01.12.2006 | Unterhaltsrechtsreform
Wichtige Eckpfeiler der Reform auf einen Blick
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
Das Justizministerium hat Entwicklungen im sozialen Bereich zum Anlass genommen, das Unterhaltsrecht zu reformieren. Es beruft sich auf die Verarmung Minderjähriger und möchte der gestiegenen Zahl der Scheidungen Rechnung tragen. Neue Familien mit Kindern, die nach Scheitern der Ehe entstehen, sollen nicht durch Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten belastet werden. Berücksichtigt werden sollen auch nichteheliche Lebensgemeinschaften und Alleinerziehende. Die folgende Checkliste zeigt die Ziele der Reform auf.
Checkliste: Drei Eckpunkte der Unterhaltsrechtsreform |
- Stärkung des Kindeswohls: Durch Änderung der Rangfolge wird die finanzielle Situation von minderjährigen und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern verbessert, die gegenüber dem Ehegatten des barunterhaltspflichtigen Elternteils und damit gegenüber Vater oder Mutter vorrangig befriedigt werden sollen. Dadurch entfallen Mangelfallberechnungen zwischen minderjährigen Kindern und dem Ehegatten. Letzterer ist auf das zu verweisen, was nach Befriedigung des Kinderunterhaltes noch als Einkommen für Unterhaltszwecke zur Verfügung steht.
- Betonung der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten: Die Erwerbsobliegenheit bei Betreuung eines Kindes wird verstärkt. Zudem wird die Unterhaltsbegrenzung erweitert. Geplant ist auch eine neue Definition zur Beurteilung einer angemessenen Erwerbstätigkeit i.S. von § 1574 BGB. Ehegatten nehmen die zweite Rangstufe außerdem nur bei Ehen von langer Dauer ein.
- Verbesserung der Rechtstellung von kinderbetreuenden Elternteilen: Zu diesen gehört auch die Mutter eines nicht ehelich geborenen Kindes. Sie werden gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ebenfalls durch einen Vorrang besser gestellt. Gleichrang besteht ausschließlich mit Ehegatten, wenn die geschiedene Ehe von langer Dauer war. Darin liegt eine Entwertung der Ehe und eine Bevorzugung von Beziehungen, in denen Kinder betreut werden.
Das Steuer-, Sozial- und Unterhaltsrecht sollen angeglichen werden. Dies war schon Ziel der Unterhaltsreform im Jahr 1998 und wirkt sich insbesondere bei der Kindergeldanrechnung aus, mit der steuerlichen Grundsätzen, wie dem Halbteilungsgrundsatz, Rechnung getragen wurde. Künftig wird der Unterhalt für Minderjährige in § 1612a Abs. 1 BGB durch das Steuerrecht, den doppelten Freibetrag nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG, bestimmt. Die bisherige Bezugsgröße, die Regelbetragsverordnung, wird abgeschafft. Der Entwurf entfernt sich bei der Kindergeldanrechnung aber auch vom Steuerrecht, weil das Kindergeld auf den Bedarf angerechnet wird. |
Der Gesetzesentwurf ist derzeit im Bundestag. Ob das Gesetz am 1.4.07 in Kraft treten wird, dürfte sich u.a. danach richten, wann die Existenzminimumsberichte vorliegen, von denen der steuerliche Freibetrag abhängt, der nun Bezugsgröße für den Mindestunterhalt ist. FK wird Sie auf dem Laufenden halten und ausführlich über die praktischen Auswirkungen berichten, sobald das Gesetz beschlossen ist.
Quelle:
Ausgabe 12 / 2006 | Seite 203 | ID 87272
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