01.10.2006 | Unterhaltsprozess
Achtung: In laufenden Prozessen Klageanträge wegen § 33 SGB II n.F. anpassen
§ 33 SGB II ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende geändert worden (BGBl. I, 1706). Statt der Überleitung sieht § 33 Abs. 1 SGB II nun vor, dass der Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der Leistungen auf den Leistungsträger kraft Gesetzes übergeht. Der Beitrag erläutert die Auswirkungen auf das Unterhaltsrecht und die Anträge im Prozess.
Checkliste: Auswirkungen der Änderung des § 33 SGB II auf den Unterhaltsprozess |
Arbeitslosengeld II beim Berechtigten kein Einkommen: Grundsätzlich sind entsprechend 2.2 der Leitlinien der OLG-e Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 SGB II beim Unterhaltsberechtigten kein Einkommen. Die Neufassung ändert an der Subsidiarität des Arbeitslosengeldes II nichts. Da eine Überleitung des Unterhaltsanspruchs durch Leistungsträger auch noch nach Rechtskraft möglich war, also auch in der letzten mündlichen Verhandlung noch mit einer Überleitung gerechnet werden musste, blieb das Arbeitslosengeld II seitens des Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt.
Neu: Gesetzlicher Forderungsübergang (cessio legis): Nach der Neufassung geht mit der Leistungsgewährung die Forderung in entsprechender Höhe über. Der Unterhaltsberechtigte ist für den Unterhaltsanspruch insoweit nicht mehr aktiv legitimiert. Dabei ist wie folgt zu differenzieren:
Musterformulierung: Der Beklagte wird verurteilt, für die Klägerin monatlichen nachehelichen Unterhalt von ... EUR zu zahlen, davon ... EUR an die ARGE (genaue Bezeichnung) und den Restbetrag von ... EUR an die Klägerin selbst.
Musterformulierung: Der Beklagte wird verurteilt, für die Klägerin monatlichen nachehelichen Unterhalt von ... EUR zu zahlen, davon bis zur letzten mündlichen Verhandlung ... EUR an die ARGE (genaue Bezeichnung) und von ... EUR an die Klägerin selbst, ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in voller Höhe an die Klägerin.
Praxishinweis: Die Neuregelung dürfte sich auch auf anhängige Unterhaltsverfahren auswirken. Das Gesetz enthält keine Übergangsvorschrift. Daher gilt der gesetzliche Forderungsübergang auch für Unterhaltsansprüche, die vor August 06 entstanden sind. Sie sind kraft Gesetzes zum 1.8.06 auf den Leistungsträger übergegangen, wenn zuvor die Voraussetzung zur Geltendmachung des Anspruchs für die Vergangenheit, sei es gemäß § 1613 BGB oder durch Rechtswahrungsanzeige (§ 33 Abs. 3 SGB II) gegeben waren, aber noch keine Überleitung nach altem Recht erfolgt war (BGH FamRZ 96, 1207 [die Entscheidung ist zwar zum früheren Sozialhilferecht ergangen, dürfte aber auch für die gleich gelagerte jetzige Änderung gelten]). In laufenden Prozessen müssen die auf den Leistungsträger übergegangenen Ansprüche berücksichtigt werden. Der Kläger muss die Zahlungen des Arbeitslosengeldes II auflisten und insoweit den Klageantrag umstellen.
Unproblematisch dürfte demgegenüber die mangelnde Aktivlegitimation vor Rechtshängigkeit der anhängigen Prozesse sein. Da der Forderungsübergang erst zum 1.8.06 und damit nach Rechtshängigkeit gilt, ist der Anwendungsbereich des § 265 Abs. 2 ZPO auch für die Ansprüche vor Rechtshängigkeit eröffnet, dass auch insoweit eine Antragsumstellung ausreicht.
Bei Rückabtretung der Ansprüche durch den Leistungsträger bedarf es keiner Antragsumstellung.
Nach § 33 Abs. 2 SGB II findet kein Forderungsübergang statt, wenn der Unterhaltsanspruch nur auf fiktivem Einkommen des Unterhaltspflichtigen beruht. Hier ist fraglich, wie sich die Änderung auswirkt. Die Leitlinien der OLGs zu 2.2 sind uneinheitlich und z.T. unklar. Arbeitslosengeld II wird
Ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Leistungsträger ausgeschlossen, kann der Unterhaltsberechtigte diesen auch vom Verpflichteten fordern. Sein Bedarf würde doppelt gedeckt. Bei der Sozialhilfe hat der BGH dies in Kauf genommen (BGH FamRZ 96, 1203) und Korrekturen nur bei Treuwidrigkeit vorgenommen. Nicht einzuschätzen ist, ob die Leitlinien der OLGs, die für die alte Gesetzesfassung eine Anrechnung vorgesehen haben, dabei auch bei der Neufassung bleiben. Die OLGs, die die Rechtsprechung des BGH zum Sozialhilferecht auf das Arbeitslosengeld II übertragen und die Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten nur bei Treuwidrigkeit scheitern ließen, werden sich auch weiterhin auf diese Rechtsprechung berufen.
Grundsätze des BGH zur Treuwidrigkeit:
|