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  • 26.01.2010 | Jugendamtsurkunde

    Die Vollstreckung aus Jugendamtsurkunden nach dem Eintritt der Volljährigkeit

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Der Unterhaltsanspruch einer bei ihrer Mutter lebenden Tochter gegen ihren Vater besteht bis zum Eintritt der Volljährigkeit, ohne dass es auf die Frage der Einkommensverhältnisse auf Seiten der Kindesmutter ankäme.  
    2. Es ist im Fall eines titulierten Kindesunterhaltsanspruchs durch eine Jugendamtsurkunde davon auszugehen, dass aus nicht befristeten Unterhaltstiteln über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus weiter vollstreckt werden kann, bis eine Abänderung durch den Unterhaltsschuldner durchgesetzt worden ist. Nur soweit ein höherer Unterhalt beansprucht wird, kann dies mit der Abänderungsklage geltend gemacht werden.  
    (OLG Köln 10.11.09, 4 UF 60/09, n.v., Abruf-Nr. 100157)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Beklagte ist der Vater der Klägerin. Er hat sich durch Jugendamtsurkunde vom 15.6.89 zum Unterhalt verpflichtet. Die Klägerin wurde zum 10.5.07 volljährig. Sie hat Abänderung der Jugendamtsurkunde durch Erhöhung des Unterhalts um weitere 25 EUR für die Zeit von Februar 2006 bis 10.5.07 und dann als Volljährige Ausbildungsunterhalt von 291 EUR verlangt. Der Beklagte hat sich auf Leistungsunfähigkeit berufen und macht insbesondere geltend, dass der Unterhalt durch die Jugendamtsurkunde tituliert ist und aus diesem Grund die Abänderungs-/Leistungsklage unzulässig sei. Das AG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat die Jugendamtsurkunde für die Zeit der Minderjährigkeit abgeändert und den Unterhalt um 25 EUR erhöht und die weitergehende Klage als unzulässig abgewiesen. Der Beklagte hat seinerzeit einen dynamisierten Titel errichtet. Der bis zum 18 Lebensjahr zu zahlende Unterhalt von 335 DM beträgt nunmehr nach der Dynamisierung 291 EUR. Der Beklagte ist leistungsfähig, diesen Unterhalt zu zahlen. Die Klage ist aber dennoch ab Volljährigkeit unzulässig, weil die Jugendamtsurkunde über die Zeit der Minderjährigkeit hinaus fortdauert und aus diesem Grund bereits in Höhe des ab Volljährigkeit geforderten Unterhalts ein Unterhaltstitel besteht.  

     

    Praxishinweis

    Zunächst ist die Auffassung des OLG zweifelhaft, dass der Beklagte im Jahr 1989 eine Jugendamtsurkunde mit einem dynamisierten Unterhalt errichtet hat. 1989 gab es noch gar nicht die Möglichkeit, den Unterhalt zu dynamisieren. Diese Möglichkeit ist erst durch das Kindesunterhaltsgesetz, das zum 1.7.98 in Kraft getreten ist, ermöglicht worden. Bis dahin bestand lediglich die Möglichkeit, Titel gemäß § 642b ZPO a.F. bzw. §§ 641 ff. ZPO a.F. in einem Anpassungsverfahren abzuändern. Aus diesem Grund dürfte der mit der Jugendamtsurkunde festgelegte Unterhalt auch derjenige sein, der tatsächlich geschuldet wird, da entsprechende Anpassungsverfahren offensichtlich nicht durchgeführt wurden. Gleiches gilt für eine Umschreibung nach der Übergangsvorschrift des Art. 5 § 3 S.1 KindUG.  

     

    Beizupflichten ist dem OLG darin, dass Jugendamtsurkunden über die Volljährigkeit hinaus gelten, wenn sie nicht eine ausdrückliche Begrenzung für die Zeit der Minderjährigkeit enthalten. Dies bedeutet, dass sie auch für die Zeit der Volljährigkeit gelten. Dies gilt gleichermaßen für dynamisierte Unterhaltstitel. Zwar ist die Dynamisierung nicht vorzuschreiben, der letzte der Dynamisierung unterliegende Betrag (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) entspricht damit dem Volljährigenunterhalt. Dies lässt sich auch der Regelung § 798a ZPO a.F. bzw. § 244 FamFG entnehmen.