01.11.2007 | Kindschaftsrecht
Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung trotz vorheriger Zustimmung der Kindesmutter
Die Vaterschaftsanfechtungsklage der Kindesmutter ist nicht mutwillig i.S. von § 114 ZPO, wenn die Kindesmutter bei der Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung nach § 1595 Abs. 1 BGB bereits Zweifel an der Vaterschaft hatte (OLG Rostock 19.1.07, 11 W 9/07, n.v., Abruf-Nr. 073114). |
Sachverhalt
Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt. Der Antragsgegner hat mit Zustimmung der Antragstellerin die Vaterschaft für ein während dieser Beziehung geborenes Kind anerkannt. Mit ihrer Klage begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass der Antragsgegner nicht der Vater des Kindes ist. Sie behauptet, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit auch einmalig mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt zu haben. Ihre Zweifel an der Vaterschaft des Antragsgegners seien durch einen vorgerichtlich eingeholten Vaterschaftstest bestätigt worden. Das AG hat der Antragstellerin PKH für die Vaterschaftsanfechtungsklage verweigert. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht mutwillig. Denn die Antragstellerin trägt Umstände vor, die an der Vaterschaft des Antragsgegners ernsthaft zweifeln lassen. Es ist hier bereits fraglich, ob die Zustimmung zu einer Vaterschaftsanerkennung auch rechtsmissbräuchlich ist, wenn die Kindesmutter nur Zweifel an der Vaterschaft des Anerkennenden hat. Selbst wenn die Mutter einem bewusst falsch abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis zugestimmt hätte, wäre eine Vaterschaftsanfechtungsklage nicht mutwillig. Auch in diesem Fall kann die Vaterschaft angefochten werden. Das Anfechtungsrecht ist in diesem Fall nicht wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen (OLG Köln FamRZ 02, 629). Anderenfalls würde die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundrechts der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt als die nicht bedürftige. Gleiches gilt hier. Selbst wenn die Vaterschaftsanerkennung bzw. -zustimmung rechtsmissbräuchlich gewesen wäre, gilt dies jedenfalls nicht für die Beseitigung der dadurch eingetretenen Rechtsfolgen auf dem gesetzlich allein möglichen Weg der Vaterschaftsanfechtung (OLG Köln FamRZ 06, 1280).
Praxishinweis
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Eine ähnliche Situation ergibt sich auch bei der Auflösung einer Scheinehe (BGH FamRZ 05, 1477). Zwar ist die Eingehung der Scheinehe als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Dies gilt jedoch nicht für die Auflösung der Ehe auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg. Daraus folgt, dass auch ein Scheidungsbegehren in diesen Fällen nicht als mutwillig i.S. des § 114 ZPO angesehen werden kann.
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