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  • · Nachricht · Steuern im Blickpunkt

    § 24 UStG Keine Durchschnittssatzbesteuerung beim Umbruch von Dauergrünland

    von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, Dortmund 

    | Die OFD Frankfurt/Main positioniert sich zu Leistungen im Zusammenhang mit den Dauergrünlanderhaltungsgesetzen und -verordnungen der Länder bzw. dem Greening nach der GAP-Reform 2015. |

     

    1. Begriffliche Klärungen und Hintergrund

     

    1.1 Was ist „Cross-Compliance“?

    Die Vorschriften der Cross Compliance - übersetzt so viel wie „Überkreuzeinhaltung von Verpflichtungen“ - werden im deutschsprachigen Raum auch als „anderweitige Verpflichtungen“ bezeichnet und bedeuten die Verknüpfung von

     

    • Prämienzahlungen und
    • Einhaltung von Umweltstandards.

     

    Cross Compliance wird seit Mitte der 1980er Jahre in der agrarpolitischen Praxis vieler Industrieländer zunehmend eingesetzt, wobei die Einhaltung der Standards eine Voraussetzung für den Erhalt der Prämienzahlungen darstellt (jedoch nicht den eigentlichen Förderungsinhalt für die Zahlungen).

     

    Im Bereich der Agrarpolitik der EG/EU kamen Cross Compliance-Bestimmungen sowohl mit den Reformen der Agenda 2000 als auch den Luxemburger Beschlüssen von 2003 verstärkt zum Einsatz, d. h. die Gewährung von Prämienzahlungen wurde zunehmend an die Einhaltung von anderweitigen Verpflichtungen geknüpft. Insbesondere in den Reformen von 2003 wurden dabei die Bestimmungen verschärft und ausgedehnt (neben Umweltstandards auch in den Bereichen Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und -schutz).

     

    1.2 Was ist „Grünlandumbruch“?

    Als Grünland werden landwirtschaftlich genutzte Flächen im deutschen Sprachraum bezeichnet, auf denen Gras und krautige Pflanzen als Dauerkultur wachsen und die entweder als Weide oder Alm beweidet, als Wiese durch Mähen beerntet oder als Naturschutzfläche gepflegt werden.

     

    Der Flächenanteil des Grünlands hat jedoch über die Jahre abgenommen. Grünland wird häufig in Ackerland umgewandelt und intensiv bewirtschaftet (= Umbruch).

     

    Dies hat negative Folgen für den Schutz des Bodens, der Gewässer, der Biodiversität und des Klimas. Seit dem Beschluss der EU-Agrarreform im Jahr 2013 wird der Erhalt von Dauergrünland im Rahmen der sogenannten „Greening“-Auflagen geregelt. Landwirte und Landwirtinnen müssen diese Anforderungen einhalten, um flächengebundene Direktzahlungen zu erhalten. Mit verschiedenen Regelungen wie einer allgemeinen Genehmigungspflicht für den Umbruch von Dauergrünland und einem vollständigen Umwandlungs- und Pflugverbot für besonders schützenswertes Dauergrünland soll der Verlust von Dauergrünland gestoppt werden.

     

    Mit den neuen „Greening“-Verpflichtungen (Fruchtartendiversität, Dauergrünlanderhalt und Bereitstellung ökologischer Vorrangflächen) wird der Dauergrünlanderhalt nun auf Betriebsebene geregelt.

     

    Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Umweltbundesamtes unter http://www.umweltbundesamt.de/daten/landforstwirtschaft/landwirtschaft/gruenlandumbruch

     

    2. Umsatzsteuerliche Ausgangsfrage

    Aufgrund der Anforderungen der sog. Cross-Compliance für die Gewährung von EU-Direktzahlungen mussten einige Bundesländer Dauergrünlanderhaltungsgesetze bzw. -verordnungen erlassen, nach denen der Umbruch von Dauergrünland der vorherigen Genehmigung bedarf. Ein Verstoß führt zu Kürzungen der Direktzahlungen. I. d. R. wird die Genehmigung unter der Auflage erteilt, an anderer Stelle innerhalb des jeweiligen Bundeslandes eine Ersatzfläche in gleicher Größe als Dauergrünland anzulegen.

     

    In Hessen besteht ein/e Dauergrünlanderhaltungsgesetz/-verordnung nicht, sodass sich eine Relevanz für die hessischen Landwirte bisher nur beim Umbruch von Dauergrünland in anderen Bundesländern ergeben hat. Durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) sind aufgrund des sog. Greenings ab dem 1.1.15 aber auch Flächen in Hessen betroffen. Die nationale Umsetzung der GAP-Reform 2015 erfolgte mit dem Direktzahlungen-Durchführungsgesetz (BGBl. I 2014, 1928) sowie der Direktzahlung-Durchführungsverordnung (BGBl. I 2014, 1690), die ebenfalls eine Umwandlung von Dauergrünland nur mit einer Genehmigung - i. d. R. unter der Auflage eine Ersatzfläche anzulegen - vorsehen.

     

    Die anzulegende Ersatzfläche muss nicht zwingend im Eigentum des umbruchwilligen Landwirts stehen. Als Ersatzfläche kommen auch von einem anderen Landwirt bewirtschaftete Flächen in Betracht.

     

    • Beispiel

    Landwirt A möchte Grünflächen umbrechen.

    Landwirt B legt daher auf seinen bewirtschafteten Ackerflächen Dauergrünland an und erhält dafür eine Zahlung von Landwirt A.

     

    Umsatzsteuerlich stellt sich die Frage, ob die Leistung von Landwirt B an Landwirt A der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegt.

     

    3. Kein Anwendungsfall des § 24 UStG

    Die Leistung von Landwirt B an Landwirt A besteht in der Verpflichtung, bestimmte Flächen künftig als Dauergrünland statt wie bisher als Ackerland zu nutzen.

     

    Da die Flächen dem Landwirt A nicht zum Gebrauch oder zur Nutzung überlassen werden, kommt eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG nicht in Betracht.

     

    Der Umsatz unterliegt auch nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Diese ist nur auf Umsätze anzuwenden, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt werden, § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG. Nach richtlinienkonformer Auslegung sind solche Umsätze nur

     

    • die Lieferungen selbst erzeugter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und
    • die landwirtschaftlichen Dienstleistungen,

     

    auf die die Pauschalregelung nach Art. 295 - 305 MwStSystRL Anwendung findet.

     

    Vorliegend handelt es sich nicht um eine Lieferung des Landwirts B an Landwirt A, da Landwirt B kein selbst erzeugtes landwirtschaftliches Erzeugnis liefert, sondern sich verpflichtet, bestimmte Ackerflächen künftig als Dauergrünland zu nutzen.

     

    Landwirt B erbringt aber auch keine sonstige landwirtschaftliche Dienstleistung. Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erbrachten sonstigen Leistungen setzt voraus, dass

     

    • sie mit Hilfe der Arbeitskräfte des Betriebs erbracht werden und
    • die dabei ggf. verwendeten Wirtschaftsgüter der normalen Ausrüstung des Betriebes zuzurechnen sind und
    • die sonstigen Leistungen aus Sicht des Leistungsempfängers normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen.

     

    Die sonstige Leistung muss in der Sphäre des Leistungsempfängers unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie zur Vermarktung der daraus selbst gewonnenen Erzeugnisse verwertet werden (Abschn. 24.3. Abs. 1 und Abs. 5 UStAE).

     

    Der Leistungsempfänger Landwirt A nutzt die an ihn erbrachte Leistung jedoch gerade nicht für seine landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit. Ihm kommt es vielmehr auf die Verpflichtung des Landwirts B zur Nutzungseinschränkung an, damit er die Voraussetzungen für die Genehmigung seines Antrages zum Umbruch von Dauergrünland erfüllen kann.

     

    Die steuerbare und steuerpflichte sonstige Leistung unterliegt daher der Regelbesteuerung.

     

    Praxishinweis | Das FG Schleswig-Holstein bestätigt in seinem Urteil vom 15.9.16 (AStW 2017, XXX, in diesem Heft) die Verwaltungsauffassung. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig (AStW 2017, XXX, in diesem Heft).

     

    Fundstelle

    •  OFD Frankfurt/Main 21.2.17, S 7410 A - 74 - St 112
    Quelle: ID 44829613