01.12.2005 | PKH
Vorsicht bei PKH-Anträgen im Berufungsverfahren
1. Dem Antrag auf PKH zur Durchführung eines Berufungsverfahrens sind innerhalb der Berufungsfrist neben der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch entsprechende Belege beizufügen. |
2. Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels PKH beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der PKH wegen nicht hinreichend nachgewiesener Bedürftigkeit rechnen musste. |
3. Hat eine Partei die Berufungsfrist versäumt, weil sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur teilweise aufbringen kann, ist die Fristversäumung auch dann unverschuldet, wenn der vollständige Antrag auf Bewilligung von PKH nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist, sondern bis zum Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO eingegangen ist, und die Fristversäumung nicht auf einem Verschulden beruht. |
(BGH 31.8.05, XII ZB 116/05, FamRZ 05, 1900, Abruf-Nr. 053067) |
Sachverhalt
Gegen das am 27.1.05 zugestellte Urteil begehrten die Kläger mit Antrag vom 28.2.05 (Montag) per Fax PKH für die Berufung und fügten ihre Erklärungen sowie die ihrer Mutter über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. Auch die vollständige und unterzeichnete Berufungsbegründung war beigefügt. Belege waren per Fax nicht übersandt worden. Diese gingen erst mit dem Original ein. Nach Hinweis des Gerichts, dass das PKH Gesuch nicht vollständig innerhalb der Berufungsfrist eingegangen sei, haben die Kläger am 17.3.05 Wiedereinsetzung beantragt. Ihr Prozessbevollmächtigter habe im Rahmen der allgemeinen Kanzleiorganisation sowie durch weitere Anweisung der sonst zuverlässigen Anwaltsgehilfin aufgetragen, dem Fax auch die Belege beizufügen. Das OLG hat die Wiedereinsetzung abgelehnt und PKH versagt. Die Kläger haben erneut Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt und unbedingt Berufung eingelegt und diese erneut begründet. Per Rechtsbeschwerde wenden sie sich erfolgreich gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Entscheidungsgründe
Mit Schriftsatz vom 28.2.05 wurde keine Berufung eingelegt. Zwar kann ein innerhalb der Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz auch mit einem PKH-Gesuch verbunden werden. Die Deutung, dass ein Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt ist, kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen deutlich ergibt (BGH FamRZ 05, 1537). Mit dem PKH Antrag für „das beabsichtigte Berufungsverfahren“ ist deutlich gemacht, dass die Berufung von der PKH-Bewilligung abhängig sein sollte. Es fehlte zudem die Erklärung, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen, § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Wiedereinsetzung wird nur gewährt, wenn eine Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges PKH-Gesuch einreicht und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag mangels Bedürftigkeit abgelehnt wird (BGH NJW-RR 00, 1387). Das ist hier nicht der Fall. Zwar kann ein Antragsteller grundsätzlich nur annehmen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH-Gewährung dargetan zu haben, wenn er vor Ablauf der Rechtsmittelfrist gleichzeitig einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck zu den Akten reicht (BGH FamRZ 04, 1548). Hier hatten sowohl die Kläger als auch die sorgeberechtigte Mutter rechtzeitig einen Vordruck eingereicht, die Erklärung der Mutter war aber unvollständig. Da diese grundsätzlich den Klägern hinsichtlich der Prozesskosten vorschusspflichtig ist (BGH FamRZ 04, 1633), sind auch ihre Einkommensverhältnisse vollständig zu belegen (BGH FamRZ 04, 99). Dies war hier auch erforderlich, weil sich aus der Erklärung der Mutter nicht ergab, ob ihr Bankguthaben das sog. Schonvermögen überstieg.
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