· Fachbeitrag · Nacherbfolge
Nachvermächtnis: Erwerb vom Erblasser oder vom Vorvermächtnisnehmer?
von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin
| Ein Nachvermächtnis i. S. d. § 2191 BGB ist nicht als vom Vorvermächtnisnehmer stammend zu versteuern, sondern als Erwerb unmittelbar vom Erblasser als Vermächtnisgeber, wenn der Erwerb beim Vorvermächtnisnehmer zwar zivilrechtlich angefallen ist, dieser das Vermächtnis aber mangels Fälligkeit nicht im erbschaftsteuerlichen Sinne erworben hat (FG Hessen 6.11.19, 10 K 1104/18, Rev. BFH: II R 2/20 ). |
Sachverhalt
Erblasser C hatte in seinem Testament für ein Grundstück ein Vermächtnis zugunsten seines Neffen D bestimmt. Sollte er vorversterben, sollten seine Abkömmlinge sowohl als Ersatz- als auch als Nacherben begünstigt sein. Weiter hieß es: „Das Vermächtnis soll mit meinem Tode anfallen, die Übergabe und Übereignung des Hausgrundstücks kann der Vermächtnisnehmer aber erst nach dem Tod meiner Frau verlangen.“ Als C starb, wurde dessen Ehefrau E seine Alleinerbin. E wurde zivilrechtlich Eigentümerin des Grundstücks und als solche im Grundbuch eingetragen. D verstarb im Jahr 2011 und E im Jahr 2012. Der Kläger K und sein Bruder sind die alleinigen Erben des D. Das Grundstück wurde auf diese als Miteigentümer zu je 1/2 übertragen.
Das FA legte dem Erwerb die Steuerklasse III zugrunde. D konnte das Vermächtnis nicht antreten, da er vor der Vorerbin verstarb. K sei somit nicht Rechtsnachfolger seines Vaters geworden. Daher sei sein Verwandtschaftsverhältnis zur Vorerbin E bzw. ‒ unter Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 ErbStG ‒ sein Verhältnis zum Erblasser C zugrunde zu legen. In beiden Fällen gilt Steuerklasse III. Nach Ansicht des K handele es sich hingegen um eine Zuwendung seines Vaters als Vorvermächtnisnehmer, sodass Steuerklasse I anzuwenden sei.
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