01.04.2008 | Versorgungsausgleich
Pfändungs- und Insolvenzschutz von Versorgungsanrechten
Häufig stellt sich im Verfahren über den Versorgungsausgleich (VA) die Frage, ob die dem VA unterliegenden Anrechte der Pfändung unterliegen und welche Auswirkungen die Insolvenz eines Ehegatten auf den VA hat. Insoweit muss zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem schuldrechtlichen VA unterschieden werden. Ferner ist bei den einzelnen Versorgungsanrechten zwischen dem Rentenstammrecht und den nach Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüchen auf die laufenden Versorgungsleistungen zu differenzieren. Dazu im Einzelnen:
Checkliste: Auswirkungen der Insolvenz eines Ehegatten auf den VA |
1. Öffentlich-rechtlicher VA
Folglich können diese dem öffentlich-rechtlichen VA unterliegenden Anrechte während des Verfahrens nicht durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern der Ehegatten beeinträchtigt werden. Deshalb hat es auf den öffentlich-rechtlichen VA grundsätzlich keinen Einfluss, wenn während des Scheidungsverfahrens Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen einen Ehegatten ergriffen werden oder wenn über das Vermögen eines Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet wird (in diesem Fall tritt auch keine Unterbrechung des VA-Verfahrens ein, OLG Frankfurt FK 04, 201). Für den öffentlich-rechtlichen VA ist es in diesen Fällen auch unerheblich, wenn Gläubiger in eine bereits laufende Rente oder Pension vollstrecken. Dies ist zwar im Rahmen der sich aus den §§ 850 ff. ZPO, § 54 Abs. 4 SGB I ergebenden Pfändungsfreibeträge ebenso wie bei Arbeitseinkommen zulässig. Die Rentenstammrechte werden dadurch aber nicht betroffen.
Mit dem Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.3.07 (BGBl. I, S. 368), in Kraft seit 31.3.07, ist jedoch insoweit eine wesentliche Änderung eingetreten. Dieses Gesetz erweitert den bisher in den §§ 850bis 850i ZPO für Arbeitseinkommen und in § 54 Abs. 4 SGB I für gesetzliche Renten geregelten Pfändungsschutz mit den neuen §§ 851cund 851d ZPO auch auf Leistungen, die auf Grund von privaten Altersvorsorgeverträgen gewährt werden. Darunter fallen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, Bank- und Fondssparpläne (Stöber, NJW 07, 1242, 1244) sowie steuerlich geförderte Vorsorgeverträge (Riester- oder Rürup-Renten). Darüber hinaus wird mit § 851c Abs. 2 ZPO auch der angesammelte Kapitalstock selbst bis zum Eintritt des Versicherungsfalls bereits in dem Umfang gegen Pfändung gesichert, der erforderlich ist, damit der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall eine Rente in Höhe der Pfändungsfreigrenze erwarten kann.
Gemäß § 851c Abs. 1 ZPO muss der private Versicherungsvertrag bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit das Vorsorgekapital pfändungs- und damit auch insolvenzgeschützt ist:
Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist gemäß § 851c Abs. 2 ZPO nach dem Lebensalter des Versicherungsnehmers (progressiv) gestaffelt. Damit werden die Kapitalverzinsung, das Sterblichkeitsrisiko und die Pfändungsfreigrenzen berücksichtigt und es wird verhindert, dass ein Versicherter durch eine hohe Einmalzahlung Vermögen vollständig dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht. Der Versicherungsnehmer darf danach jährlich folgende Beträge unpfändbar ansammeln:
Maximal können so 238.000 EUR pfändungsfrei angespart werden. Diese Werte sollen künftig ständig der Entwicklung der zugrunde liegenden Parameter angepasst werden.
Übersteigt der Rückkaufswert der Alterssicherung den zu dem betreffenden Zeitpunkt unpfändbaren Betrag, bleiben bis zu einem Betrag von 714.000 EUR zusätzlich 3/10 des überschießenden Betrags unpfändbar. Damit können im Ergebnis bis zu 380.800 EUR pfändungssicher angelegt werden. Durch Änderung des § 36 Abs. 1 S. 2 InsO ist klargestellt worden, dass die §§ 851cund 851d ZPO auch im Insolvenzverfahren und in der Treuhandperiode Anwendung finden. Außerdem ergibt sich daraus, dass für die hierfür erforderlichen Entscheidungen die Insolvenzgerichte zuständig sind.
Der Versicherungsnehmer kann jederzeit zum Ende der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung seiner Versicherung in eine nach § 851c ZPO vollstreckungsgeschützte Versicherung verlangen (§ 173 VVG n.F.). Damit kann das Altersvorsorgevermögen auch noch während des laufenden VA-Verfahrens dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden. Sind die Rechte aus der Versicherung allerdings sicherungshalber an einen Gläubiger abgetreten worden, ist die Umwandlung der Versicherung nur mit Zustimmung des Gläubigers möglich.
2. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich: Anders als der öffentlich-rechtliche VA betrifft der schuldrechtliche VA nicht die unpfändbaren Rentenstammrechte, sondern leitet sich aus den daraus erwachsenden Einzelansprüchen des ausgleichspflichtigen Ehegatten ab. Der Berechtigte kann nur eine Beteiligung an der auszugleichenden Versorgung des Verpflichteten verlangen, nachdem bei diesem der Versorgungsfall eingetreten ist. Die gerichtliche Entscheidung tituliert einen schuldrechtlichen Anspruch des Berechtigten gegen den Verpflichteten auf Zahlung einer monatlichen Geldrente. Aus diesem Titel muss der Berechtigte die Vollstreckung betreiben, wenn der Verpflichtete nicht freiwillig zahlt. Der Berechtigte steht damit anderen Gläubigern des Ausgleichspflichtigen gleich, die ebenfalls in die laufende Versorgung vollstrecken können.
Der Anspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten auf die schuldrechtliche Ausgleichsrente (§ 1587g Abs. 1 S. 1 BGB) ist weder in der Zwangsvollstreckung privilegiert noch insolvenzgeschützt. Die dem schuldrechtlichen VA unterliegenden Versorgungsleistungen des Verpflichteten sind nach Maßgabe der § 850 ff. ZPO, § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen pfändbar. Der berechtigte Ehegatte kommt daher nur zum Zuge, wenn die Versorgungsleistungen des Verpflichteten die gesetzlichen Pfändungsfreibeträge übersteigen. Außerdem muss sich der Berechtigte Vorpfändungen anderer Gläubiger entgegenhalten lassen, und die auszugleichende Versorgung fällt im Fall der Insolvenz des Verpflichteten in die Masse. Dem Berechtigten kommt nicht einmal das für Unterhaltsgläubiger geltende Vollstreckungsprivileg des § 850d ZPO zugute (BGH FamRZ 05, 1564 = FK 06, 115, Abruf-Nr. 052162).
Eine zusätzliche Sicherungsmöglichkeit bietet aber § 1587i BGB. Danach kann der Ausgleichsberechtigte vom Verpflichteten die Abtretung seiner in den schuldrechtlichen VA einbezogenen Ansprüche gegen den Träger der auszugleichenden Versorgung in Höhe der auszugleichenden Rente verlangen. Auf die Pfändungsschutzvorschriften kann sich der Verpflichtetedem gegenüber nicht berufen, § 1587i Abs. 2 BGB. Soweit keine Vorpfändungen vorliegen, kann der Berechtigte seinen Anspruch damit ohne Rücksicht auf die Pfändungsfreigrenzen durchsetzen. Das Gericht muss dem Antrag ab Abtretung entsprechen. Mit Rechtskraft der Entscheidung gilt die Abtretungserklärung als erfolgt. Damit tritt der Berechtigte in Höhe der titulierten Ausgleichsrente als neuer Gläubiger der Versorgungsansprüche an die Stelle des Verpflichteten und kann die Ausgleichsrente unmittelbar gegen den Versorgungsträger des Verpflichteten geltend machen. |