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  • · Fachbeitrag · Schenkungsteuer/Einkommensteuer

    Neue Erkenntnisse zur Schenkung von Anteilen an einer Personengesellschaft

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    | Bei der Schenkung von Anteilen an einer Personengesellschaft wollen die Parteien einerseits die Steuerverschonungen gemäß §§ 13a , 13b ErbStG erhalten und andererseits einkommensteuerrechtlich eine unentgeltliche Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG unter Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven realisieren. Während das bei der Übertragung von Einzelunternehmen im Regelfall unproblematisch ist, bestehen bei der Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft immer wieder Abgrenzungsprobleme, wenn neben dem Gesellschaftsanteil selbst noch Sonderbetriebsvermögen (SBV) vorhanden ist. |

    1. Musterfall

    Die X-GmbH & Co. KG betreibt ein Logistikunternehmen. Gesellschafter F ist Kommanditist der KG sowie alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. F ist zudem Alleineigentümer eines mit einer Lagerhalle und einem Verwaltungsgebäude bebauten und an die KG für deren Betrieb verpachteten Grundstücks.

     

    Mit Wirkung zum 1.7.13 überträgt F im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Zurückbehaltung des Grundstücks seinen Kommanditanteil zum Buchwert unentgeltlich an seine Tochter T. Ebenfalls mit Wirkung zum 1.7.13 überträgt F auch seinen Anteil an der Komplementär-GmbH unentgeltlich an T, wobei laut Übergabevertrag mit diesem Geschäftsanteil alle damit verbundenen Rechte und Ansprüche, insbesondere das Gewinnbezugsrecht, auf T übergehen. Der Anteil an der X-GmbH & Co. KG enthält stille Reserven von 500.000 EUR. Verwaltungsvermögen i.S. von § 13b Abs. 2 ErbStG ist in der X-GmbH & Co. KG nicht vorhanden. Das zurückbehaltene Grundstück überträgt F ebenfalls mit Wirkung zum 1.7.13 zum Buchwert auf die von ihm am 27.5.13 neu gegründete Y-KG, die den Pachtvertrag mit der X-GmbH & Co. KG fortsetzt. Alleiniger Kommanditist der Y-KG ist F. Das Grundstück enthält stille Reserven von 300.000 EUR.

     

    Der Steuerberater von F geht davon aus, dass einkommensteuerrechtlich die Übertragung des Grundstücks zum Buchwert und damit unentgeltlich gemäß § 6 Abs. 5 EStG und die Übertragung der Anteile an der X-GmbH & Co. KG unentgeltlich gemäß § 6 Abs. 3 EStG erfolgt und es sich bei dem übertragenen Anteil an der X-GmbH & Co. KG daher auch schenkungsteuerlich um gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigtes Vermögen handelt.

    2. Einkommensteuerrechtliche Wertung

    Wird die gesamte Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft schenkweise übertragen, handelt es sich um eine unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils (MU-Anteils) nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG. Gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 EStG liegt eine unentgeltliche Übertragung aber auch vor, wenn der bisherige Mitunternehmer Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern der Rechtsnachfolger die Sperrfrist von 5 Jahren für den übernommenen MU-Anteil einhält. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wird also zur Voraussetzung gemacht, dass die vom Schenker zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören.

     

    Im BMF-Schreiben vom 3.3.05 zu Zweifelsfragen zu § 6 Abs. 3 EStG (BStBl I 05, 458) wird in Tz. 7 unter Hinweis auf die Gesamtplanrechtsprechung des BFH (BFH 6.9.00, IV R 18/99, BStBl II 01, 229) darauf verwiesen, dass ein Anteil am Gesamthandsvermögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen werden kann, wenn im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Übertragung des MU-Anteils funktional wesentliches SBV entnommen oder - z.B. nach § 6 Abs. 5 EStG - zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder übertragen wird.

     

    Danach erfolgt zwar die Überführung des Grundstücks in ein anderes Betriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert und ohne Aufdeckung der stillen Reserven von 300.000 EUR; jedoch liegt eine unentgeltliche Übertragung des Anteils an der X-GmbH & Co. KG gemäß § 6 Abs. 3 EStG nicht vor, sodass die dort vorhandenen stillen Reserven von 500.000 EUR versteuert werden müssten.

     

    Entgegen der Auffassung der Verwaltung hat der BFH jedoch entschieden (BFH 2.8.12, IV R 41/11, ErbBstg 13, 3), dass es der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegensteht, wenn zeitgleich mit der unentgeltlichen Übertragung eines MU-Anteils ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut des SBV nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert übertragen wird. Die Privilegierungen gemäß § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG stehen nach Auffassung des IV. Senats des BFH gleichberechtigt nebeneinander und führen nicht zu einer Kumulation von Steuerbegünstigungen. Vielmehr führt die Anwendung dazu, dass die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben. Nach Auffassung des BFH steht auch der gleichzeitige Eintritt der Rechtsfolgen beider Normen dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht entgegen. Der BFH differenziert wie folgt:

    • § 6 Abs. 3 EStG begünstigt grundsätzlich die Generationennachfolge,
    • § 6 Abs. 5 EStG die Unternehmensumstrukturierung.

     

    In beiden Fällen sollen aufgrund der Unentgeltlichkeit der Vorgänge dem Unternehmen keine liquiden Mittel entzogen werden. Aufgrund dieser anderen Zweckbestimmung können nach Auffassung des BFH die den §§ 16, 34 EStG zugrunde liegenden und in eine andere Richtung gehenden Wertungen des Gesetzgebers nicht ohne Weiteres auf § 6 Abs. 3 EStG und 6 Abs. 5 EStG angewendet werden.

     

    Die Übertragung des mit der Lagerhalle und einem Verwaltungsgebäude bebauten Grundstücks ist nach Auffassung der Verwaltung - anders als bei Anwendung der Einheitstheorie für die Übertragung von Sachgesamtheiten - nach den Grundsätzen der Trennungstheorie zu beurteilen. Dabei ist eine Gegenleistung - z.B. die Übernahme von Verbindlichkeiten - dem Teilwert des übertragenen Wirtschaftsguts gegenüberzustellen. Liegt die Gegenleistung unter dem Teilwert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor, die zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt.

     

    Der BFH hat auch insoweit abweichend von der Verwaltungsauffassung entschieden, dass die Trennungstheorie auch bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nicht mehr anzuwenden ist (BFH 21.6.12, IV R 1/08, BFH/NV 12, 1536; BFH 19.9.12, IV R 11/12, BFH/NV 12, 1880). Vielmehr sei in diesen Übertragungsfällen die Einheitstheorie anzuwenden. Erfolgt eine Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsguts bis zur Höhe des Buchwerts, handelt es sich um einen unentgeltlichen Vorgang. Erst wenn das Entgelt den Buchwert überschreitet, handelt es sich um ein vollentgeltliches Rechtsgeschäft. Gleichfalls hat der BFH (19.9.12, a.a.O.) ausgeführt, dass die Übernahme von Verbindlichkeiten Entgelt darstellt. Auch wenn die Urteile inhaltlich überzeugen, ist darauf hinzuweisen, dass sie bisher noch nicht im BStBI veröffentlicht worden sind. Zurzeit muss abgewartet werden, ob die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH folgt und insbesondere ihre im BMF-Schreiben vom 3.5.05 (BStBl I 05, 458) in Tz. 6 und 7 vertretene Auffassung ändert (OFD Münster 6.3.13, S - 2230 - 129 - St 23 - 33).

     

    Einkommensteuerrechtliches Ergebnis: Nur wenn der Auffassung des BFH gefolgt wird, liegt eine unentgeltliche Übertragung des Anteils an der X-GmbH & Co. KG gemäß § 6 Abs. 3 EStG vor. Bei der Übertragung des Grundstücks, die ohne Gegenleistung erfolgt ist, liegt auch nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Übertragung zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 5 EStG vor.

    3. Schenkungsteuerrechtliche Wertung

    Schenkungsteuerlich werden die begünstigten Übertragungen von Anteilen an Personengesellschaften in R 13b.5 Abs. 3 ErbStR 2011 aufgeführt und richtigerweise darauf hingewiesen, dass der Begriff der Beteiligung an einer Personengesellschaft nach ertragsteuerlichen Grundsätzen abzugrenzen ist. Dies führt im Ergebnis - obwohl dies in den ErbStR 2011 nicht ausdrücklich erwähnt wird - dazu, dass der Begriff der Beteiligung an einer Personengesellschaft aus ertragsteuerlicher Sicht als Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft - z.B. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG - zu verstehen ist, zu der bekanntlich außer dem Gesellschaftsanteil auch das SBV des Gesellschafters gehört.

     

    Wie schon zuvor, werden entsprechend den ertragsteuerlichen Grundsätzen auch in RE 13b.5 Abs. 3 ErbStR 2011 für die Übertragung von MU-Anteilen die Fallkonstellationen aufgeführt, in denen der Übergang begünstigten Vermögens gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG angenommen wird (ausführlich Brüggemann, ErbBstg 11, 221 ff.). Dies sind:

    • die Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils,
    • die Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen,
    • die quotale Übertragung eines Teils einer Beteiligung an einer Personengesellschaft und eines Teils des SBV,
    • die Übertragung eines Teils einer Beteiligung an einer Personengesellschaft und die über- bzw. unterquotale Übertragung eines Teils des SBV.

     

    R E 13b.5 Abs. 3 S. 5 und 6 ErbStR 2011 führen insoweit aus, dass im Falle einer unterquotalen Übertragung des SBV eine begünstigte Übertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft oder am SBV des Gesellschafters schenkungsteuerrechtlich nicht davon abhängig ist, dass die Gesellschaftsanteile und das SBV im gleichen quotalen Umfang auf den Erwerber übergehen. Vielmehr soll dies auch dann gelten, wenn der Schenker sein SBV in geringerem Umfang überträgt oder es insgesamt zurückbehält. Voraussetzung ist nach R E 13b.1 ErbStR 2011 aber, dass das zurückbehaltene SBV weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Personengesellschaft gehört.

     

    Wird in diesem Fall der zum Einkommensteuerrecht vertretenen Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 3.3.05 (BStBl I 05, 458) gefolgt, ist m.E. nicht auszuschließen, dass diese Wertungen auch schenkungsteuerliche Konsequenzen haben. Aus R E 13b.1 Abs. 3 S. 7 und 8 ErbStR 2011 ergibt sich insoweit, dass andere Teilübertragungen nicht begünstigt sein sollen und dies „insbesondere“ gilt, wenn der Schenker wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehält oder auf andere Erwerber überträgt. Daraus müsste dann schenkungsteuerrechtlich gefolgert werden, dass die isolierte Übertragung des Gesellschaftsanteils ohne das funktional wesentliche SBV zur Versagung des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG führt, obwohl zivilrechtlich ein Gesellschaftsanteil übergeht (so auch wohl Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13b ErbStG). Wird hingegen funktional unwesentliches (Sonder-)Betriebsvermögen anlässlich der Übertragung des Gesellschaftsanteils zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 EStG anderweitig überführt, kommt es m.E. zur Anwendung des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, da auch § 6 Abs. 3 S. 1 EStG für den übertragenen Gesellschaftsanteil zur Anwendung kommt.

     

    Für die isolierte Übertragung von SBV hat die Rechtsprechung die Steuerverschonung gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. versagt (FG München 30.5.12, 4 K 2398/09, ErbBstg 13, 186; BFH 20.3.02, II R 53/99, BStBl II 02, 441). Dies dürfte für § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gleichermaßen gelten.

     

    PRAXISHINWEIS | Wird der Rechtsprechung des BFH zu § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG gefolgt, ändert sich m.E. auch die schenkungsteuerliche Wertung. T würde dann auch schenkungsteuerlich die Steuerverschonungen gemäß §§ 13a, 13b ErbStG für den Anteil an der X-GmbH & Co. KG erhalten, da einkommensteuerrechtlich eine unentgeltliche Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG vorliegt. Der Umstand, dass das Grundstück zu Buchwerten in eine andere KG gemäß § 6 Abs. 5 EStG übertragen wird, steht der Steuerverschonung m.E. dann nicht mehr entgegen. Schenkungsteuerrechtliches Ergebnis: T erhält aufgrund der Auffassung des BFH zu § 6 Abs. 3 EStG für den Anteil an der X-GmbH & Co. KG die Steuerverschonungen gemäß §§ 13a, 13b ErbStG.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Brüggemann, Schenkung von Anteilen an einer Personengesellschaft im Spannungsfeld zwischen SchenkSt und ESt, ErbBstg 11, 221 ff.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 228 | ID 42277057