso ohne gesondert berechnetes Entgelt genutzt werden wie von weiteren Besuchern der Hotels und der Öffentlichkeit. Daneben hielt die Steuerpflichtige in beiden Hotels ohne gesondert berechnetes Entgelt ein drahtloses lokales Netzwerk (WLAN) für die Hotelgäste vor. In einem Hotel standen den Gästen außerdem Fitness- und Wellnesseinrichtungen zur Verfügung. Gesonderte Entgelte erhob die Steuerpflichtige auch hierfür nicht.

     

    Soweit die Gäste indes ein Solarium, einen Tischfußball-Tisch, einen Dart-Automaten oder Massagen in Anspruch nahmen, wurden ihnen die dafür entstehenden Entgelte gesondert und unter Ausweis von Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz in Rechnung gestellt. Die Nutzung des Zimmertelefons für externe Telefonate stellte die Steuerpflichtige den Gästen ebenso zum Regelsteuersatz gesondert in Rechnung wie Reinigungsleistungen, die Leistungen des hauseigenen Restaurants und die Lieferung von alkoholischen Getränken aus der Minibar. Entgeltliche Nutzungsangebote für die in den Gästezimmern vorhandenen TV-Geräte machte die Steuerpflichtige nicht.

     

    In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen zum Regelsteuersatz von 19 % und Lieferungen und sonstige Leistungen zum ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Überlassung von Parkplätzen sah die Steuerpflichtige als ermäßigt zu besteuernde Nebenleistung zur Beherbergungsleistung an.

     

    Das FA folgte dem nicht, wich insoweit von der Umsatzsteuer Jahreserklärung der Steuerpflichtigen ab und erließ dementsprechend einen Bescheid über Umsatzsteuer für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

     

    Die Steuerpflichtige legte Einspruch ein und begehrte die erklärungsgemäße Besteuerung. Die kostenlose Überlassung von Parkplätzen sei eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung, die wie diese dem ermäßigten Steuersatz unterliege.

     

    Nach einer Außenprüfung bei der Steuerpflichtigen für das Streitjahr nahm der Prüfer an, dass auch auf die Bereitstellung von WLAN, Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen der Regelsteuersatz anwendbar sei. Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid, mit dem es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.

     

    Einspruch- und Klageverfahren verliefen erfolglos.

     

    Mit ihrer Revision rügt die Steuerpflichtige die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das FG habe die Bereitstellung von WLAN, Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen rechtsfehlerhaft als entgeltliche Leistung behandelt. Die Leistungsbereitschaft des Unternehmers, der nicht wisse, welches seiner zusätzlichen Serviceangebote die Gäste zu nutzen beabsichtigten, reiche für eine umsatzsteuerrechtlich beachtliche Leistung nicht aus. Ferner habe das FG verkannt, dass die zusätzlichen Leistungsbestandteile i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unmittelbar der Beherbergung dienen. Außerdem habe das FG das unionsrechtlich anerkannte Prinzip der Einheitlichkeit der Leistungen außer Betracht gelassen. Insoweit verweist die Steuerpflichtige insbesondere auf das EuGH-Urteil Stadion Amsterdam.

     

    Entscheidung

    Der BFH hat Zweifel, ob er nach Ergehen der EuGH-Urteile Stadion Amsterdam vom 18.1.2018 (C-463/16) sowie FA X (C-516/21) an seiner Rechtsprechung festhalten kann, wonach das Aufteilungsgebot auch insoweit unionsrechtskonform ist.

     

    Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der BFH seine Begründung der Vorlagefrage in dem die Parkplatzgestellung als unselbstständige Nebenleistung zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden betreffenden Vorabentscheidungsersuchen XI R 11/23.

     

    Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen der Umstand, dass die Steuerpflichtige hierfür kein gesondertes Entgelt erhebt, nicht dazu führt, dass diese Nebenleistungen unentgeltlich erbracht würden (vgl. EuGH 5.10.23, C-505/22 Deco Proteste ‒ Editores).

     

    Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen hindert auch der Umstand, dass die Hotelgäste die angebotenen Zusatzleistungen teilweise nicht tatsächlich in Anspruch genommen haben, das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt nicht. Als (ausgeführte) entgeltliche Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist auch eine (fortbestehende) Leistungsbereitschaft des Unternehmers anzusehen, sodass es auf den Umfang der Inanspruchnahme der Leistung nicht ankommt (vgl. u. a. EuGH-Urteile Air France ‒ KLM und Hop!-Brit Air vom 23.12.15, C-250/14 und C-289/14). Hat der Leistungsempfänger ‒ wie hier ‒ gemäß den vertraglichen Verpflichtungen mit dem leistenden Unternehmer das Recht, eine bestimmte Leistung zu beanspruchen, liegt eine steuerbare Leistung auch dann vor, wenn der Leistungsempfänger sein Recht aus einem von ihm zu vertretenden Grund nicht ausüben will oder kann. Daher kann dahinstehen, ob die Hotelgäste die mit dem Pauschalpreis für die Übernachtung abgegoltene Bereitstellung von WLAN, Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen tatsächlich in Anspruch genommen haben.


    PRAXISTIPP | Die EU-Rechtskonformität von § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG steht damit auf dem Prüfstand des EuGH. Von dieser ist der BFH selbst überzeugt, will diese aber aufgrund der vielen Gegenstimmen auch vom EuGH bestätigt wissen. Dazu ausführlich „Relevanz für die Praxis“ zum Vorabentscheidungsersuchen XI R 11/23.


    Anmerkung

    Mit derselben Rechtsfrage beschäftigen sich die Vorlagebeschlüsse XI R 11/23 (Parkplätze) und XI R 13/23 (Frühstücksleistungen).

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 50090202

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