27.09.2010 | FamFG
BGH verschärft Anwaltshaftung bezüglich Rechtsbehelfsbelehrung und Wiedereinsetzung
von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
1. Auch die Rechtsbeschwerde in VKH-Sachen kann nach § 114 Abs. 2 FamFG wirksam nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. |
2. Eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG muss neben der Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs das für die Entgegennahme zuständige Gericht und dessen vollständige Anschrift sowie die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist angeben. Dazu gehört auch die Information über einen bestehenden Anwaltszwang. Sie muss mit diesem zwingenden Inhalt aus sich heraus verständlich sein. |
3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen fehlender oder unzureichender Rechtsbehelfsbelehrung nach § 17 Abs. 2 FamFG setzt eine Kausalität zwischen dem Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung voraus. Sie kann entfallen, wenn der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel, etwa bei anwaltlicher Vertretung, keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. |
4. Auch wenn die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum beruht, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist. |
(BGH 23.6.10, XI ZB 82/10, FamRZ 10, 1425, Abruf-Nr. 102860) |
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um das Umgangsrecht des Vaters mit dem gemeinsamen Sohn. Das AG hat den Eltern VKH bewilligt, die Beiordnung eines Anwalts jedoch abgelehnt. Das OLG hat die Beschwerde des Vaters dagegen zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Das OLG hat in der Rechtsbehelfsbelehrung auf §§ 71 und 10 Abs. 4 S. 1 FamFG hingewiesen. Der Beschluss wurde dem Vater am 28.1.10 zugestellt. Die Rechtsbeschwerde seines zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten ist am 25.2.10 beim BGH eingegangen. Nach einem dem Vater am 3.3.10 hin zugegangenen Hinweis hat er am 17.3.10 durch einen beim BGH zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten erneut Rechtsbeschwerde eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu versagen. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wirksam innerhalb der Monatsfrist des § 71 Abs. 1 S. 1 FamFG eingelegt worden. Denn nach § 114 Abs. 2 FamFG, der den Anwaltszwang in Familiensachen regelt und gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 10 Abs. 4 FamFG eine Spezialregelung enthält, müssen sich die Beteiligten vor dem BGH grundsätzlich durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt vertreten lassen. Soweit § 114 Abs. 4 Nr. 5 FamFG im Einklang mit der allgemeinen Regelung des § 10 Abs. 4 S. 1 FamFG davon eine Ausnahme für das Verfahren über die VKH vorsieht, gilt das nur für das VKH-Verfahren innerhalb der jeweiligen Instanz. Schon nach der ZPO konnte eine Rechtsbeschwerde zum BGH nur durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt eingelegt werden. Daran sollte das FamFG nichts ändern. Eine notwendige Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Anwalt ergibt sich aus § 114 Abs. 2 FamFG, der für alle Familiensachen gilt. Da die fristgerechte Rechtsbeschwerde am 25.2.10 nur vom zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten unterzeichnet ist, ist die Rechtsbeschwerde unwirksam. Die Rechtsbeschwerde vom 17.3.10 durch einen am BGH zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten konnte die Monatsfrist des § 71 Abs. 1 FamFG nicht wahren.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren, weil der Antragsteller die Fristen nicht schuldlos versäumt hat. Nach § 17 Abs. 1 FamFG muss der Verfahrensbeteiligte die Frist jedoch schuldlos versäumt haben. Beruht die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum, kann Wiedereinsetzung nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist. Das gilt auch für einen Irrtum über die Form eines zulässigen Rechtsbehelfs. Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird ein fehlendes Verschulden vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Das gilt jedoch nur für einen anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten. Ist der Beteiligte anwaltlich vertreten, ist der Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet und hindert eine Wiedereinsetzung.
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