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  • 01.08.2007 | Kindesunterhalt

    Besonderheiten der neuen Düsseldorfer Tabelle

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Seit dem 1.7.07 gilt die neue Düsseldorfer Tabelle (diese finden Sie im Internet unter www.olg-duesseldorf.nrw.de, dort unter der Rubrik „Düsseldorfer Tabelle“). Die folgende Checkliste erläutert wichtige Neuerungen.  

     

    Checkliste: Wichtige Neuregelungen der Düsseldorfer Tabelle Stand 1.7.07
    • Neue Regelbetragverordnung: Die Änderung der ersten drei Altersstufen beruht auf der Regelbetragverordnung vom 5.6.07 (BGBl. I 07, 1044). Damit werden die seit dem 1.7.05 geltenden Regelbeträge für den Unterhalt Minderjähriger zum 1.7.07 an das geänderte Lohnniveau angepasst. Nach § 1612a Abs. 4 BGB ist Maßstab für die Anhebung der Regelbeträge die Veränderung der durchschnittlichen Bruttolohn- und Gehaltssumme und der Belastung bei Arbeitsentgelten. Da auf die letzten beiden Kalenderjahre abzustellen ist, konnten die Daten erst in den ersten Monaten des Jahres 07 ermittelt werden. Zudem sprach alles dafür, dass zum 1.7.07 die Unterhaltsreform in Kraft tritt, sodass die Verordnung gegenstandslos geworden wäre, da der nach der Reform geltende Mindestunterhalt als Bezugsgröße das steuerliche Existenzminimum hat. Damit standen für die Praxis bis zum Inkrafttreten der Verordnung und der Tabellen nur ca. drei Wochen zur Verfügung. Dies war zu knapp für eine Abstimmung aller OLGe. Es ist davon auszugehen, dass diese Düsseldorfer Tabelle nur eine Übergangstabelle ist, die bis zum Inkrafttreten der Unterhaltsreform gilt.

     

    • Leichte Senkung bei den Tabellenbeträgen für den Westteil der BRD: Die Regelbeträge für den Westteil der BRD sind zum 1.7.07 trotz der Lohnentwicklung in den letzten Monaten leicht gesenkt worden. Maßgeblich ist jedoch die Veränderung der Durchschnittslöhne und -gehälter in den letzten beiden Kalenderjahren. Das Preisniveau spielte im Übrigen ebenfalls keine Rolle.

     

    • 4. Altersstufe: Der Tabellenbetrag in den ersten drei Einkommensgruppen ist identisch mit 389 EUR. Üblich war es bisher, die 4. Altersstufe so zu berechnen, dass zum Tabellenbetrag der 3. Altersstufe die Differenz der 2. zur 3. Altersstufe addiert wurde. Bei Tabellenbeträgen von 288 EUR und 245 EUR beträgt diese 43 EUR, sodass der Tabellenbetrag der 3. Altersstufe eigentlich 331 EUR lauten müsste. Mit dem Betrag von 389 EUR wurde der Entscheidung des BGH vom 17.1.07 (FamRZ 07, 542, FK 07, 55, Abruf-Nr. 070797) Rechnung getragen, nach der das Existenzminimum eines volljährigen Kindes durch den Tabellenbetrag sichergestellt werden muss. Nach § 1612b Abs. 5 BGB ist das Kindergeld zunächst zur Sicherstellung des Existenzminimums eines minderjährigen Kindes einzusetzen. Eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes erfolgt daher erst, wenn das Existenzminimum sichergestellt ist, das bei 135 Prozent des Regelbetrags, also der 6. Einkommensgruppe liegt. Die Teilanrechnung des Kindergeldes in den ersten fünf Einkommensgruppen, die in der der Düsseldorfer Tabelle anhängenden Kindergeldanrechnungstabelle umgesetzt ist, beruht also darauf, dass das Kindergeld zur Sicherstellung des Existenzminimums zum Teil eingesetzt werden muss.

     

    § 1612b Abs. 5 BGB gilt nicht für volljährige Kinder, sodass bei diesen das Existenzminimum auch nicht durch eine Teilanrechnung des Kindergeldes sichergestellt werden kann. Nach Ansicht des BGH muss bei ihnen das Existenzminimum daher durch den Tabellenbetrag sichergestellt werden. Da es allerdings für die Achtzehnjährigen kein Existenzminimum gibt, orientiert sich die Düsseldorfer Tabelle am Existenzminimum der siebzehnjährigen Kinder, das bei der 6. Einkommensgruppe liegt und einem Tabellenbetrag von 389 EUR entspricht. Dieser Bedarfssatz ist aber nicht nur der Tabellenbetrag der 1. Einkommensgruppe, sondern deckt auch die 2. und 3. Einkommensgruppe ab. Dies hängt damit zusammen, dass bei der prozentualen Steigerung der v.H.-Sätze, nämlich 107 und 114 Prozent eines gedachten Tabellenbetrags von 331 EUR erstmals ab der 4. Einkommensgruppe ein höherer Betrag als 389 EUR zu verzeichnen ist.

     

    • Keine Erhöhung des festen Bedarfssatzes für Studenten von 640 EUR: Der feste Bedarfssatz ist nun identisch mit dem Bafög-Satz. Erstmals ist ein Warmmietanteil von 270 EUR im festen Bedarfssatz enthalten. Dies erleichtert die Erhöhung des festen Bedarfssatzes bei gehobenen Einkünften. Der Tabellenbetrag der 13. Einkommensgruppe und 4. Altersstufe von 662 EUR übersteigt den festen Bedarfssatz, obwohl die davon betroffenen Kinder im Haushalt der Eltern leben, also keine eigenen Mietaufwendungen haben. Bei dieser Konstellation dürfte es unangemessen sein, dem Studenten nur 640 EUR zuzubilligen. Der Betrag kann erhöht werden, weil der feste Bedarfssatz nur „in der Regel“ gilt. In den Tabellenbeträgen machen etwa 20 Prozent den Mietaufwand des Unterhaltsberechtigten aus. Dies ergibt beim Tabellenbetrag von 662 EUR (4. Altersstufe/13. Einkommensgruppe) einen Betrag von ca. 132,40 EUR. Daraus folgt ein Bedarf von 529,60 EUR für die sonstigen Bedürfnisse. Zieht man von den 640 EUR 270 EUR ab, verbleiben dem Studenten 370 EUR für seine sonstigen Bedürfnisse. Daher bietet es sich an, diesen Sockelbetrag um die Differenz von 529,60 EUR und 370 EUR zu erhöhen und noch einen weiteren Aufschlag für ausbildungsbedingte Mehrkosten zuzuschlagen, die auch im festen Bedarfssatz enthalten sind. Der so ermittelte neue feste Bedarfssatz steht im angemessen Verhältnis zum Tabellenbetrag der 4. Altersstufe/13. Einkommensgruppe.

     

    • Studiengebühren sind im festen Bedarfsatz nicht enthalten: Diese Änderung erfolgt aufgrund der hohen Studiengebühren. Soweit man in der Literatur den Hinweis findet, dass Studiengebühren im festen Bedarfssatz enthalten sind, sind damit andere Studiengebühren, z.B. die Semesterbeiträge gemeint. Die hohen Studiengebühren sind Mehrbedarf. Sein Ausgleich wird von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen abhängen. Möglich ist auch, den Studenten auf die Darlehen zu verweisen, die zur Finanzierung der Studiengebühren bewilligt werden.

     

    • Selbstbehalt für Erwerbstätige wurde erhöht: Der Selbstbehalt von 890 EUR wurde wegen der Entwicklung des Preisniveaus auf 900 EUR erhöht. Daher können Selbstbehalt und fester Bedarfssatz unterschiedliche Entwicklungen nehmen. Im Hinblick auf die Preisentwicklung der letzten Jahre wurde es für angemessen angesehen, den Selbstbehaltsatz für Erwerbstätige auf 900 EUR zu erhöhen. Demgegenüber besteht keine Veranlassung, den Selbstbehalt für nicht Erwerbstätige entsprechend zu erhöhen. Denn dieser Selbstbehalt war seinerzeit großzügig bemessen.

     

    • Kindergeldanrechnung bei Volljährigen: Bei der Kindergeldanrechnung wurde auf die Entscheidungen des BGH vom 26.10.05 (FamRZ 06, 99; FK 06, 55, Abruf-Nr. 053499) und vom 17.1.07 (FamRZ 07, 542; FK 07, 55, Abruf-Nr. 070797) hingewiesen. Daraus ergibt sich, dass bei Volljährigen das Kindergeld in voller Höhe auf den Bedarf anzurechnen ist und nicht etwa zur Hälfte auf den Haftungsanteil.

     

    • Selbstbehalt beim Ehegattenunterhalt erhöht: Der Selbstbehalt wurde auf 1.000 EUR erhöht, wobei nicht mehr differenziert wird, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht. Damit wird der BGH-Rechtsprechung Rechnung getragen, nach der der Selbstbehalt bei Ehegatten zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegen muss.

     

    • Anpassung des Eigenbedarfs getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten: Dieser wurde auf 900 EUR für Erwerbstätige angepasst. Er ist bedeutsam, wenn es um das Existenzminimum im Hinblick auf Verwirkung des Ehegattenunterhalts geht, das wegen der Kinderbetreuung sichergestellt werden muss, oder wenn es um die Anpassung eines Unterhaltsverzichts infolge einer Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund Kinderbetreuung geht.

     

    • Anpassung des Rechenbeispiels der Düsseldorfer Tabelle zur Mangelfallberechnung: Wegen der unterschiedlichen Selbstbehalte gegenüber Minderjährigen und Ehegatten sollte die Mangelfallberechnung mit dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten beginnen. Dadurch ergibt sich ein endgültiger Ehegattenunterhalt. Der Kindesunterhalt ist um die Differenz zwischen dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber Minderjährigen und dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten verhältnismäßig entsprechend dem Unterhaltsbedarf der Kinder bis zum Regelbetrag zu erhöhen.
     

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2007 | Seite 127 | ID 109715