24.03.2011 | Wohnvorteil
So behalten Sie bei der Ermittlung des Wohnvorteils den Überblick
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
Die Ermittlung des Wohnvorteils bereitet in der Praxis Probleme. Die folgende Übersicht zeigt Ihnen, welche Positionen dabei zu beachten sind (im Anschluss an Soyka, FK 11, 50).
Übersicht: Ermittlung des Wohnvorteils |
Wurde die Immobilie nach Trennung oder Scheidung veräußert und sind dabei die Schulden getilgt worden, werden diese insoweit ab diesem Zeitpunkt bei der Unterhaltsberechnung nicht mehr berücksichtigt. Verbleibt eine Restschuld, weil der Veräußerungserlös nicht ausgereicht hat, die Hausschulden in vollem Umfang zu tilgen, sind die zu deren Bedienung notwendigen Aufwendungen weiterhin als eheprägend wie ein Konsumkredit zu behandeln.
Soweit den Eheleuten nach Tilgung der Hausschulden ein Veräußerungserlös verbleibt, mit dem Zinsen zu erzielen sind, prägen die Zinsen nach dem Surrogationsgedanken die ehelichen Lebensverhältnisse. Der Umstand, dass bisher nur Hausschulden verblieben sind, spielt dabei keine Rolle (BGH FamRZ 02, 88).
Praxishinweis: Den Eheleuten ist anzuraten, in den Fällen, in denen auf gleichen Seiten der gleiche Zinssatz in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist, die Zinseinkünfte auf beiden Seiten wegzulassen, da sich dadurch im Ergebnis nichts ändert. Vorteil: Sie können mit ihrem Vermögen verfahren, wie sie wollen, ohne dem anderen darüber Rechenschaft schuldig zu sein.
Der Wohnvorteil ist jedoch mit dem monatlichen Schuldendienst aufgrund der übernommenen Hauslasten zu verrechnen, die schon während der Ehezeit bestanden, und aufgrund der neu eingegangenen Verbindlichkeiten zur Finanzierung des Miteigentumserwerbs.
Bei den übernommenen Hauslasten sollen sowohl Zins- als auch Tilgung zu berücksichtigen sein (BGH Familie und Recht [FuR] 05, 361), während für die neu eingegangene Verbindlichkeit nur die Zinsen zu berücksichtigen sind, weil die Tilgung einseitige Vermögensbildung darstellt. Soweit allerdings geltend gemacht wird, dass sie Altersversorgung ist und die bisherige Altersversorgung weniger als 24 % des Bruttoeinkommens darstellt, ist die Tilgung nach neuer BGH Rechtsprechung anzuerkennen, weil nun für die angemessene Altersversorgung 24 % des Bruttoeinkommens eingesetzt werden dürfen (BGH FK 06, 1, Abruf-Nr. 052903). Warum allerdings für die übernommenen Verbindlichkeiten, die schon während der Ehezeit bestanden, auch die Tilgung abzuziehen ist, ist nicht verständlich. Dass diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben, dürfte nach dem Erwerb des Miteigentumsanteils keine Rolle mehr spielen, da es hier ausschließlich um einseitige Vermögensbildung geht.
Stellt sich heraus, dass die Anlage des Veräußerungserlöses aufseiten des Veräußerers eine eindeutig unwirtschaftliche Vermögensanlage ist, ist im Rahmen einer Vermögensumschichtung mit den erzielbaren Vermögenserträgen zu rechnen. Eine eindeutig unwirtschaftliche Vermögensanlage muss auch aufseiten des Erwerbers geprüft werden. Hier wird zu überlegen sein, ob der Erwerb des Miteigentumsanteils nicht deswegen unwirtschaftlich war, weil ein Wohnvorteil im Hinblick auf die gegenzurechnenden monatlichen Belastungen nicht anzusetzen ist, während bei der Veräußerung der Immobilie an einen Dritten Zinserträge erzielt würden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Erwerber in diesem Fall auch eine Miete zahlen müsste, um seinen Wohnbedarf zu decken. Er wird sich darauf berufen, dass im Hinblick auf den sonst zu deckenden Wohnbedarf auch dann eine Vermögensanlage für ihn nicht unwirtschaftlich ist, wenn Wohnvorteil und monatlicher Schuldendienst sich decken.
Anmerkung: Leider hat der BGH die Ansicht der Vorinstanz nicht geteilt, die Beteiligten so zu behandeln, als sei die Immobilie an einen Dritten veräußert worden. Dann hätten beide den gleichen Erlösanteil erhalten, sodass sich letztlich die erzielten oder erzielbaren Zinseinkünfte auf gleicher Höhe bewegen und diese bei der Unterhaltsberechnung weggelassen werden könnten.
Den Parteien ist daher zu raten, bei derartigen Rechtsgeschäften im notariellen Kaufvertrag zu vereinbaren, dass weder Zinsen noch Wohnvorteil unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden sollten. Sonst läuft der veräußernde Ehegatte Gefahr, dass er, wenn er unterhaltsberechtigt ist, durch eine Unterhaltsreduzierung die Vermögensbildung des anderen mitfinanziert. |
Quelle: Ausgabe 04 / 2011 | Seite 61 | ID 143320