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  • 01.12.2009 | Kurz informiert

    Neue Entscheidungen zum Gebühren- und Verfahrensrecht

    von RA Thurid Neumann, FA Familienrecht, Konstanz

    Im Folgenden wird über wichtige Entscheidungen zum Gebühren- und Verfahrensrecht in Familiensachen berichtet.  

     

    Aktuelle Entscheidungen im Familienrecht

    Prozesskostenhilfe - OLG Karlsruhe 9.7.09, 2 WF 33/09, Abruf-Nr. 093704  

    Die den Parteien für das Scheidungsverfahren bewilligte PKH wurde auf die im Termin geschlossene Vereinbarung betreffend Kindes- und Ehegattenunterhalt durch Beschluss gemäß § 48 Abs. 1 und Abs. 3 RVG erweitert. Unstreitig sind für die nichtanhängigen Folgesachen Kindes- und Ehegattenunterhalt Verfahrensgebühren gemäß Nr. 3100 VV RVG angefallen. Es entstehen dafür auch Terminsgebühren gemäß Nr. 3104 VV RVG, wenn nicht nur die Protokollierung nicht rechtshängiger Ansprüche beantragt ist, sondern die Grundlagen des Vergleichs erörtert werden. Ein Anhängigmachen dieser weiteren Folgesachen zwecks Überprüfung der Erfolgsaussicht ist nicht erforderlich, da diese im Umfang der vergleichsweisen Regelung zu bejahen ist. Im Ergebnis werden damit gemäß Nr. 1000 VV RVG (1,5- facher Gebührenwert) höhere Gebühren für den Vergleichsabschluss erstattet als gemäß Nr. 1003 VV RVG bei anhängigen Ansprüchen (1,0-facher Gebührenwert). Der Gesetzgeber hat diese Intention durch die Einführung der Regelung in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3, Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG nochmals bekräftigt.  

     

    Streitwert - OLG Schleswig 15.6.09, 15 WF 114/09, Abruf-Nr. 093705  

    Arbeitslosengeld II ist kein Einkommen i.S. des § 48 Abs. 3 S. 1 GKG. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Gegen die Einbeziehung spricht, dass nach dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 GKG nur diejenigen Einkünfte heranzuziehen sind, die Ausdruck der Leistungsfähigkeit der Parteien sind. Staatliche Unterstützungsleistungen sind gerade kein Zeichen der Leistungsfähigkeit, sondern der Bedürftigkeit. Außerdem wäre sonst die Festlegung eines Mindestwerts von 2.000 EUR gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 GKG überflüssig. Dies folgt auch aus § 43 FamGKG.  

     

    Untätigkeitsbeschwerde - OLG Schleswig 20.5.09, 15 WF 140/09, Abruf-Nr. 093706  

    Die ZPO ist so ausgestaltet, dass ein Rechtsmittel eine Entscheidung voraussetzt, die mit ihm angegriffen wird. Es ist aber Aufgabe der Rechtsprechung, dafür zu sorgen, dass die Rechtsgewährung ohne unzumutbare Verzögerung erfolgt. Das rechtfertigt es, eine Beschwerdemöglichkeit zu eröffnen, sofern der Rechtszug gegen die Entscheidung, deren Erlass unzumutbar verzögert wird, eröffnet wäre. Die Beschwerde ist analog §§ 567 ff. ZPO zulässig, um einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 13 EMRK zu vermeiden. Voraussetzung dieser sog. Untätigkeitsbeschwerde ist weiter, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, unzumutbare Verzögerung dargetan wird, die auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft. In einem Zwangsmittelverfahren zur Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs zur Vorbereitung von Kindesunterhaltsansprüchen ist es nicht hinzunehmen, wenn das Gericht nach mehr als einem Jahr noch keine Entscheidung getroffen hat.  

     

    Einigungsgebühr - OLG Karlsruhe 28.8.09, 16 WF 133/09, Abruf-Nr. 093707  

    Gemäß Nr. 1000 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Steht die Person des Ausgleichsberechtigten in einem Versorgungsausgleichsverfahren noch nicht fest, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nur eine Partei auf einen ihr zustehenden Anspruch verzichtet. Nach Abs. 1 Nr. 1000 VV 2 HS. RVG reicht nur die bloße Annahme eines einseitigen Verzichts oder ein Anerkenntnis für die Entstehung der Einigungsgebühr nicht aus. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung. Ist zu diesem Zeitpunkt das Ausgleichsverhältnis noch ungeklärt, kann der Ausgleichsanspruch also der einen oder auch der anderen Partei zustehen, liegt kein einseitiger Verzicht vor, der den Anfall einer Einigungsgebühr ausschließen würde.  

     

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2009 | Seite 220 | ID 131867