· Fachbeitrag · Schenkungsteuer
§ 14 ErbStG: 10-Jahreszeitraum wird vom letzten Erwerb rückwärts berechnet
Der für die Berücksichtigung von Vorerwerben maßgebliche 10-Jahreszeitraum des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG ist rückwärts zu berechnen. Dabei ist der Tag des letzten Erwerbs mitzuzählen. Bei der Berechnung des 10-Jahreszeitraums des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG ist § 108 Abs. 3 AO nicht anzuwenden (BFH 28.3.12, II R 43/11, Abruf-Nr. 121801). |
Sachverhalt
Der Kläger übertrug seinem Sohn am 31.12.98 und 31.12.08 jeweils ein Grundstück. Bei der Festsetzung der SchenkSt für die zweite Zuwendung erfasste das FA die erste Schenkung als Vorerwerb (§ 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Das Niedersächsische FG (16.6.11, 3 K 136/11, ErbBstg 11, 268) hatte dem K Recht gegeben.
Entscheidungsgründe
Die Zuwendung vom 31.12.98 ist nicht als Vorerwerb zu erfassen. Auf rückwärts zu berechnende Fristen sind die §§ 187 ff. BGB entsprechend anwendbar (BFH 6.6.01 II R 56/00, BStBl II 02, 96). § 187 Abs. 1 BGB regelt die Fälle, in denen für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt entscheidend ist. § 187 Abs. 2 BGB betrifft die übrigen Fälle, in denen der Beginn des Tages für den Anfang einer Frist maßgebend ist. Der Letzterwerb ist nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG kein Ereignis i.S. des § 187 Abs. 1 BGB. Die Einstufung als Ereignis würde dazu führen, den Tag des Letzterwerbs außer Betracht zu lassen. § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG setzt aber voraus,dass Letzterwerb und Vorerwerb „innerhalbi“ des 10-Jahreszeitraums liegen. Deshalb umfasst die Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG den Tag der Steuerentstehung des letzten Erwerbs. Es kommt dabei nicht auf die genaue Uhrzeit der Erwerbe an, vielmehr auf volle Kalendertage. Der 10-Jahreszeitraum beginnt demnach mit dem Ende des Tages, an dem der letzte Erwerb erfolgt ist.
Maßgebend für die Berechnung der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG sind § 187 Abs. 2 BGB und § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB: Danach endet die Frist bei einer Rückwärtsberechnung mit dem Beginn desjenigen Tages des letzten Monats der Frist, welcher dem Tage nachfolgt, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Die Frist beginnt im Streitfall also am 31.12.08 und endet am 1.1.99. Fällt bei dieser Berechnung das Ende des 10-Jahreszeitraums auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, findet § 108 Abs. 3 AO keine Anwendung. Denn Sinn und Zweck des § 14 ErbStG widerspräche es, die Frist wegen der Rückwärtsberechnung auf den Beginn des vorangegangenen Werktags zu verlängern.
Praxishinweis
Ein markantes Beispiel konstruiert Jülicher in Troll/ Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 14 Rn. 7: Die jährliche Zuwendung an ein Kind an seinem Geburtstag von jeweils 1/10 eines gedacht gleichbleibenden Freibetrags dürfe zu keiner SchenkSt führen. Nach Ansicht des FA wären hier 11 Schenkungsvorgänge einzubeziehen, nach Ansicht des BFH sind es aber 10 Schenkungsvorgänge. (GG)