01.01.2007 | Hausmannrechtsprechung
Keine Begrenzung der Nebenerwerbspflicht durch Einkünfte aus fiktiver Vollzeittätigkeit
1. Ein seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtiger Elternteil darf in einer neuen Ehe nur dann die Haushaltsführung und Kindesbetreuung übernehmen, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht im Einzelfall den Rollentausch rechtfertigen. |
2. Im Fall eines berechtigten Rollentausches ist die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern aus erster Ehe auf der Grundlage einer Nebenerwerbstätigkeit und des Taschengeldanspruchs nicht durch einen fiktiven Unterhaltsanspruch begrenzt, der sich ergäbe, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil auch in seiner neuen Ehe Vollzeit erwerbstätig wäre und von solchen Einkünften seinen eigenen Selbstbehalt sowie alle weiteren gleichrangigen Unterhaltsansprüche abdecken müsste. |
(BGH 5.10.06, XII ZR 197/02, n.v., Abruf-Nr. 063012) |
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt. Die Kläger zu 1 und zu 2 sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Die zweite Ehefrau des Beklagten erzielt ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.500 EUR. Der Beklagte hat in der neuen Ehe die Hausmannrolle übernommen. Er ist unstreitig allenfalls in der Lage, 850 EUR netto monatlich bei vollschichtiger Tätigkeit zu erzielen. Das AG hat ihn zur Zahlung des Regelbetrags verurteilt. Das OLG hat den Unterhalt auf 81,6 Prozent des Regelbetrags herabgesetzt. Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Pflicht zur Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit entfällt nicht dadurch, dass der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingeht und darin die Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hat. Eine Minderung der Erwerbseinkünfte ist nur zu akzeptieren, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe gleichen Gewichts den Rollentausch rechtfertigen. Diese müssen einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen. Das ist der Fall, wenn der neue Ehegatte erheblich mehr verdient als der Unterhaltspflichtige verdienen könnte. Hier ist es dem Unterhaltspflichtigen nicht vorzuwerfen, dass er die Hausmannrolle übernommen hat. Denn er wäre aufgrund seines Einkommens nicht leistungsfähig.
Dem Unterhaltspflichtigen obliegt wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht, durch Aufnahme eines Nebenerwerbs zum Unterhalt der minderjährigen Kinder aus früherer Ehe beizutragen. Der neue Ehegatte muss ihm durch Entlastung bei Haushaltsführung und Kinderbetreuung die Ausübung der Nebentätigkeit ermöglichen. Das Einkommen daraus ist nur voll für den Unterhaltsanspruch der Kinder aus erster Ehe zu verwenden, wenn sein eigener Selbstbehalt durch den Familienunterhalt der neuen Ehe gesichert ist.
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