· Fachbeitrag · Rechtsmittel
Richtige Anträge im Beschwerdeverfahren
von RiOLG Eva Bode, Hamm
| Das Beschwerdeverfahren birgt viele Fehlerquellen, weil u.a. bei den verschiedenen Verfahrensarten unterschiedliche Voraussetzungen zu beachten sind. Auch die Anträge sind oft fehlerhaft. Dazu im Einzelnen: |
1. Unterschiedliche Voraussetzungen je nach Verfahrensart
Es ist zwischen Beschwerdeverfahren in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und von Ehe- und Familienstreitsachen zu differenzieren:
- In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist weder eine Beschwerdebegründung noch ein förmlicher Antrag Zulässigkeitsvoraussetzung. Es ist aber das Begehr klarzustellen. Es sollte z.B. ausgeführt werden, wer nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers zukünftig in welchem Umfang das Sorge- oder das Umgangsrecht ausüben soll.
- In Ehesachen und in Familienstreitsachen ist binnen zwei Monaten eine Beschwerdebegründung einzureichen und ein bestimmter Sachantrag zu stellen, § 117 Abs. 1 FamFG. Auch der erste Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist sollte begründet werden, da er sonst zurückgewiesen werden kann (wenn der Vorsitzende nicht von sich aus eine Verzögerung des Verfahrens annimmt), § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, § 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO.
2. Voraussetzungen des Beschwerdeantrags
Der Beschwerdeantrag ist in Unterhaltsverfahren nicht nur vom Begehr des Mandanten bezogen auf die erstinstanzliche Entscheidung, sondern auch von der Ausgangslage vor dem Verfahren abhängig. Es muss deutlich werden, was mit der Entscheidung geschehen und welcher Sachantrag gestellt werden soll.
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Es existiert kein Unterhaltstitel. Der Unterhaltsgläubiger begehrt Unterhalt von 100 EUR monatlich. Das Familiengericht spricht 80 EUR Unterhalt monatlich zu: |
Musterformulierung / Antrag auf Abänderung und Zurückweisung |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltsantrag zurückgewiesen. |
Musterformulierung / Antrag auf Abänderung des Beschlusses |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltsantrag zurückgewiesen, soweit der Unterhaltspflichtige zu Unterhaltszahlungen von mehr als 50 EUR monatlich verpflichtet wurde. |
Musterformulierung / Aufrechterhaltung des Antrags |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltspflichtige verpflichtet, monatlich 100 EUR Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen. |
Merke | Bei den Anträgen ist darüber hinaus der erstinstanzliche Titel genau zu bezeichnen. Der Beginn des veränderten Unterhalts und weitere Zahlungsmodalitäten sind aufzunehmen.
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Besteht vor Einleitung des Verfahrens ein Unterhaltstitel (z.B. über 100 EUR monatlich), stellt sich die Situation beim erstinstanzlichen Antrag des Berechtigten z.B. über 200 EUR und der erstinstanzlichen Abänderung des Titels mit einer Unterhaltspflicht über 180 EUR monatlich bei Antragszurückweisung im Übrigen wie folgt dar: |
Es handelt sich um einen Abänderungsantrag nach §§ 238, 239 FamFG, nicht um einen Feststellungsantrag.
Musterformulierung / Widerantrag des Unterhaltspflichtigen |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltsantrag zurückgewiesen sowie widerantragend der Titel dahingehend abgeändert, dass der Unterhaltspflichtige nur noch zu Unterhaltszahlungen von 50 EUR monatlich verpflichtet ist. |
Musterformulierung / Abänderung und Zurückweisung |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Abänderungsantrag zurückgewiesen. |
Musterformulierung / Abänderung und Zurückweisung |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltsantrag zurückgewiesen, soweit der Unterhaltspflichtige zu Unterhaltszahlungen von mehr als 130 EUR verpflichtet wurde. |
Musterformulierung / Abänderung Titel, Antrag unverändert |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltspflichtige unter Abänderung des bestehenden Titels verpflichtet, 200 EUR Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen. |
Musterformulierung / Abänderung Titel und modifizierter Antrag |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltspflichtige unter Abänderung des bestehenden Titels verpflichtet, 160 EUR Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag wegen der Mehrforderung zurückgenommen. |
Musterformulierung / Zurückweisung Widerantrag |
Der Beschluss des Familiengerichts wird abgeändert und der Unterhaltspflichtige unter Abänderung des bestehenden Titels und unter Zurückweisung des weitergehenden Widerantrags verpflichtet, 80 EUR Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen. |
PRAXISHINWEIS | Eventuell bietet sich in dieser Situation auch ein (Teil-)Anerkenntnis des Widerantrags an. Die Beschwerdeanträge werden natürlich noch länger und umständlicher, wenn sich in mehreren Unterhaltszeiträumen verschiedene Konstellationen ergeben. |
Weiterführender Hinweis
- FK 15, 101 Grundzüge des Beschwerdeverfahrens (in diesem Heft)