Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · §§ 3, 12 UStG

    Prämien für und Beigaben zu Zeitschriften

    Sachprämien bei Abschluss eines Zeitschriftenabonnements und Beigaben von DVDs zu einer Programmzeitschrift stellen jeweils keine einheitlichen Leistungen mit der Lieferung der Zeitschrift dar.

     

    Sachverhalt

    Streitig sind die Behandlung von Prämien zur Förderung des Zeitschriftenvertriebs sowie Beigaben beim Verkauf von Zeitschriften.

     

    Zur Vertriebsförderung hielt die Steuerpflichtige unterschiedliche Prämienmodelle bereit. Wurden Neukunden durch einen Bestandskunden „geworben“, erhielt der Bestandskunde eine Sachprämie. Umsatzsteuerlich behandelte die Steuerpflichtige diesen Vorgang als unentgeltliche Wertabgabe, die mit dem Regelsteuersatz von 19 % besteuert wurde.

     

    Darüber hinaus bot die Steuerpflichtige sowohl Neu- als auch Bestandskunden, die selbst einen Abonnementvertrag abschlossen, regelmäßig selbst eine einmalige Sachprämie an. Bei den Sachprämien handelte es sich im Wesentlichen um Produkte für das tägliche Leben (Accessoires für Haushalt und Bad, für Lifestyle und Beauty, für Multimedia und Technik sowie Bücher, DVDs und CDs). Die Steuerpflichtige stufte die Sachprämien als Nebenleistungen zur Lieferung von Zeitschriften ein und unterwarf deren Lieferung dementsprechend, genauso wie die Lieferung der Zeitschriften, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.

     

    Des Weiteren vertrieb die Steuerpflichtige eine Programmzeitschrift sowohl als reines Printprodukt als auch unter Beigabe einer CD/Blue-ray. Abgesehen von der Beigabe waren beide Zeitschriften inhaltlich identisch und enthielten die gleichen Werbeanzeigen. Für Zwecke der Vermarktung wurden die Zeitschriften durch die Steuerpflichtige als ein Produkt behandelt. Sie behandelte die Zeitschrift mit Beigabe für Zwecke der Umsatzsteuer als einheitliche, durch die Zeitschrift geprägte Lieferung und unterwarf sie dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.

     

    Im Rahmen einer bei der Steuerpflichtigen durchgeführten Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass es sich sowohl bei den Sachprämien als auch bei den Beigaben um von der Lieferung der Zeitschriften unabhängige eigenständige Lieferungen handele. Das auf diese Lieferungen entfallende Entgelt unterwarf das Finanzamt dem Regelsteuersatz von 19 %. Hiergegen richtet sich die Klage.

     

    Entscheidung

    Das FG wies die Klage ab. Sowohl bei der Gewährung von Sachprämien zum Abschluss eines Zeitschriftenabonnements als auch bei der Beigabe von DVDs oder Blu-rays zu der Programmzeitschrift handelt es sich um selbstständige Lieferungen, die dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz von derzeit 19 % zu unterwerfen sind.

     

    Gesonderte Betrachtung einer jeden Leistung als Regelfall

    Nach der Rechtsprechung des EuGH ist in der Regel jede Lieferung (oder Dienstleistung) als eigene und selbstständige Leistung zu betrachten.

     

    Ausnahme: Mehrere Leistungen bilden eine untrennbare Einheit

    Aus der Rechtsprechung des EuGHs geht aber auch weiter hervor, dass unter bestimmten Umständen mehrere Leistungen als einheitliche Leistung anzusehen sind, wenn sie nicht selbstständig sind. Hierzu hat der EuGH zwei Fallgruppen entwickelt:

     

    • Zum einen liegt eine einheitliche Leistung dann vor, wenn ein Teil die Hauptleistung, ein anderer Teil aber eine Nebenleistung darstellt, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für einen Durchschnittsverbraucher keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Neben sonstigen Leistungen, die eine Nebenleistung zur Lieferung eines Gegenstands darstellen, kann grundsätzlich auch die Überlassung eines Gegenstands selbst eine Nebenleistung zu einer Lieferung darstellen. Stellt eine Leistung eine Nebenleistung zu einer anderen (Haupt-)Leistung dar, folgt sie bezüglich ihrer umsatzsteuerlichen Betrachtung dem Schicksal der Hauptleistung. Das gilt auch für Zweck des Steuersatzes nach § 12 UStG.

     

    • Daneben liegt nach der Rechtsprechung des EuGH eine einheitliche Leistung vor, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher ‒ wobei auf einen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist ‒ zwei oder mehr Elemente liefert oder Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (komplexe Leistung). Liegt eine einheitliche Leistung aus zwei gleichwertigen Hauptleistungen vor, hat die umsatzsteuerliche Beurteilung ‒ und damit auch die Bestimmung des Steuersatzes gemäß § 12 UStG ‒ grundsätzlich nach der einen einheitlichen Leistung zu erfolgen.

     

    Durchschnittsverbraucher maßgeblich

    Bei dieser Würdigung ist aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst.

     

    Entscheidungshoheit der nationalen Gerichte

    Ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, haben die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben.

     

    Im Streitfall keine Leistungseinheiten

    Nach Auffassung des FG Hamburg liegt in dem hier zu entscheidenden Fall nach Würdigung aller Umstände in beiden Sachverhalten keine einheitliche Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts vor:

     

    • Die Gewährung von Sachprämien stellt weder eine Nebenleistung gegenüber der Hauptleistung Zeitschriftenlieferung dar, noch handelt es sich hierbei um eine einheitliche Leistung. Die Lieferung der Prämie verfolgt einen eigenen Zweck und stellt nicht nur das Mittel dar, um die Lieferung von Zeitschriften in einem Abonnement unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine rechtliche Verknüpfung durch die Regelung in einem einheitlichen Vertrag führt nicht zur Unterordnung einer Leistung gegenüber einer anderen Leistung.

     

    • Die Beigabe einer DVD mit einem Spielfilm und die Lieferung der Fernsehzeitschrift stellen jeweils selbstständige Lieferungen i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG dar, welche nicht zusammen als einheitliche Lieferung qualifiziert werden können, wenn DVD und Zeitschrift unterschiedlichen Zwecken dienen, der Preis der DVD den Preis der Zeitung übersteigt, der Inhalt der DVD nicht extra für die Zeitschrift entwickelt wurde und die DVD unabhängig und langfristiger als die Zeitschrift genutzt werden kann.

     

    Beachten Sie | Das Finanzgericht Hamburg hat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen; ein Revisions-Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 48527384

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents