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  • 28.04.2011 | Wohnvorteil

    So wird der Wohnvorteil richtig berechnet

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Die Berechnung des Wohnvorteils bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten. Die folgenden Beispiele zeigen Ihnen, wie es richtig geht.  

     

    Grundlagen der Berechnung

    Bei der Einstellung des Wohnvorteils in die Unterhaltsberechnung sind drei Dinge zu beachten:  

     

    • Für den Wohnvorteil gilt der Halbteilungsgrundsatz. Daher ist zunächst das Erwerbseinkommen nach Bereinigung um Schulden, Unterhaltslasten etc. nach Abzug des Erwerbstätigenbonus einzustellen.

     

    • Der bei Bedarf, Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit einzusetzende Wohnvorteil ist immer gleich hoch.

     

    • Die Hauslasten sind zunächst mit dem Wohnvorteil zu verrechnen und nicht vom Einkommen abzuziehen. Dies hat wegen der unzulässigen Verringerung des Einkommens Einfluss auf den Erwerbstätigenbonus, der von dem vollen Einkommen zu errechnen ist.

     

    Beispiel: Wohnvorteil beim Trennungsunterhalt bis Zustellung Scheidungsantrag

    Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Mannes M beträgt 2.400 EUR. Er muss Kindesunterhalt für das Kind K in Höhe von 314 EUR zahlen. Der Wohnvorteil der beiden gemeinsam gehörenden Immobilie beträgt objektiv 700 EUR, die Hauslasten 300 EUR. Davon sind 50 EUR Tilgung. Die Frau F ist nicht erwerbstätig und bleibt nach der Trennung in der Immobilie wohnen, die beiden Ehegatten gehört. M trägt die Hauslasten. Es gilt der angemessene Wohnvorteil, der hier mit 500 EUR bemessen wird, wobei davon ausgegangen wird, dass K bei F lebt. Frage: Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch der F?  

     

    Lösung: Es bietet sich die Additionsmethode an, weil alles andere kaum zu bewältigen ist.  

     

    Bedarfsberechnung:  

    Einkommen M  

     

    2.400 EUR  

    abzüglich Kindesunterhalt  

     

    ./. 314 EUR  

     

     

    2.086 EUR  

    6/7  

     

    1.788 EUR  

    Wohnvorteil  

    angemessener Wohnvorteil 500 EUR  

    ./. Hauslasten 300 EUR  

    (Zins- und Tilgung, da gemeinsame Vermögensbildung)  

     

    200 EUR  

     

     

    1.988 EUR  

    Bedarf 1/2  

     

    994 EUR  

    abzüglich Wohnvorteil  

     

    ./. 500 EUR  

     

     

    494 EUR  

     

    F hat 494 EUR Unterhalt, 500 EUR Wohnvorteil = 994 EUR (und 314 EUR Kindesunterhalt) zur Verfügung.  

     

    M behält 2.086 EUR abzüglich 300 EUR Hauslasten und 494 EUR Ehegattenunterhalt = 1.292 EUR. Die Differenz von 298 EUR (ohne Kindesunterhalt), zu dem, was F zur Verfügung hat, ist das Anreizsiebtel.  

     

     

     

    Abwandlung 1: Wohnvorteil beim nachehelichen Unterhalt

    Sachverhalt wie im Beispiel. Frage: Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch (nachehelich) der F?  

     

    Lösung: Hier wird wie folgt gerechnet:  

     

    Bedarfsberechnung:  

    Einkommen M  

     

    2.400 EUR  

    abzüglich Kindesunterhalt  

     

    ./. 314 EUR  

     

     

    2.086 EUR  

    6/7  

     

    1.788 EUR  

    Wohnvorteil  

    objektiver Wohnvorteil 700 EUR  

     

     

    ./. Hauslasten 300 EUR  

    400 EUR  

     

     

    2.188 EUR  

    Bedarf 1/2  

     

    1.094 EUR  

    abzüglich Wohnvorteil  

     

    ./. 700 EUR  

     

     

    394 EUR  

     

     

    F verfügt neben dem Wohnvorteil von 700 EUR über 394 EUR und den Kindesunterhalt.  

     

     

    Abwandlung 2: Wohnvorteil bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit

    Im Beispiel beträgt das Einkommen des M 1.600 EUR. Er bleibt nach der Trennung in der ihm allein gehörenden Immobilie wohnen. Frage: Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch der F?  

     

    Lösung: Hier wird wie folgt gerechnet:  

     

    a) Bedarfsberechnung beim Trennungsunterhalt bis zur Zustellung des Scheidungsantrags:  

    Einkommen M  

     

    1.600 EUR  

    abzüglich Kindesunterhalt  

     

    ./. 299 EUR  

     

     

    1.301 EUR  

    abzüglich Wohnvorteil  

    300 EUR* ./. 300 EUR Hauslasten**  

    ./. 0 EUR  

     

    (*im Selbstbehalt berücksichtigter Kaltmietanteil [vgl. dazu Soyka, FK 11, 50, 52]), **(Zins- und Tilgung wegen Zugewinnausgleich)  

     

     

     

    1.301 EUR  

    Bedarf 3/7, gerundet  

     

    558 EUR  

    Leistungsfähigkeit M  

     

     

    1.600 EUR ./. 299 EUR Kindesunterhalt ./. 558 EUR Trennungsunterhalt ./. 300 EUR Hauslasten + 300 EUR angemessener Wohnvorteil = 743 EUR  

     

    Da der Selbstbehalt des M 1.050 EUR beträgt, ist er nicht voll leistungsfähig. Es müsste daher eine Mangelfallberechnung erfolgen.  

     

     

    b) Bedarfsberechnung beim nachehelichen Unterhalt oder bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bzw. bei der Vermögensauseinandersetzung  

    Einkommen M  

     

    1.600 EUR  

    abzüglich Kindesunterhalt  

     

    ./. 299 EUR  

     

     

    1.301 EUR  

    6/7 gerundet  

     

    1.115 EUR  

    zuzüglich Wohnvorteil abzüglich Zinsen  

    Wohnvorteil 700 EUR ./. 250 EUR Zinsen (Tilgung ist einseitige Vermögensbildung)  

    450 EUR  

     

     

    1.565 EUR  

    Bedarf 1/2 gerundet  

     

    782 EUR  

    Leistungsfähigkeit M  

     

     

    1.600 EUR ./. 299 EUR Kindesunterhalt ./. 782 EUR Unterhalt + 700 EUR Wohnvorteil ./. 250 EUR Hauslasten (Zinsen) = gerundet 969 EUR  

     

    Da der Selbstbehalt des M 1.050 EUR beträgt, ist er nicht voll leistungsfähig. Es müsste daher eine Mangelfallberechnung erfolgen bzw. die Immobilie veräußert werden.  

     

     

     

    Abwandlung 3: Wohnvorteil bei Zinseinkünften aus der Veräußerung der Immobilie an Dritte

    Das bereinigte Nettoeinkommen des M beträgt 1.800 EUR. Der Wohnwert beläuft sich nach Abzug der Hauslasten auf 300 EUR. M und F, die kinderlos sind, verkaufen die Immobilie nach der Trennung an einen Dritten. Jeder Ehegatte kann monatlich 200 EUR Zinsen aus dem Veräußerungserlös erzielen. Frage: Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch der F?  

     

    Lösung: Hier wird wie folgt gerechnet:  

     

    Bedarfsberechnung:  

    Einkommen M  

    1.800 EUR  

    6/7 gerundet  

    1.543 EUR  

    zuzüglich Zinsen von M und F aus dem Veräußerungserlös  

    400 EUR  

     

    1.943 EUR  

    Bedarf 1/2 gerundet  

    972 EUR  

    abzüglich Zinsen der F  

    ./. 200 EUR  

     

    772 EUR  

     

     

    F hat einen Unterhaltsanspruch in Höhe von gerundet 772 EUR.  

     

     

    Abwandlung 4: Wohnvorteil bei Zinseinkünften aus der Veräußerung von F an M

    In der Abwandlung 3 verkauft F ihren Miteigentumsanteil an M. F kann aus dem Veräußerungserlös 200 EUR Zinsen monatlich erzielen, der Finanzierungsaufwand des M entspricht dem Wohnwert. Frage: Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch der F?  

     

    Lösung: Hier wird wie folgt gerechnet:  

     

    Bedarfsberechnung:  

    Einkommen M  

    1.800 EUR  

    6/7 gerundet  

    1.543 EUR  

    zuzüglich Zinsen von F aus dem Veräußerungserlös  

    200 EUR  

     

    1.743 EUR  

    Bedarf 1/2 gerundet  

    872 EUR  

    abzüglich Zinsen der F  

    ./. 200 EUR  

     

    672 EUR  

     

     

    F hat einen Unterhaltsanspruch in Höhe von gerundet 672 EUR.  

     

     

    Weiterführende Hinweise  

    • FK 11, 50, zu den Basics des Wohnvorteils
    • FK 11, 61, zur Ermittlung des Wohnvorteils
    Quelle: Ausgabe 05 / 2011 | Seite 86 | ID 144070