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  • 27.10.2008 | Unterhalt nach § 1615l BGB

    So ermitteln Sie den Bedarf der Kindesmutter

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach § 1615l Abs. 3, § 1610 Abs. 1 BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammengelebt hat, aus den Einkünften, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. In einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet.  
    2. Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein etwaiger Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist.  
    3. Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, dass der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.  
    (BGH 16.7.08, XII ZR 109/05, FamRZ 08, 1739, Abruf-Nr. 082652)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin auf Betreuungsunterhalt für die Zeit ab März 03. Die Klägerin und der Beklagte hatten sich kennengelernt, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und den minderjährigen ehelichen Sohn versorgte. Der damalige Ehemann leistete Betreuungsunterhalt. Als die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter der Parteien schwanger war, zogen diese in eine gemeinsame Wohnung und vereinbarten, dass der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahlen müsse. Die Parteien trennten sich nach der Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes. Der Beklagte bezieht ein Geschäftsführergehalt, das sich nach dem Jahr der Trennung reduzierte. Die Klägerin lebt seit Februar 04 mit einem neuen Freund zusammen. Der Beklagte ist seit Oktober 04 verheiratet. Das AG hat den Beklagten zu Unterhaltszahlungen verurteilt. Das OLG hat den Unterhalt herabgesetzt. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Bedarf der nicht verheirateten Mutter gegenüber dem Vater der nicht ehelich geborenen Kinder leitet sich aus deren Lebensstellung bei Geburt des ersten Kindes her und nicht etwa aus dem Lebensstandard der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, die sie mit dem Vater während der Geburt beider Kinder gebildet hatte. Denn dieser Lebensstandard beruht auf freiwilligen Leistungen des Vaters der Kinder, was unterhaltsrechtlich unbeachtlich bleiben muss. Maßgeblich ist der Unterhalt, den sie bis zur Geburt des ersten Kindes von ihrem früheren Ehemann erhalten hat.  

     

    Es kann auch weiterhin ein Mindestbedarf gebilligt werden, wenn die nicht verheiratete Mutter zurzeit der Geburt über Einkünfte verfügt hat, die unter dem Existenzminimum lagen. Allerdings ist der Mindestbedarf nicht anzusetzen, wenn der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen aufgrund der geschiedenen Ehe, der die Lebensstellung der nicht ehelichen Mutter bestimmt, geringer ist als das Existenzminimum.