· Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament
Originalurkunde ungewollt abhandengekommen
von RA und Notar, StB, FA ErbR Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn
Der Nachweis des Erbrechts nach § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB kann auch durch Vorlage einer Kopie des Testaments und Zeugenbeweis erbracht werden (OLG Naumburg 26.7.13, 2 Wx 41/12, Abruf-Nr. 133012). |
Sachverhalt
Der Erblasser und seine bereits verstorbene Ehefrau hatten fünf gemeinsame Kinder. Es existiert ein Schriftstück von Anfang 1996, dass mit „Mein letzter Wille“ überschrieben und mit dem Namenszug des Erblassers unterschrieben ist. Danach wurde eine der Töchter faktisch zur Alleinerbin bestimmt. Ferner gibt es eine Kopie eines gemeinschaftlichen Testamentes der Eheleute von Mitte 1997, wonach sich die Eheleute wechselseitig zu Alleinerben einsetzten und bestimmten, dass nach dem Tod des Letztversterbenden „der verbliebene Besitz zu gleichen Teilen unter den Kindern vererbt“ werde. Das Original dieses Testaments ist nicht auffindbar. Die durch das Testament von 1996 begünstigte Tochter hat einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein beantragt. Die übrigen Kinder sind dem entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Das Nachlassgericht hatte das Testament aus 1997 als unwirksam angesehen. Das OLG hingegen hat festgestellt, dass die Eheleute 1997 ein mit der vorliegenden Kopie identisches Testament (Original der Kopie) wirksam errichtet haben. Ein Anhaltspunkt für einen Widerruf dieses gemeinschaftlichen Testaments besteht nicht. Die Kopie des handschriftlichen Testaments aus 1997 belegt nicht nur den Inhalt der letztwilligen Verfügung der Eheleute, sondern auch, dass die Formanforderungen des § 2267 BGB im Original erfüllt waren. Der Text ist handschriftlich verfasst und nach dem äußeren Anschein von beiden Eheleuten jeweils eigenhändig unterschrieben worden.
Der Umstand, dass das Original nicht mehr auffindbar war, lässt nicht mit hinreichender Sicherheit auf einen Widerruf der gemeinschaftlichen Verfügung schließen. Zwar kann der Widerruf eines Testaments nach § 2255 BGB auch durch die Vernichtung der Originalurkunde erfolgen, wenn hierbei der Wille, das Testament aufzuheben, eindeutig in Erscheinung tritt. Im Falle eines gemeinschaftlich errichteten Testaments mit wechselbezüglichen Regelungen, ist aber auch ein gemeinschaftlicher Wille zur Testamentsaufhebung durch Vernichtung erforderlich. Anhaltspunkte für eine bewusste Vernichtung der Originalurkunde liegen hier nicht vor.
Praxishinweis
Das OLG Naumburg bestätigt einmal mehr, dass das Erbrecht auch durch eine Kopie eines abhandengekommenen Originaltestaments nachgewiesen werden kann. Allerdings sollte man sich hierauf nicht verlassen. Empfehlenswert ist es, auch ein handschriftliches Testament in die amtliche Verwahrung des Nachlassgerichts zu geben. Hierdurch ist sichergestellt, dass das Testament beim Tod des Erblassers auch tatsächlich gefunden und eröffnet wird.