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  • 05.01.2009 | Versorgungsausgleich

    Wertermittlung im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle

    1. Auch im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ist für die Ermittlung der Ausgleichsrente nach § 1587g Abs. 2 S. 1, § 1587a BGB grundsätzlich auf die Wertverhältnisse bei Ende der Ehezeit abzustellen.  
    2. Nachehezeitliche Wertveränderungen sind allerdings nach § 1587g Abs. 2 S. 2 BGB zu berücksichtigen, wenn sie dem Versorgungsanrecht schon latent innewohnten und lediglich zu einer Aktualisierung des bei Ehezeitende bestehenden Wertes geführt haben. Das ist z.B. in Fällen vorzeitigen Rentenbeginns der Fall, nicht aber bei einer nachehelich erheblich verbesserten Versorgungszusage, wenn der Grund dafür in individuellen Umständen des Versorgungsberechtigten liegt.  
    (BGH 11.6.08, XII ZB 154/07, FamRZ 08, 1512, Abruf-Nr. 082238)

     

    Sachverhalt

    Der Ehemann hat in der Ehezeit (1.11.66 bis 30.6.94) gegenüber der T-AG, bei der er seit dem 1.9.65 beschäftigt war, eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben. Anfang 90 wurde die T-AG von der K-GmbH übernommen. Der Ehemann wurde in dieser Gesellschaft Geschäftsführer. Die Zusage der betrieblichen Altersversorgung blieb zunächst unverändert. Im Dezember 95 erhielt er vom Arbeitgeber eine neue Versorgungszusage, mit der die Anwartschaft auf die künftige Betriebsrente wesentlich erhöht wurde. Zum 31.12.97 schied er gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis aus. Mit einem Teil der Abfindung erwarb er bei demselben Arbeitgeber zusätzliche Anwartschaften in der betrieblichen Altersversorgung. Seit Vollendung des 60. Lebensjahres (Oktober 01) bezieht er eine Betriebsrente, die seit Januar 04 - einschließlich des aus der Abfindung finanzierten Anwartschaftsteils - monatlich rund 4.080 EUR beträgt. Auf der Grundlage der bei Ehezeitende geltenden Versorgungszusage würde die Betriebsrente monatlich 1.870 EUR betragen, im Fall einer Weiterbeschäftigung bis zum Rentenbeginn mit Vollendung des 65. Lebensjahres würde sich die Anwartschaft zum gleichen Zeitpunkt auf monatlich 2.577 EUR belaufen. Nachdem die Ehefrau selbst in den Ruhestand getreten war, beantragte sie den schuldrechtlichen Ausgleich der Betriebsrente ab Februar 04. Das OLG hat die Betriebsrente zugrunde gelegt, die der Ehemann auf der Grundlage der früheren Versorgungszusage im Fall einer Weiterbeschäftigung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Oktober 06) erhalten hätte. Dagegen wandten sich beide Eheleute mit der (vom OLG zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde des Ehemannes hatte Erfolg, die der Ehefrau nicht.  

     

    Entscheidungsgründe

    Ebenso wie im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich (VA) sind die Werte der in den VA einzubeziehenden Versorgungsanrechte auch im schuldrechtlichen VA grundsätzlich nach den Verhältnissen bei Ehezeitende zu bestimmen, § 1587g Abs. 2 S. 1 i.V. mit § 1587a BGB. Zusätzlich sind im schuldrechtlichen VA allerdings Wertveränderungen zu berücksichtigen, die zwischen dem Ende der Ehezeit und der Fälligkeit der schuldrechtlichen Ausgleichsrente eingetreten sind, § 1587g Abs. 2 S. 2 BGB. Damit sollen aber nur solche Veränderungen erfasst werden, die einem Versorgungsanrecht bereits am Ende der Ehezeit latent innewohnten. Das sind insbesondere die in der Versorgungsregelung vorgesehenen Anpassungen des Anrechts z.B. an die Entwicklung der Löhne oder der Verbraucherpreise. Für die Feststellung aller anderen für den schuldrechtlichen VA erheblichen Tatsachen kommt es dagegen allein auf die Verhältnisse bei Ehezeitende an. Änderungen im Wert eines Versorgungsanrechts, die auf nach Ehezeitende eingetretenen individuellen Umständen wie etwa einem beruflichen Aufstieg (Karrieresprung) beruhen, bleiben auch im schuldrechtlichen VA außer Betracht. Hier ist die betriebliche Versorgungsanwartschaft des Ehemannes nur aufgrund besonderer individueller Umstände, die sich nach Ehezeitende ergeben haben, erhöht worden. Die neue Versorgungszusage ist erst 1 1/2 Jahre nach Ende der Ehezeit erteilt worden. Zudem spricht der erhebliche Umfang, in dem das bisher bestehende Versorgungsanrecht nach Ehezeitende erhöht worden ist, dagegen, dass die Wertsteigerung dem Anrecht schon vor Ehezeitende latent innewohnte. Zutreffend hat das OLG daher im schuldrechtlichen VA - fiktiv - nur auf die Versorgungsanwartschaft abgestellt, die der Ehemann aufgrund der bei Ehezeitende maßgebenden Versorgungszusage erworben hatte.  

     

    Zu Unrecht hat das OLG jedoch eine Weiterbeschäftigung des Ehemannes bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Oktober 06) fingiert, dem VA die Rente zugrunde gelegt, die er in diesem Fall nach der früheren Versorgungszusage erhalten hätte, und den Ehezeitanteil aus dem Zeit/Zeit-Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zur fiktiven Gesamtbetriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze errechnet. Im Gegensatz zu der auf individuellen Umständen beruhenden Änderung der Versorgungszusage sind das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und der vorzeitige Rentenbeginn Umstände i.S. des § 1587g Abs. 2 S. 2 BGB, die im VA auch zu berücksichtigen sind, wenn sie nach Ende der Ehezeit eintreten. Die vorzeitige Beendigung der Betriebszugehörigkeit (zum 31.12.97) und der vorzeitige Rentenbeginn (1.10.01) haben hier zur Verringerung der Betriebsrente geführt. Andererseits bewirkt der vorzeitige Rentenbeginn eine Verkürzung der Gesamtbetriebszugehörigkeit und über die zeitratierliche Berechnung nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 lit. b BGB einen prozentual höheren Ehezeitanteil.