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  • · Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament

    Keine Auslegung, wo Auslegung nicht erforderlich

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Die Bestimmung in einem Ehegattentestament „auch wenn der Überlebende von uns wieder heiratet, sollen seine Verfügungen bestehen bleiben“ kann nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass dies nach dem Willen des Erblassers auch für den Fall einer Lebensgemeinschaft gelten soll (OLG Düsseldorf 17.7.13, 3 Wx 76/13, Abruf-Nr. 133010).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser hatte zusammen mit seiner Ehefrau ein gemeinsames notarielles Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und bestimmten, dass ihr Sohn Alleinerbe nach dem Längstlebenden sein sollte. In dem Testament ist weiter geregelt: „Sollte unser Sohn versterben, ohne das 21. Lebensjahr vollendet zu haben oder ohne eheliche Abkömmlinge zu hinterlassen, soll er nur Vorerbe sein.“ Es folgen Bestimmungen zur Nacherbfolge. Weiter ist geregelt „auch wenn der Überlebende von uns wieder heiratet, sollen seine Verfügungen bestehen bleiben und nur die Wechselbezüglichkeit zu den Verfügungen des Erstversterbenden aufgehoben werden“.

     

    Nach dem Tod seiner Ehefrau errichtete der Erblasser eine handschriftliche letztwillige Verfügung, in der er seine Lebensgefährtin zu seiner Alleinerbin einsetzte. Die Lebensgefährtin beantragte deshalb einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Dem ist der Sohn entgegengetreten.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Erbfolge richtet sich hier nach dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute, das nach dem Tod der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers hinsichtlich der wechselbezüglichen Verfügung bindend geworden ist. Soweit die Wechselbezüglichkeit der getroffenen Vereinbarungen für den Fall der Wiederverheiratung entfallen sollte, kann das Testament entgegen der Auffassung der Lebensgefährtin nicht dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass dies auch für den Fall einer Lebensgemeinschaft gelten sollte. Insoweit ist nämlich bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Lücke vorliegt oder ob die Eheleute den Wegfall der Bindungswirkung bewusst auf den Fall des Eingehens einer neuen ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt haben. Denn offensichtlich hatten sie bedacht, dass der Sohn eine nichteheliche Verbindung eingehen könnte und die aus einer solchen Verbindung etwa entstandenen Abkömmlinge von der Nacherbfolge ausdrücklich ausgeschlossen.

     

    Praxishinweis

    Bei der Auslegung des Testaments, insbesondere bei der Frage ob Wechselbezüglichkeit gegeben sein soll oder nicht, ist auf den Willen der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung abzustellen. Der Erblasser wird hier seine Einstellung gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften - da er selbst nach dem Tod seiner Ehefrau in einer solchen lebte - durchaus anders gesehen haben. Dies ändert jedoch nichts an dem gemeinsamen Willen der Eheleute im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 255 | ID 42316971