01.01.2005 | Versorgungsausgleich
Grobe Unbilligkeit bei langer Trennung und „phasenverschobener Ehe“
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei langer Trennungszeit und bei sog. phasenverschobener Ehe (BGH 19.5.04, XII ZB 14/03, FamRZ 04, 1181, Abruf-Nr. 041756). |
Sachverhalt
Der 1925 geborene Ehemann und die 1939 geborene Ehefrau hatten am 28.1.66 geheiratet und waren auf den am 31.3.00 zugestellten Antrag des Ehemanns geschieden worden. Der Ehemann hat in der Ehezeit (1.1.66 bis 29.2.00, § 1587 Abs. 2 BGB) gesetzliche Rentenanwartschaften erworben und bezieht bereits seit September 1988 Rente. Die Ehefrau ist Beamtin und hat in der Ehezeit die höheren Versorgungsanwartschaften erworben. Das OLG Karlsruhe hat als Beschwerdegericht den Versorgungsausgleich (VA) zu Gunsten des Ehemanns auf der Grundlage der gesetzlichen Ehezeit in vollem Umfang durchgeführt. Der Antrag der Ehefrau, den VA ab September 1988 auszuschließen, weil die Eheleute seit diesem Zeitpunkt getrennt gelebt hätten, wurde zurückgewiesen. Das OLG ging davon aus, dass die Trennung bis 1997 noch nicht soweit verfestigt gewesen sei, dass sie auf eine Scheidung hinausgelaufen sei. Selbst wenn man von einer Beendigung der Versorgungsgemeinschaft der Parteien im Jahre 1988 ausgehe, sei die Dauer des Getrenntlebens im Verhältnis zur Dauer der gesamten Ehe nicht so lang, dass die Durchführung des VA als grob unbillig anzusehen sei. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgte die Ehefrau ihren Antrag auf teilweisen Ausschluss des VA weiter. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des BGH ist auf Grund der Angaben der Eheleute davon auszugehen, dass sie sich bereits 1988 räumlich und wirtschaftlich getrennt hatten. Die Tatsache, dass sie weiterhin freundschaftlichen Umgang hatten und dass die Ehefrau weiter ihren Urlaub in dem vom Ehemann ständig bewohnten Ferienhaus verbrachte, steht dem nicht entgegen.
Mit der Trennung der Eheleute entfällt die den VA rechtfertigende Grundlage der ehelichen Lebens- und Versorgungsgemeinschaft. Zwar ist der VA nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben, in die auch noch die Trennungszeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags fällt. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des VA als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbstständigung schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluss des VA rechtfertigen.
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