01.06.2007 | Unterhalt
Wichtige Prüfungspunkte bei der Einkommensermittlung bei Selbstständigen
In der Praxis bereitet die richtige Einkommensermittlung bei Selbstständigen oft Probleme. Der folgende Beitrag erläutert anhand eines konkreten Jahresabschlusses und unter Beachtung der neuesten BGH-Rechtsprechung (FamRZ 06, 387 sowie 03, 741; 04, 1177; zur richtigen Einkommensermittlung bei Selbstständigen vgl. auch Büte, FK 03, 28; 41. Neue Abonnenten können die Beiträge kostenlos anfordern: 02596 922-99, kein Fax-Abruf!), wie man das Einkommen richtig ermittelt.
Beispiel: Einnahmenüberschussrechnung in EUR (1.1.05 – 31.12.05): Soll – Ist – Vergleich | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Bei der Auswertung der Einnahmenüberschussrechnung ist auf Folgendes zu achten:
Checkliste: Auswertung der Einnahmenüberschussrechnung |
Einkommensunterlagen: Maßgebend für die Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Einkommens von Selbstständigen sind die Jahresabschlussunterlagen (BGH FamRZ 04, 1177).
Zugrundezulegender Zeitraum: Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder Gewerbebetrieb sind gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 EStG Gewinneinkünfte. Solche Gewinneinkünfte unterliegen oft Schwankungen, sodass man bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlichen relevanten Einkommens i.d.R. die durchschnittlichen Gewinneinkünfte der letzten drei Jahre zugrunde legt (BGH, a.a.O.).
Ausnahmen von der Regel:
Einkommenskorrektur: Im Steuerrecht sind Ausgabeposten möglich, die in der Rechtsprechung unterhaltsrechtlich nicht anerkannt werden. Unterhaltsrechtlich müssen daher die Bilanzen bzw. Einnahmen-Überschuss-Rechnungen korrigiert werden. Insbesondere folgende Posten sind unterhaltsrechtlich zu überprüfen:
Grundsätzlich ist eine Rückstellung unterhaltsrechtlich nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen. Sie ist daher zum Gewinn zu addieren. Allerdings muss dann der Gewinn in dem Jahr, in dem die Rücklage aufgelöst wird, um diese wiederum reduziert werden (BGH FK 04, 136, Abruf-Nr. 041772).
Zu beachten ist auch, dass bei einer Nichtberücksichtigung von Ansparabschreibungen die zu zahlenden Steuern fiktiv zu ermitteln sind (BGH, a.a.O.).
Wertneutral sind Rückstellungen unterhaltsrechtlich nur, wenn sie in dem zugrunde gelegten Zeitraum wieder aufgelöst wurden.
Praxishinweis: Es empfiehlt sich daher, auch bei anderen Selbstständigen auf solche Durchschnittssätze zurückzugreifen.
Gebäude-AfA: Abschreibungen für Gebäudeabnutzungen reduzieren den Gewinn nicht (BGH FamRZ 97, 281). Sie sind daher zum Einkommen zu addieren.
Lineare Abschreibungen: Die von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen geben regelmäßig den tatsächlichen Wertverzehr wieder und können im Unterhaltsrecht übernommen werden (BGH FamRZ 03, 741). Sie sind allerdings für die Gerichte nicht bindend.
Praxishinweis: Es empfiehlt sich regelmäßig eine Übernahme der linearen Abschreibungen, da sich andernfalls die Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens verkompliziert: Legt man unterhaltsrechtlich einen geringeren Abschreibungsprozentsatz zugrunde, muss man in den Folgejahren, wenn das entsprechende Wirtschaftsgut bereits tatsächlich abgeschrieben ist, fiktiv mit dem zugrunde gelegten Abschreibungsprozentsatz weiter rechnen bis das Wirtschaftsgut fiktiv abgeschrieben ist. Zudem muss man eine fiktive Steuerberechnung vornehmen.
Sonderabschreibung: Diese sind unterhaltsrechtlich nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen, da diese dem tatsächlichen Wertverzehr nicht entsprechen (BGH FamRZ 03, 741). Dies hat zur Folge, dass das Wirtschaftsgut in den nächsten Jahren unterhaltsrechtlich fiktiv linear abzuschreiben ist. Nach dem BGH sind jedoch die tatsächlichen bezahlten Steuern nach dem In-Prinzip zu berücksichtigen, da sich der Unterhaltsberechtigte den Wertverzehr des Wirtschaftsguts entgegen halten lassen muss, wenn auch in einem anderen Zeitraum.
Außerbetriebliche Abzüge
Abzuziehen sind daher - Einkommensteuer, - Solidaritätszuschlag, - Kirchensteuer, die in dem maßgeblichen Kalenderjahr entrichtet wurden.
Nichtberücksichtigung von Rückstellungen: Werden diese unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt, muss eine fiktive Steuerberechnung vorgenommen werden (BGH FamRZ 04, 1177).
Nichtberücksichtigung von sonstigen Abzugspositionen: Eine fiktive Steuerberechnung ist auch vorzunehmen, wenn sonstige Abzugspositionen wie z.B. Kfz-Kosten oder Bewirtungskosten unterhaltsrechtlich nicht oder nicht in voller Höhe berücksichtigt wurden.
Wiederverheiratung: Ferner ist bei Wiederverheiratung des selbstständigen Unterhaltspflichtigen beim Ehegattenunterhalt eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen, da der Splittingvorteil aus der neuen Ehe nicht der geschiedenen Ehefrau zugute kommen soll (BVerfG FamRZ 03, 1821; FK 04, 1, Abruf-Nr. 032740). Dies gilt jedoch nicht beim Kindesunterhalt, da das Kind noch keine eigene Lebensstellung hat, sondern seine Lebensstellung von der des Unterhaltspflichtigen ableitet.
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