Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 24.03.2011 | Umgangsrecht

    Anwaltsbeiordnung bei VKH-Bewilligung auch in Umgangssachen

    von RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

    1. In Familiensachen des § 111 Nr. 2 FamFG (Kindschaftssachen), zu denen auch Verfahren gehören, die das Umgangsrecht betreffen (§ 151 Nr. 2 FamFG), ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, § 114 Abs. 1 FamFG.  
    2. § 78 Abs. 2 FamFG lässt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur in qualifizierten Ausnahmefällen zu. Danach ist eine Beiordnung nur noch wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage vorgesehen. Dieses ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.  
    3. Neben objektiven Kriterien, wie Umfang und Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, bestimmt sich die Erforderlichkeit auch an subjektiven Kriterien. Hierzu zählt die Ausdrucksfähigkeit der Partei, ihre Gewandtheit und geistige Befähigung, ihr Rechtsanliegen dem Gericht schriftlich oder mündlich ausreichend und ohne Gefahr einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung darzustellen (BGH FamRZ 09, 857, zum alten Recht; OLG Düsseldorf FK 10, 135; BGH FamRZ 03, 1547 und 1921).  
    (OLG Stuttgart 28.05.10, 17 WF 134/10, 135/10, n.v., Abruf-Nr. 110835)

     

    Praxishinweis

    Das OLG Stuttgart ordnet auch in Umgangssachen Anwälte bei der VKH-Bewilligung bei. Soweit schließt es an die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an (FK 10, 135, Abruf-Nr. 102085). Das OLG hat auf subjektive Kriterien abgestellt. Entscheidend war, dass die Parteien in diesem Fall emotional stark in das Verfahren eingebunden waren. Sie machten jeweils den anderen Elternteil allein dafür verantwortlich, dass kein regelmäßiger Umgang stattfand. Das Gericht sah es als notwendig an, im Interesse der Kinder die Gestaltungsmöglichkeiten eines regelmäßigen Umgangs zu prüfen und zu erörtern, auch um eine etwaige Kindeswohlgefährdung abzuwehren. Damit seien die rechtsunkundigen Parteien überfordert. Nach Ansicht des Gerichts kommt den Anwälten dabei auch die Pflicht zu, an der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken. Es sei letztlich auch eine Versachlichung des Konflikts durch anwaltlichen Beistand erwünscht und geboten.  

     

    Die Entscheidung ist zu begrüßen, da in der Praxis um das Sorge- und Umgangsrecht oft erbittert gekämpft wird. Ratsam ist es für den Anwalt, bereits im VKH-Antrag zu der emotionalen Belastung und die Überforderung der Parteien ausführlich vorzutragen.  

     

    (Entscheidung eingesandt von RA Katja Reinschmidt, Spaichingen)