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  • 01.10.2007 | Zugewinnausgleich

    Berücksichtigung eines Wohnrechts bei privilegiertem Anfangsvermögen

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
    Hat der erwerbende Ehegatte in den Fällen des § 1374 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit der Zuwendung ein Wohnrecht übernommen, ist dieses bei der Ermittlung des Anfangs- und, wenn das Wohnrecht fortbesteht, auch des Endvermögens mit seinem jeweils aktuellen Wert wertmindernd zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist der laufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Wohnrechts auch für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Wohnrechts zu bewerten, um den gleitenden Erwerbsvorgang zu erfassen und vom Ausgleich ausnehmen zu können (BGH 22.11.06, XII ZR 8/05, FamRZ 07, 978, Abruf-Nr. 071738).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten im Rahmen des Zugewinnausgleichs um die Bewertung eines Grundstücks, das der Antragstellerin in Vollzug eines notariellen Kaufvertrags im Jahre 1975 von ihrer Mutter übertragen wurde. Als Gegenleistung hatte sich die Antragstellerin zur Zahlung einer Leibrente – mit Wertsicherungsklausel – an die Mutter verpflichtet. Die Leibrente war, sofern die Mutter vor dem 31.12.90 versterben sollte, an den Bruder der Antragstellerin zu zahlen. Außerdem war ein Wohnrecht für die Großmutter eingetragen, das nach dem Tod der Großmutter zwar entfallen, aber zu einer Erhöhung der monatlich zu zahlenden Leibrente führen sollte.  

     

    Entscheidungsgründe

    Trotz der Bezeichnung als Kaufvertrag handelt es sich um einen privilegierten Erwerb i.S. des § 1374 Abs. 2 BGB, soweit die Zuwendung unentgeltlich erfolgt ist. Der Wortlaut der Vorschrift stellt auf eine bestimmte Erwerbsform ab und ist anwendbar, wenn ein Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erfolgt ist (BGH FamRZ 78, 334). Das ist i.d.R. der Fall, wenn einem Abkömmling ein Grundstück, ein landwirtschaftliches Anwesen oder ein Unternehmen von seinen Eltern oder einem Elternteil unter Lebenden übergeben wird. Soweit der Übernehmer den Übergeber von Belastungen freistellt, ihm ein Leibgedinge einräumt, mit dem er insbesondere den Wohn- und Pflegebedarf absichert, handelt es sich um ein Gefüge von Abreden, die für die vorweggenommenen Erbfolgen typisch sind. Auch das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestätigt diese auf der persönlichen Beziehung der Vertragsparteien und der Vertragsgestaltung beruhende Vermutung.  

     

    Während bisher der fortlaufende Wertzuwachs eines Wohnrechts sowohl beim Anfangs- als auch beim Endvermögen unberücksichtigt blieb (BGH FamRZ 90, 603 und 1217), wird diese Rechtsprechung aufgegeben und in der bisherigen Regelung ein Verstoß gegen die Bewertungsgrundsätze des § 1376 BGB gesehen. Maßgeblich für die Berechnung des Anfangsvermögens ist der Wert, den das hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbs hatte. Bei Übertragung eines Grundstücks unter dem Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts erstreckt sich der Erwerbsvorgang – hinsichtlich der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit – über den gesamten Zeitraum. Diesem gleitenden Vermögenserwerb wird nicht Rechnung getragen, wenn das Wohnrecht sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen unberücksichtigt bleibt. Deshalb ist das Wohnrecht als Grundstücksbelastung für den Anfangsstichtag und – sofern vorhanden – auch für den Endstichtag zu bewerten. Der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung ist aufgrund des abnehmenden Werts des Wohnrechts auch für den dazwischen liegenden Zeitraum zu bewerten, um den gleitenden Erwerbsvorgang zu erfassen und durch entsprechende Hinzurechnung zum Anfangsvermögen vom Ausgleich auszunehmen. I.d.R. bedarf dies der sachverständigen Hilfe.