Zugewinnausgleich
Steuerrecht und Zugewinnausgleich bei Immobilien
von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
Die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 von zwei auf zehn Jahre ausgeweitete Spekulationsfrist für Immobilien ist bei der Vermögensauseinandersetzung unter Ehegatten bedeutsam*. Die folgenden Ausführungen zeigen die steuerliche Behandlung einer Ausgleichsforderung und die steuerliche Auswirkung von Eigentumsübertragungen beim Zugewinnausgleich unter Berücksichtigung der Spekulationsfrist.
*Die Spekulationsfristen von zehn Jahren bei nicht selbst genutzten Grundstücken sollen künftig entfallen. Veräußerungsgewinne aus derartigen Geschäften würden demnach generell steuerpflichtig.
1. Grundsatz: Keine Steuerpflicht für Zugewinnausgleichsleistungen
Die im Rahmen des Zugewinnausgleichs geleisteten Beträge unterliegen grundsätzlich weder der Schenkungsteuer noch der Einkommensteuer. Dazu im Einzelnen:
- Die Ausgleichsforderung rechnet nicht zum schenkungsteuerpflichtigen Entgelt (§ 5 Abs. 2 ErbStG). Dazu zählen nur unentgeltliche Zuwendungen. Der Zugewinn stellt dagegen einen Ausgleich auf Grund beiderseitiger Leistungen innerhalb der Ehe dar. Dagegen kann eine der Schenkungsteuer unterfallende Leistung bei einem Verzicht des ausgleichsberechtigten Ehegatten auf die Ausgleichsforderung vorliegen.
- Die Ausgleichsforderung unterliegt selbst dann nicht der Einkommensteuer, wenn sich der Zugewinn ganz oder im Wesentlichen aus einer Einkommensquelle im einkommensteuerrechtlichen Sinne ergibt (BFH DB 93, 1855).
Praxishinweis: Der zur Ausgleichsforderungserfüllung entstehende Aufwand stellt keine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG dar (BFH FamRZ 94, 890). Zinsen, die zur Finanzierung der Ausgleichsforderung durch Kreditaufnahmen entstehen, sind weder Sonderausgaben (§ 10 EStG) noch Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (BFH NJW 94, 280). Die Zugewinnausgleichsschuld ist eine Nachlassverbindlichkeit i.S. des ErbStG (BFH NJW 93, 2461). Wird zur Erfüllung des Ausgleichsanspruchs ein Grundstück oder Grundstückssteil übertragen, fällt wegen des Ehegattenprivilegs in § 3 Nr. 4 GrEStG keine Grunderwerbsteuer an.
2. Ausnahme: Steuerpflicht für Übertragung von Betriebsvermögen
Die einkommensteuerrechtliche Neutralität entfällt bei der Übertragung von Betriebsvermögensteilen (z.B. Privatentnahmen, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zur Ausgleichsforderungserfüllung. Schon die Anschaffung oder Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts (Vermögensgegenstands) hat einkommensteuerrechtliche Wirkungen. Bei Gewinnsteigerungen wird der Wert der Einlagen und Entnahmen korrigiert und unterliegt der Einkommensteuer. Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und demjenigen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (zu weiteren Ausnahmen: BFH BStBl. II 89, 706).
3. Sonderfall: Steuerpflicht für Grundstücksveräußerungsgewinne
Entsteht bei der Grundstücks- bzw. Miteigentumsanteilsveräußerung nach der Anschaffung innerhalb der Spekulationsfrist ein Gewinn (Veräußerungspreis ist größer als die Anschaffungs-, Herstellungs- und Werbungskosten), wird die Veräußerung für steuerbar erklärt (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG; OFD München DB 01, 1533). Dies gilt nicht, wenn der Grundbesitz zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, 3 EStG). Bei einer nicht eigen genutzten Immobilie führt die private Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist dagegen zur Steuerpflichtigkeit*. Maßgeblich ist der Kaufvertragsabschluss. Dieser Fall kommt bei Eigentumsübertragungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs in Betracht. Insoweit ist zu unterscheiden:
3.1 Übertragung des Grundstücks auf den Ehepartner
Überträgt ein Ehepartner sein Alleineigentum an der nicht eigen genutzten Immobilie oder wird das Miteigentum der Ehegatten aufgelöst, weil einer dem anderen den Miteigentumsanteil zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung (§ 1378 BGB) übereignet, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer. Dazu folgendes Beispiel:
Der bei der Übertragung einer nicht eigen genutzten Immobilie erzielte Veräußerungsgewinn ist auch einkommensteuerpflichtig, wenn der Ehepartner neben dem Ausgleichsanspruch (§ 1378 BGB) die Unterhaltsforderung des anderen Ehegatten erfüllt:
Bei teilentgeltlichen Veräußerungsgeschäften besteht nur eine anteilige Steuerpflicht:
Die Ehegatten können steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte wie folgt vermeiden:
- Im Rahmen einer Stundungsvereinbarung können sie die Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung bis zum Ablauf der Spekulationsfrist aufschieben.
- Stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, ist bei einer unstreitigen Ausgleichsforderung ein Stundungsantrag beim Familiengericht möglich (Johannsen/ Henrich/Jaeger, EheR, 3. Aufl. § 1382 Rn. 4). Darüber entscheidet der Rechtspfleger (§ 23b Abs. 1 Nr. 10 GVG, § 3 Nr. 2a, § 14 Nr. 2 RpflG). Das Verfahren ist in § 53a FGG geregelt. Die Stundung einer unbestrittenen Forderung kann auch als Folgesache im Scheidungsverbund geltend gemacht werden (§ 621 Abs. 1 Nr. 9, § 623 Abs. 1 ZPO).
- Im Wege einer familiengerichtlichen Anordnung kann gemäß § 1383 BGB auf Antrag des Gläubigers bestimmt werden, dass der Schuldner ihm bestimmte Vermögensgegenstände unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung übertragen muss. Mit Rechtskraft der Entscheidung entfällt die Geldschuld in Höhe der Ausgleichsforderung. Es wird ein schuldrechtlicher Anspruch auf Eigentumsübertragung begründet. Es liegt kein privates Veräußerungsgeschäft vor, da die Ausgleichspflicht auf dem Urteil beruht. Voraussetzung des Steuertatbestands ist aber ein rechtswirksamer obligatorischer Vertrag oder ein von den Beteiligten einvernehmlich gesetzter „gleichstehender Rechtsakt“, der die Eigentumsverschaffungspflicht begründet.
Praxishinweis: Die Voraussetzungen des § 1383 BGB, insbesondere die „grobe Unbilligkeit“ für den Gläubiger und die „Zumutbarkeit“ für den Schuldner, müssen schlüssig dargelegt werden (Büte, Zugewinnausgleich bei Ehescheidung, 2. Aufl. Rn. 220).
3.2 Übertragung des Grundstücks auf Dritte
Wird bei einer Ehescheidung eine im Miteigentum der Ehegatten stehende und eigen genutzte Immobilie auf einen Dritten übertragen, unterliegt der vom zuvor aus dem Haus ausgezogenen Ehegatten erzielte Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer, wenn das Haus nach langer Trennung innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wird. Denn die Privilegierung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG entfällt mit dem Auszug. Dazu folgendes Beispiel:
Quelle: Familienrecht kompakt - Ausgabe 11/2002, Seite 153