01.01.2007 | Sorgerecht
Geltungsdauer einer Regelung der elterlichen Sorge für die Zeit des Getrenntlebens
Zur Geltungskraft einer unmittelbar nach Inkrafttreten des Kindschaftsreformgesetzes ergangenen Entscheidung des FamG, die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder „für die Zeit des Getrenntlebens“ auf die (zeitweilig wieder in das eheliche Anwesen zurückgekehrte) Kindesmutter zu übertragen (OLG Koblenz 24.5.06, 11 UF 170/06, n.v., Abruf-Nr. 063553). |
Sachverhalt
Die Kindeseltern leben seit Juli 00 getrennt. Die minderjährigen Kinder leben bei der Mutter. Nachdem diese im Juni 98 ein Frauenhaus aufgesucht, kurze Zeit später aber wieder in die Ehewohnung zurückgekehrt war, wurde ihr durch Beschluss im Juli 98 die elterliche Sorge für die Zeit des Getrenntlebens übertragen. Zwei Anträge des Kindesvaters auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts wurden zurückgewiesen, da die Voraussetzungen des § 1696 BGB nicht vorgelegen hätten. Der Kindesvater hat erneut die Übertragung der elterlichen Sorge beantragt. Das AG hat mit Beschluss die Entscheidung aus Juli 98 „klarstellend“ aufgehoben. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, der das OLG stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
Der Beschluss aus Juli 98 – also wenige Tage nach Inkrafttreten der Kindschaftsreform – ist auch bei veränderter Sach- und Rechtslage nicht automatisch außer Kraft getreten. Er unterliegt nach Eintritt der formellen Rechtskraft dem Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB. Da der Beschluss nach Rückkehr der Kindesmutter aus dem Frauenhaus erlassen worden sei, habe er ersichtlich nicht nur für die Zeit des Aufenthalts dort gelten sollen.
Praxishinweis
Das Gericht kann formell bestandskräftige Regelungen in einer sorge- oder umgangsrechtlichen Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB abändern. Voraussetzung dafür ist, dass sich nach Erlass der Anordnung maßgebende Umstände verändert haben, oder Umstände, die bei Erlass der Erstentscheidung vorgelegen haben oder unbekannt gewesen sind, nun bekannt geworden sind und zur anderen Beurteilung nötigen (BGH FamRZ 93, 314). Eine Änderung ist weiter möglich bei einer nachträglichen Änderung der Rechtslage, z.B. einer Gesetzesänderung (Johannsen/Henrich/Büte, Eherecht, 4. Aufl., § 1696 Rn. 10) oder einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerfG FamRZ 82, 1179). Eine nur abweichende rechtliche Beurteilung reicht nicht aus. Eine beliebige Wiederaufnahme des Erstverfahrens ist nicht möglich (Johannsen/Henrich/Büte, a.a.O.). Eine Abänderung ist nur zulässig bei triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen. Die dafür maßgebenden Gründe müssen die mit einer Änderung verbundenen Nachteile deutlich überwiegen (OLG Braunschweig FamRZ 02, 121). Maßgebend ist das Kindeswohl, sodass eine Abänderungspflicht besteht, wenn die bisherige Regelung damit unvereinbar geworden ist.
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