· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Die elektronische Rechnung (eRechnung) kommt ab 1.1.2025
von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, Dortmund
Bei Rechnungen von Unternehmern an andere Unternehmer (B2B-Rechnungen) wird die elektronische Rechnung (eRechnung) zukünftig zur Pflicht. Der Bundesrat hat dieser Neuregelung durch das Wachstumschancengesetz am 22.3.2024 zugestimmt. |
EU-Rechtsetzungsvorschlag „VAT (Value Added Tax) in the digital age“ (ViDA)
Die Europäische Kommission hat in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen das Mehrwertsteuersystem der EU modernisiert werden soll (Europäische Kommission/Vertretung in Deutschland, PM 8.12.22, siehe AStW 2023, 131).
Ziel der Europäischen Kommission ist es, dass System für Unternehmen zu vereinfachen und widerstandsfähiger gegen Betrug zu machen. Dies soll vor allem durch stärkere Digitalisierung, wie zum Beispiel durch elektronische Rechnungsstellung erreicht werden. Der EU sind im Jahr 2020 Mehrwertsteuereinnahmen i. H. v. 93 Milliarden EUR entgangen ‒ ein Viertel davon sind konservativen Schätzungen zufolge auf Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU zurückzuführen. Für Deutschland wird ein Betrag von 11 Milliarden EUR entgangener Steuereinnahmen geschätzt.
Mit dem neuen System soll die digitale Meldung für Mehrwertsteuerzwecke auf der Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung in Echtzeit eingeführt werden. Dadurch sollen die Mitgliedstaaten wertvolle Informationen erhalten, die für die bessere Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug, insbesondere im Rahmen von Karussellgeschäften, notwendig sind.
Ursprünglich sollten die Änderungen 2028 in Kraft treten. Mittlerweile wird über eine mögliche Umsetzung dieses Reporting-Verfahrens auf 2030 bis 2033 nachgedacht.
Umsetzung des Koalitionsvertrags
Bis 2030 möchte die derzeitige Bundesregierung nicht warten. Im Koalitionsvertrag hat man sich daher auf eine schon vorzeitige Einführung eines bundesweiten einheitlichen Meldesystems zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verständigt.
Dazu hatte das BMF dem Gesetzgeber als ersten Schritt zu der späteren Einführung eines entsprechenden transaktionsbezogenen Meldesystems die obligatorische Verwendung von elektronischen Rechnungen (eRechnungen) für inländische B2B-Umsätze vorgeschlagen.
Da eine Änderung des UStG auf Grundlage der insoweit verpflichtenden Regelungen in der MwStSystRL zunächst nicht möglich war, bedurfte es einer Ermächtigung nach Art. 395 MwStSystRL. Diese Ermächtigung liegt mittlerweile vor und Deutschland hat durch das „Wachstumschancengesetz“ geregelt, dass in Deutschland die eRechnung im B2B-Bereich obligatorisch wird.
Die umsatzsteuerliche Neuregelung
Das Wachstumschancengesetz fasst § 14 Abs. 1 bis 3 UStG wie folgt neu:
|
(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Eine Rechnung kann als elektronische Rechnung oder vorbehaltlich des Abs. 2 als sonstige Rechnung übermittelt werden. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird. Die Übermittlung einer elektronischen Rechnung oder einer sonstigen Rechnung in einem elektronischen Format bedarf der Zustimmung des Empfängers, soweit keine Verpflichtung nach Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 besteht. |
Das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung muss
(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. In den folgenden Fällen ist er zur Ausstellung einer Rechnung innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 steuerfrei ist:
Ein im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in einem dieser Gebiete seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, die an dem Umsatz beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. § 14a bleibt unberührt. Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 2 Nr. 1 oder 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 2 Nr. 1 oder 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden. |
(3) Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Unbeschadet anderer zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch
|
Ferner wurde dem § 27 UStG folgender Abs. 38 angefügt:
|
Abweichend von § 14 Abs. 1 und 2 kann eine Rechnung
|
Worin besteht die Neuerung?
Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG n. F.).
Strukturierte Daten sind Daten, die in einem vorgegebenen Format strukturiert wurden, bevor man diese im Datenspeicher abgelegt hat. Dieser Vorgang wird häufig als Schema-on-Write bezeichnet.
Die Rechnungspflichtangaben an sich gelten unverändert fort (vgl. §§ 14 Abs. 4, 14a UStG). Neu ist, dass sie vom Rechnungsaussteller auf eine bestimmte Stelle eines vorgegebenen Datensatzes abgelegt werden müssen:
Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die „Lesbarkeit“ einer Rechnung. Ab Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung wird bei einem hybriden Format entgegen Abschnitt 14.4 Abs. 3 Satz 4 UStAE der strukturierte Teil der führende sein. Im Fall einer Abweichung gehen dann die Daten aus dem strukturierten Teil denen aus der Bilddatei vor.
Hintergrund ist, dass nach der derzeitigen Verwaltungsauffassung und damit bis zum 31.12.2024 das Merkmal „Lesbarkeit“ (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG) erfordert, dass die Rechnung für das menschliche Auge lesbar ist. Strukturierte elektronische Formate sind daher erst nach einer Konvertierung in diesem Sinne „lesbar“. Dies bedeutet auch, dass bei einem hybriden Format (z. B. ZUGFeRD) im Falle einer Abweichung zwischen elektronischer Information und dem für das menschliche Auge lesbaren Bildteil der letztere Teil vorgeht.
PRAXISTIPP | Ab Einführung der eRechnung wird der strukturierte Teil entscheidend sein. An der grundsätzlichen Zulässigkeit eines hybriden Formats ändert dies aber nichts. eRechnung bedeutet damit nicht das Schreiben einer Rechnung in WORD, das Konfigurieren einer entsprechenden PDF und das Übersenden per E-Mail ‒ wie derzeit üblich. Die eRechnungsstellung soll vielmehr ‒ zunächst nur bei B2B-Umsätzen ‒ über eine besondere (transparentmachende) Software erfolgen (z. B. ZUGFeRD oder X-Rechnung). |
Inkrafttreten
Die Änderungen treten am 1.1.2025 in Kraft (Art. 35 Abs. 6 Wachstumschancengesetz).
Übergangsfristen für Rechnungsaussteller
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung gilt ab 1.1.2025. Angesichts des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwands für die Unternehmen hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 38 UStG) für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen.
Übergangsfrist bis 31.12.2026
Bis Ende 2026 dürfen für in 2025 und 2026 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, bleiben in diesem Zeitraum zulässig, allerdings ist hierfür (wie bisher) die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich (§ 27 Abs. 38 Nr. 1 UStG).
Übergangsfrist bis 31.12.2027
Bis Ende 2027 dürfen für in 2027 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen übermittelt werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, bleiben in diesem Zeitraum zulässig. Wie in 2025 und 2026 ist hierfür die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich. Zusätzliche Voraussetzung ist allerdings, dass der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG) von max. 800.000 EUR hat (§ 27 Abs. 38 Nr. 2 UStG).
Unternehmer, deren Vorjahresumsatz (2026) diese Grenze überschreitet, haben aber noch die Möglichkeit, Rechnungen auszustellen, die mittels elektronischen Datenaustauschs (EDI-Verfahren) übermittelt werden (§ 27 Abs. 38 Nr. 3 UStG). Dies gilt für Umsätze, die in 2026 bzw. 2027 ausgeführt wurden, auch dann, wenn keine Extraktion der erforderlichen Informationen in ein Format erfolgt, das der europäischen Norm entspricht oder mit dieser kompatibel ist.
Was gilt dann ab 1.1.2028?
Ab 2028 sind die neuen Anforderungen an die E-Rechnungen und ihre Übermittlung dann zwingend einzuhalten. Damit werden auch die Voraussetzungen geschaffen für das im Koalitionsvertrag vorgesehene Meldesystem bzw. die EU-seitig geplanten ViDA-Maßnahmen. Um die Ausgestaltung des strukturierten elektronischen Formats der elektronischen Rechnungen im Verordnungswege näher bestimmen zu können, wurde in § 14 Abs. 6 UStG eine neue Ermächtigung für das BMF aufgenommen.
Das EDI-Verfahren kann weiterhin genutzt werden, sofern die für die Umsatzsteuer erforderlichen Informationen so aus dem verwendeten Rechnungsformat richtig und vollständig extrahiert werden können, dass das Ergebnis der CEN-Norm EN 16931 entspricht oder mit ihr kompatibel ist. Von den Verbänden war zuvor gefordert worden, dass etablierte Verfahren wie EDI auch über den 31.12.2027 weiter anwendbar bleiben. So befürchtete z. B. der DIHK weitreichende Folgen für die Unternehmen, wenn E-Rechnungssysteme, die nicht vollumfänglich den neuen Vorgaben genügen, dann nicht mehr betrieben werden dürften. Mit der nun verabschiedeten Regelung ist man den Forderungen der Wirtschaft jedoch entgegengekommen.
Keine Übergangsfristen für Rechnungsempfänger
Nach § 27 Abs. 38 UStG n. F. gilt für die Pflicht zum Ausstellen einer eRechnung eine gestaffelte Übergangsregelung. Anders ist dies auf der Eingangsseite! Ab dem 1.1.2025 ist die Entgegennahme einer eRechnung für alle inländischen Unternehmer verpflichtend. Wenn der Rechnungsaussteller sich für die Verwendung einer elektronischen Rechnung entscheiden sollte, muss der Rechnungsempfänger diese daher auch entgegennehmen (BMF III C 2 ‒ S 7287-a/23/10001 :007, 2023/0922192, AStW 2023, 787).
|
|
|
Aus der Finanzverwaltung ist zu hören, dass zur Klärung von Zweifelsfragen ein zeitnahes Einführungsschreiben und weitere Verlautbarungen zu erwarten sind. Dies bleibt abzuwarten.