01.09.2007 | Versorgungsausgleich
Verfahrensbeendigung durch unwirksame Parteivereinbarung über Super-Splitting
1. Zur Reichweite der materiellen Rechtskraft von Prozessentscheidungen. |
2. Zur verfahrensbeendenden Wirkung einer den Versorgungsausgleich anordnenden gerichtlichen Entscheidung, die auf einer wegen verbotenen Super-Splittings unwirksamen Parteivereinbarung beruht (Fortführung des Senatsbeschlusses BGHZ 152, 14 = FamRZ 02, 1553). |
(BGH 17.1.07, XII ZB 134/03, FamRZ 07, 536, Abruf-Nr. 070813) |
Sachverhalt
Die Parteien vereinbarten im Scheidungsverfahren gemäß § 1587o BGB, dass in den Versorgungsausgleich (VA) nur eine vom Ehemann erworbene Anwartschaft auf Beamtenversorgung einbezogen werden sollte. Die übrigen in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften sollten den Ehegatten jeweils anrechnungsfrei verbleiben. Beide Parteien hatten in der Ehezeit auch berufsständische Anrechte erworben, wobei diejenigen der Ehefrau höher waren. Die Ehefrau bezog außerdem noch eine private Berufsunfähigkeitsrente. Das AG hat die Vereinbarung genehmigt und den VA ausschließlich auf der Basis der Beamtenversorgung des Ehemannes durchgeführt. Diese Entscheidung wurde rechtskräftig. Der Ehemann schied später aus dem Beamtenverhältnis aus und wurde in der berufsständischen Versorgung nachversichert. Er begehrte die Abänderung des VA nach § 10a VAHRG, weil seine Versorgungsanrechte nun geringer zu bewerten seien. Der Antrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Parteivereinbarung gegen § 1587o Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen habe und deshalb nichtig sei. Dies habe zur Folge, dass das Ausgangsverfahren über den VA noch nicht beendet sei und es deshalb an einer abzuändernden Entscheidung fehle. Daraufhin beantragte der Ehemann die Fortsetzung des Ausgangsverfahrens. Das AG wies diesen Antrag jedoch zurück. Diese Entscheidung wurde vom OLG und vom BGH bestätigt.
Entscheidungsgründe
Die Vereinbarung verstieß gegen § 1587o Abs. 1 S. 2 BGB und war daher gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar kann der VA durch Parteivereinbarung grundsätzlich auch teilweise ausgeschlossen werden, etwa indem bestimmte in der Ehezeit erworbene Anwartschaften nicht darin einbezogen werden sollen. Die Dispositionsbefugnis der Ehegatten wird jedoch gemäß § 1587o Abs. 1 S. 2 BGB dadurch begrenzt, dass durch eine Vereinbarung Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nicht begründet oder übertragen werden können. Die Vereinbarung darf daher weder unmittelbar noch mittelbar dazu führen, dass der aufgrund der gesetzlichen Regelung gebotene Ausgleich zugunsten des Berechtigten erhöht wird oder dass sich gar die Ausgleichsrichtung umkehrt. Vorliegend hatte die vertragliche Beschränkung des VA auf die beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte des Ehemannes zur Folge, dass für die Ehefrau gemäß § 1587b Abs. 2 BGB höhere gesetzliche Rentenanwartschaften begründet werden sollten als gesetzlich vorgesehen (sog. Super-Quasisplitting).
Eine unwirksame Vereinbarung führt zwar für sich allein nicht zur Beendigung eines gerichtlichen Verfahrens. Das gilt auch, wenn das Gericht anschließend – lediglich deklaratorisch – gemäß § 53d FGG ausspricht, dass ein VA im Hinblick auf die Parteivereinbarung nicht stattfindet. Hier hat das AG aber, weil der VA vertraglich nur teilweise ausgeschlossen worden war, noch eine Sachentscheidung über den VA getroffen, die die Begründung von Rentenanwartschaften zum Inhalt hatte. Diese Entscheidung ist in materielle Rechtskraft erwachsen. Damit ist, weil die Teilvereinbarung unwirksam war, über den VA insgesamt abschließend entschieden worden. Folglich fehlt es für eine Fortsetzung des Ausgangsverfahrens an einer Grundlage.
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